Industriemagazin Oktober/2008.
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SPECIAL AUTOMATION<br />
Gründlicher Blick<br />
OBJEKTERKENNUNG Profactor demonstriert ein neues<br />
System zum automatisierten Handling von Werkstücken.<br />
Der Roboter arbeitet auf Hochtouren.<br />
Unermüdlich greift er kleine zylindrische<br />
Kunststoffteilchen aus einer<br />
Box. Eines nach dem anderen legt er sie<br />
präzise ausgerichtet auf ein Laufband, das<br />
sie zur Weiterverarbeitung befördert.<br />
Doch plötzlich verstummt das Summen<br />
der Elektromotoren, der Roboter stoppt.<br />
Aus irgendeinem Grund haben sich quadratische<br />
Teile unter die Zylinder gemischt.<br />
Darauf war der fl eißige Sortierer<br />
nicht programmiert. Die Störenfriede<br />
müssen erst einmal manuell entfernt werden.<br />
So lange steht der ganze Prozess.<br />
Derartige Situationen könnten künftig<br />
der Vergangenheit angehören. Die Produktionsforscher<br />
von Profactor aus Steyr<br />
haben nämlich ein System entwickelt,<br />
das unterschiedliche Werkstücke erkennen,<br />
greifen und platzieren kann. Dabei<br />
kombinieren sie einen Roboterarm, eine<br />
3-D-Kamera und eine intelligente Bildverarbeitungs-Software<br />
zu einer fl exiblen<br />
Komplettlösung, die auf der Vienna-Tec<br />
erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt<br />
wird.<br />
Laser und Datenbank. „Kunden wollen nicht<br />
viel Geld in teure Sensorik investieren“,<br />
nennt Andreas Pichler, Leiter Fachbereich<br />
Robotik & Adaptive Systeme bei<br />
Profactor, eine der Hauptanforderungen<br />
seitens der Industrie an das automatisierte<br />
Objekthandling. „Unser System<br />
kommt deshalb mit nur wenig Hardware<br />
aus.“ Egal ob rund oder quadratisch,<br />
genoppt oder gerillt, groß oder klein –<br />
jedes Bauteil wird zuerst einmal mittels<br />
Lichtschnittverfahren vermessen. Dabei<br />
bestrahlt ein Laser das Objekt mit einer<br />
Lichtlinie, ein Sensor zeichnet deren Projektion<br />
auf dem Objekt auf. Erhöhungen<br />
oder Vertiefungen resultieren in Unterschieden<br />
der Projektion und werden als<br />
solche erkannt. Durch eine kontinuierliche<br />
Verschiebung des abtastenden Lasers<br />
ergibt sich ein Höhenprofi l des zu<br />
vermessenden Gegenstandes. Diese Daten<br />
werden in eine Punkteliste umgerechnet.<br />
Jeder Punkt ist so durch seine drei Raumkoordinaten<br />
eindeutig bestimmt. Der<br />
Trick besteht nun darin, aus diesen Daten<br />
besondere Merkmale – Rundungen, Einschnitte<br />
oder Ähnliches – zu extrahieren<br />
und mit einer CAD-Datenbank zu vergleichen,<br />
in der die Geometrien aller<br />
möglichen Teile hinterlegt sind. Dank<br />
der intelligenten Algorithmen reicht bereits<br />
eine Vermessung von rund 10 Prozent<br />
des Objekts aus, um es treffsicher<br />
zu identifi zieren. „Unser Ziel war es, mit<br />
möglichst wenig Informationen auszu-<br />
Nachgiebiger Greifer: Bevor er zupackt, wird das<br />
Werkstück mittels Laserstrahl vermessen<br />
kommen“, erklärt Pichler. So ist sichergestellt,<br />
dass die Bildverarbeitung nicht<br />
zum Flaschenhals des Prozesses wird,<br />
den man eigentlich optimieren möchte.<br />
Der gesamte Vorgang kostet moderne<br />
Prozessoren nur einen Sekundenbruchteil.<br />
Nachgiebiger Roboterarm. Ein weiterer Vorteil<br />
besteht darin, dass dank der dreidimensionalen<br />
Vermessung auch komplexe<br />
Geometrien erfasst werden können. Außerdem<br />
ist es möglich, die Lage von<br />
Werkstücken in nicht standardisierten<br />
Umgebungen wie Kisten oder anderen<br />
Behältern zu lokalisieren. Anwender<br />
sind dadurch aus der lästigen und zeitaufwändigen<br />
Pfl icht genommen, für eine<br />
sortenreine Beschickung der Handlinganlage<br />
zu sorgen. Der viel zitierte „Griff in<br />
die Kiste“ ist damit vollwertiges Mitglied<br />
der stets wachsenden Familie automatisierbarer<br />
Prozesse. Beim eingesetzten<br />
Roboterarm entschied man sich für eine<br />
Entwicklung des Linzer Start-ups FerRobotics.<br />
Der Roboter verwendet zur Kraftübertragung<br />
keine steifen Zylinder, sondern<br />
pneumatische Muskeln. Das sind<br />
Gummibälge, die sich mittels Luftdruck<br />
entweder zusammenziehen oder entspannen.<br />
Dadurch erreicht er einerseits<br />
eine hohe Anpressgenauigkeit, andererseits<br />
ist er im wörtlichen Sinn nachgiebig.<br />
Im Falle einer Kollision mit Bauteilen<br />
oder Bedienpersonal fügt er keinen<br />
Schaden zu, sondern passt sich dem Widerstand<br />
an wie ein japanischer Aikido-<br />
Meister. „Bisher wurde das System nur<br />
im Labor getestet“, sagt Andreas Pichler.<br />
Der Dauereinsatz auf einer Messe sei<br />
eine gänzlich neue Herausforderung.<br />
„Die Vienna-Tec ist deshalb so etwas wie<br />
eine Feuerprobe für uns.“<br />
Halle C/Stand 0701<br />
94 10/<strong>Oktober</strong> 2008 INDUSTRIEMAGAZIN