Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
für jeweils angemessene erwachsene Reaktionen. Sowohl für den familiären<br />
als auch für den institutionellen Kontext sind solche Vorschläge von einer<br />
hohen praktischen Relevanz.<br />
Eine sehr detaillierte Taxonomie legten Johnson & Feldmeth (1993) vor.<br />
Sie unterscheiden zwischen (a) normalem sexuellem Spiel, (b) sexuell reaktivem<br />
Verhalten, (c) ausgedehntem wechselseitigem sexuellem Verhalten<br />
<strong>und</strong> (d) <strong>Kinder</strong>n, die sexuell misshandeln. Problematisch erscheint in<br />
diesem System die unklare Unterscheidung zwischen Verhaltenskategorien<br />
einerseits <strong>und</strong> kindbezogenen Kategorien andererseits, was sich besonders<br />
in der Bezeichnung der Kategorie (d) widerspiegelt. Die Stärke des Vorschlags<br />
von Johnson & Feldmeth liegt hingegen in seiner Multidimensionalität:<br />
Neben der Art des sexuellen Verhaltens tragen folgende Aspekte zur<br />
Zuordnung in die jeweiligen Kategorien bei: Intensität des Verhaltens,<br />
Motivation, Affekt, Reaktion auf Entdeckung, Planung des Verhaltens,<br />
Ausmaß von Zwang/Gewalt, Beziehung zwischen den Beteiligten, Altersunterschied,<br />
mögliche ätiologische Faktoren <strong>und</strong> Intervention. Auf dem<br />
Verhaltenskontinuum, das mit diesem System abgebildet wird, betätigen<br />
sich <strong>Kinder</strong> in „normalem sexuellem Spiel“ (Kategorie a), wenn sie ungefähr<br />
gleich alt sind, aus Neugierde mit dem Verhalten beginnen, mit<br />
positivem, unbeschwertem Affekt an dem Spiel beteiligt sind, das sexuelle<br />
Verhalten kontrollieren können, sich wechselseitig an dem Spiel beteiligen<br />
<strong>und</strong> auf Entdeckung mit einer gewissen Scham <strong>und</strong> Verlegenheit reagieren.<br />
Aktivitäten in dieser Kategorie beschränken sich auf gegenseitiges Berühren,<br />
Betrachten der Genitalien, eventuell Küssen <strong>und</strong> Umarmen. Am<br />
entgegen gesetzten Ende des Kontinuums, also in Kategorie (d), finden sich<br />
<strong>Kinder</strong>, die von sexuellen Gedanken stark beansprucht sind <strong>und</strong> die aufgr<strong>und</strong><br />
von Einsamkeit oder Ängsten sexuelle Handlungen initiieren. Ihre<br />
sexuellen Aktivitäten können alle Praktiken der Erwachsenensexualität beinhalten.<br />
Zwischen den beteiligten <strong>Kinder</strong>n besteht häufig ein großer<br />
Altersunterschied, der Modus der Verstrickung anderer <strong>Kinder</strong> in die<br />
sexuellen Handlungen besteht in Bedrohung, Bestechung, Täuschung,<br />
Manipulation oder Zwang. Die affektive Beteiligung ist von Angst, Wut<br />
oder Verwirrung geprägt. Wenn diese <strong>Kinder</strong> bei <strong>ihre</strong>n sexuellen Aktivitäten<br />
erwischt werden, reagieren sie wütend, beschuldigen andere <strong>Kinder</strong> <strong>und</strong><br />
leugnen ihr Verhalten. Ätiologisch wird von einer Reihe von Vorbelastungen<br />
ausgegangen.<br />
Einen anderen Zugang zur Charakterisierung sexuell aggressiven Verhaltens<br />
wählte Johnson (1997). Die Autorin formuliert zwanzig Kennzeichen,<br />
anhand derer interventionsbedürftiges sexuelles Verhalten von<br />
<strong>Kinder</strong>n zu erkennen sei. Sowohl die Kategoriensysteme als auch Aufzählungen<br />
von Charakteristika bieten den Vorteil, dass sie auf eine Reihe<br />
von Parametern zurückgreifen, um problematisches Verhalten als solches<br />
zu identifizieren. Im Gegensatz zu Kategoriensystemen sind aber Aufzählungen<br />
nicht dazu geeignet, Kontinua sexuell auffälligen Verhaltens abzubilden<br />
<strong>und</strong> graduelle Unterschiede im Schweregrad des jeweils präsentierten<br />
Verhaltens zu erfassen (Araji, 1997).<br />
Pithers et al. (1993) formulierten fünf Leitfragen, anhand derer sexuelle<br />
Verhaltensprobleme eingeschätzt werden können: (1) Wird die Art des<br />
22