Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
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ung der Beratungsmotivation (4) Ressourcenorientierte Diagnostik der<br />
aktuellen Lebenssituation (5) Diagnostik des familiären <strong>und</strong> sozialen<br />
Kontextes (6) „<strong>und</strong> vor allem eine Risikoabschätzung anhand eines<br />
prognostischen Inventars“ (S. 99).<br />
Diese kurze Auflistung der diagnostischen Schwerpunktsetzungen macht<br />
deutlich, dass es einige Gemeinsamkeiten aber auch auffällige Unterschiede<br />
zwischen der deutschen <strong>und</strong> der US-amerikanischen diagnostischen Praxis<br />
gibt. Insbesondere die Betonung der Risikoprognose im deutschen Konzept<br />
findet in den Beschreibungen von Chaffin et al. (2008) kein entsprechendes<br />
Äquivalent. Dies ist möglicherweise als Ausdruck einer allgemeinen Haltung<br />
interpretierbar, die bei Nowara & Pierschke eher auf Prophylaxe im Sinne<br />
der Abwehr einer vom Indexpatienten ausgehenden Gefahr fokussiert,<br />
während es bei Chaffin et al. eher darum gehen zu scheint, das zu diagnostizierende<br />
Kind vor weiteren Schädigungen zu bewahren. Diese gr<strong>und</strong>legenden<br />
Unterschiede scheinen weniger auf kulturelle Diskrepanzen<br />
zurückzuführen sein, sondern sie liegen vermutlich viel stärker im unterschiedlichen<br />
Alter der Zielgruppe begründet. Während das bei Chaffin et al.<br />
(2008) beschriebene Konzept das Resultat der Arbeit einer „Task Force“<br />
ist, die sich auf die spezifischen Bedarfe sexuell übergriffiger <strong>Kinder</strong> konzentriert,<br />
beziehen sich Nowara & Pierschke sowohl auf <strong>Kinder</strong> als auch<br />
auf Jugendliche. Genau dies erscheint aber angesichts der Forderung von<br />
Chaffin et al. problematisch, die Diagnostik sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong><br />
dezidiert entwicklungssensibel zu gestalten. Während die spezielle Betonung<br />
auf die Erstellung einer Risikoprognose bei jugendlichen Sexualtätern<br />
durchaus Sinn macht, erscheint eine solche Akzentuierung bei sexuell auffälligen<br />
<strong>Kinder</strong>n eher unangemessen. Auffallend ist, dass in deutschen<br />
Arbeiten zum diagnostischen Vorgehen bei sexuell auffälligen Minderjährigen<br />
eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Jugendlichen <strong>und</strong> <strong>Kinder</strong>n<br />
nicht immer erkennbar ist, obwohl verschiedene Altersgruppen in den<br />
jeweiligen Forschungsprojekten <strong>und</strong> Theorieansätzen durchaus Berücksichtigung<br />
finden (Priebe, 2008; Hoffmann & Romer, 2010; Kohlschmitt &<br />
Priebe, 2010).<br />
Hoffmann & Romer (2010) betonen die Bedeutung einer umfassenden<br />
psychopathologischen Exploration sexuell auffälliger Minderjähriger. Ein<br />
solches Vorgehen gründet sich auf zahlreiche empirische Belege dafür, dass<br />
sexuell auffälliges Verhalten mit anderen klinischen Auffälligkeiten hoch<br />
korreliert ist. So fanden Bonner et al. (1999) bei sexuell auffälligen <strong>Kinder</strong>n<br />
signifikant erhöhte Werte in Bezug auf Angst, posttraumatische Belastung,<br />
ADHS, oppositionelles Verhalten, Verhaltensauffälligkeiten, Depression<br />
<strong>und</strong> Dysthymie. Baker et al. (2008) berichten, dass <strong>Kinder</strong>, die sich sexuell<br />
auffällig verhalten, eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, klinisch<br />
relevante Verhaltensprobleme auf der CBCL zu zeigen. Analog dazu fanden<br />
Friedrich et al. (2003), dass sexuell intrusive Verhaltensweisen hoch positiv<br />
korreliert sind mit den CBCL-Subskalen „externalisierendes Verhalten“ <strong>und</strong><br />
„internalisierendes Verhalten“ sowie mit posttraumatischer Belastungsstörung.<br />
Gray et al. (1999) fanden in <strong>ihre</strong>r Stichprobe sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong><br />
einen extrem hohen Anteil mit komorbiden Diagnosen, wobei vor allem die<br />
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