09.01.2013 Aufrufe

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kind-Bindung im Wege. Es besteht also die Gefahr, dass diese <strong>Kinder</strong> erneut<br />

mit einem erwachsenen Reaktionsmuster aus Ablehnung <strong>und</strong> Zurückweisung<br />

konfrontiert sind - eine Erfahrung, die ihnen möglicherweise aus<br />

<strong>ihre</strong>r Herkunftsfamilie vertraut ist <strong>und</strong> die vermutlich einen erheblichen<br />

Beitrag zur Entstehung der aktuell präsentierten Verhaltensmanifestationen<br />

leistete. Baker et al. (2008) schließen daraus, dass die <strong>Kinder</strong> genau das, was<br />

sie aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r belastenden Vorgeschichte am meisten benötigen, auch<br />

im Rahmen der <strong>Kinder</strong>- <strong>und</strong> Jugendhilfe nicht bekommen. <strong>Sexuell</strong> auffälliges<br />

Verhalten ist demnach als bedeutsamer Risikofaktor für Abbrüche<br />

von Betreuungsverhältnissen anzusehen (Baker, Schneiderman & Parker,<br />

2001; siehe auch die oben skizzierte Problematik der diskontinuierlicher<br />

Jugendhilfekarrieren dieser <strong>Kinder</strong>). <strong>Sexuell</strong>es Problemverhalten <strong>und</strong> Beziehungsabbrüche<br />

bedingen einander gegenseitig <strong>und</strong> verhindern den Aufbau<br />

stabiler <strong>und</strong> stabilisierender Bindungen (Silovsky & Niec, 2002). Erneute<br />

Viktimisierungen innerhalb stationärer Settings tragen vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> zu einer Verschärfung der Problematik <strong>und</strong> zur Verschlechterung<br />

der komplexen Psychopathologie dieser <strong>Kinder</strong> bei.<br />

7.2 <strong>Sexuell</strong>es Verhalten im Kontext von Familie<br />

<strong>und</strong> Institution<br />

Zum Verständnis sexueller Verhaltensmanifestationen von <strong>Kinder</strong>n erscheint<br />

es wichtig, jeweils vorliegende kontextuelle Bedingungen in Betracht<br />

zu ziehen. Insofern ist es aufschlussreich, das Auftreten solcher Verhaltensweisen<br />

im institutionellen <strong>und</strong> familiären Kontext miteinander zu<br />

vergleichen.<br />

Ausgehend von skandinavischen Bef<strong>und</strong>en (Lindblad et al., 1995;<br />

Larsson & Svedin, 2002), denen zufolge Eltern von Vorschulkindern signifikant<br />

mehr sexuelle Verhaltensweisen <strong>ihre</strong>r <strong>Kinder</strong> berichten als das Erziehungspersonal<br />

in den <strong>Kinder</strong>tagesstätten, formulieren Friedrich & Trane<br />

(2002) die Annahme, dass solche Unterschiede vor allem auf jeweils unterschiedliche<br />

Erfordernisse attribuierbar sind, denen <strong>Kinder</strong> in der Familie<br />

einerseits <strong>und</strong> im Rahmen der Tagesbetreuung andererseits ausgesetzt sind.<br />

Larsson & Svedin (2002) haben darauf hingewiesen, dass im institutionellen<br />

Kontext hauptsächlich Stimuli aktiviert werden, die in hohem Maße interpersonelle<br />

Reaktionen aktivieren. Im häuslichen Rahmen hingegen werden<br />

eher intime Tätigkeiten evoziert: Baden, Körperpflege, schlafen bieten eher<br />

ein Anregungsmilieu für Verhaltensweisen, die sexuell assoziierbar sind.<br />

Als möglicherweise relevantes Korrelat für das Auftreten sexuell auffälligen<br />

Verhaltens hat Friedrich (1997) die Anzahl der St<strong>und</strong>en, die <strong>Kinder</strong><br />

in Tagesbetreuung verbringen, identifiziert. (Der Gesamtzusammenhang<br />

war zwar hochsignifikant, musste aber aufgr<strong>und</strong> der großen Stichprobe mit<br />

Vorsicht interpretiert werden). Zunächst wurde dieser Bef<strong>und</strong> damit erklärt,<br />

dass Tagesbetreuungen <strong>Kinder</strong>n eine Arena bieten, innerhalb derer sie<br />

durch den vielfältigen Kontakt mit anderen <strong>Kinder</strong>n etwas über Sexualität<br />

erfahren können. Auf diese Weise würde sich ihr sexuelles Wissen er-<br />

61

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!