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Industriemagazin Oktober/2008.

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WIRTSCHAFT<br />

INDUSTRIE 10/08<br />

UNTERNEHMEN • MENSCHEN • BILANZEN<br />

„Diskret wie eine Fledermaus“<br />

FRITZ KLAUSNER Der Holzindustrielle kontrolliert aus dem Tiroler Oberndorf die<br />

zweitgrößte Sägewerksgruppe Europas. Überkapazitäten der Branche und Managementfehler<br />

führten Mitte des Jahres fast zum Kollaps. Jetzt soll saniert werden.<br />

Als Industrieller hat es Fritz Klausner<br />

hierzulande – im Gegensatz zu<br />

Deutschland – noch nicht zu überregionaler<br />

Bekanntheit gebracht. Eher schon<br />

als Hausverwalter. Denn seiner Mutter<br />

gehört der „Unterhirzinger Hof“ bei Kitzbühel.<br />

Klausner ist Verwalter und Vermieter<br />

des neuerbauten Tiroler Bauernhofes,<br />

den Fiona Grasser und deren Ehemann<br />

Karl-Heinz als Hauptwohnsitz auserkoren<br />

hatten. Klausner ließ das illustre Ehepaar<br />

erst widmungswidrig einziehen, waggonierte<br />

es im Herbst 2007 wieder aus, um<br />

sich im Frühjahr wenige Tage vor einem<br />

anstehenden Gerichtstermin doch zu einigen.<br />

Für Branchenkenner ist Klausner freilich<br />

mehr als nur ein Erbhofbauer. Klausner<br />

kontrolliert aus dem Tiroler Oberndorf<br />

die zweitgrößte Sägewerksgruppe Europas<br />

mit 1.500 Mitarbeitern und 712 Millionen<br />

Euro Umsatz, deren fünf Großsägewerke<br />

ausschließlich in Ostdeutschland und<br />

Bayern angesiedelt sind. Die Klausner-<br />

Gruppe ist gerade dabei, ihre letzte Chance<br />

zu nützen. Noch Anfang Juli stand der<br />

Holzkonzern vor dem Aus.<br />

Insolvenz. Fritz Klausner sieht seine Geschäftsaktivitäten<br />

als reine Privatsache. Er<br />

selbst meidet jeden Pressekontakt. Hätte<br />

seine Vermögensverwaltungs GmbH, in<br />

deren Besitz sich alle Produktionsgesellschaften<br />

(Säge- und Hobelwerke) der<br />

Gruppe befi nden, nicht im Frühjahr 2007<br />

eine Unternehmensanleihe um 125 Millionen<br />

Euro begeben (5,25 Prozent, 7 Jahre<br />

Laufzeit) und zu diesem Anlass eine Pressekonferenz<br />

veranstalten müssen, gäbe es<br />

gar keine Fotos des Tiroler Entrepreneurs.<br />

Die Geringschätzung des medialen Interesses<br />

geht so weit, dass der offi zielle<br />

Pressebeauftragte der Klausner-Gruppe,<br />

Michael Walewski, telefonische Anfragen<br />

nicht annimmt und ein E-Mail mit vier<br />

Fragen zur wackeligen Zukunft der Gruppe<br />

mit insgesamt sieben Worten beantwortet:<br />

Ja, Nein; Nein, siehe vorige Antwort.<br />

Dabei gibt es über die Klausner-Gruppe<br />

durchaus Interessantes zu berichten. Laut<br />

Bankenkreisen schrammte die gesamte<br />

Gruppe im Mai knapp an der Insolvenz<br />

vorbei. Nur ein Moratorium der Banken<br />

anlässlich eines Krisengipfels am Münchner<br />

Flughafen, eine Verlängerung der Kreditlinien<br />

zumindest bis Jahresende und<br />

ein Restrukturierungsprogramm retteten<br />

das in 15 Jahren gewachsene Unternehmen<br />

vor Schlimmerem. Von Überschuldung<br />

darf aber nicht gesprochen werden.<br />

Die Fachverbandsvorsitzenden der Sägeindustrie<br />

von Österreich und Kärnten, Hans<br />

Michael Offner und Herbert Kulterer,<br />

mussten derartige Aussagen auf Druck<br />

Klausners hochoffi ziell zurücknehmen.<br />

Expansion durch Subvention. Zumindest in<br />

Deutschland werden die Geschäfte der<br />

Klausner-Gruppe nicht als Privatsache<br />

verstanden. Die drei ostdeutschen Standorte<br />

Wismar (Mecklenburg-Vorpommern),<br />

Saalburg-Ebersdorf (Thüringen) und Kodersdorf<br />

(Sachsen) wurden mit bis zu 30<br />

Prozent staatlich gefördert, was die Expan-<br />

sion erst möglich machte. Die Fördermittel<br />

ersetzten den fi nanzierenden Banken das<br />

fehlende Eigenkapital. Bankengläubiger<br />

gibt es viele: Neben sieben deutschen Instituten<br />

–von Deutscher Bank bis Dresdner<br />

Bank und HVB – fi nden sich die Raiffeisenbank<br />

OÖ, Hypo Alpe Adria Bank,<br />

BA-CA und Investkredit unter den Finanziers<br />

von Klausner. Starkes Interesse an<br />

Informationen aus der neuen Klausner-<br />

Zentrale in Oberndorf haben auch die<br />

institutionellen Zeichner der Unternehmensanleihe,<br />

die mit einer Mindeststückelung<br />

von 50.000 Euro ohne Rating begeben<br />

wurde.<br />

Subprime-Opfer. Die Geschichte des Konzerns<br />

ist eine von raschem Aufstieg und<br />

jähem Fall. Mehr als 70 Jahre lang betrieb<br />

die Familie Klausner lediglich ein Sägewerk<br />

im Tiroler Sankt Johann, bevor man<br />

in den neunziger Jahren die Produktion<br />

ins subventionsbegünstigte Deutschland<br />

verlegte. Klausner gilt als aggressiver Unternehmer.<br />

Sein Wachstumstempo und seine<br />

preisorientierten Vertriebspraktiken<br />

brachten wenig Freunde in der Branche –<br />

und viele Gerüchte. Bereits um das Jahr<br />

2000 kursierten Geschichten um Liquiditätsprobleme.<br />

Die offenkundige Krise der<br />

zweitgrößten Sägewerksgruppe Europas<br />

(nach Stora Enso) hängt unmittelbar mit<br />

dem Einbruch des amerikanischen Immobilienmarktes<br />

zusammen – dem Hauptmarkt<br />

für das ostdeutsche Schnittholz.<br />

Durch die Subprime-Krise hat sich der<br />

dortige Holzbedarf um 50 Prozent verrin-<br />

14 10/<strong>Oktober</strong> 2008 INDUSTRIEMAGAZIN

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