Sexuell grenzverletzende Kinder â Praxisansätze und ihre ...
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den, dass gelungene Interventionen <strong>und</strong> positive Ergebnisse auch dann<br />
erreicht werden können, wenn die zugr<strong>und</strong>e liegenden Ursachen des<br />
Verhaltens nicht restlos geklärt sind <strong>und</strong> sogar wenn Fakten im Zusammenhang<br />
mit einem möglichen sexuellen Missbrauch in der Vorgeschichte<br />
unvollständig bleiben <strong>und</strong> keine endgültige Einschätzung<br />
zulassen.<br />
In manchen Fällen richtet sich die Besorgnis eher auf ein aktuelles als<br />
auf ein früheres Missbrauchsgeschehen. Anstatt das Kind immer wieder<br />
zu befragen, empfiehlt sich in diesen Fällen neben der Aktivierung von<br />
Interventionsnetzwerken die Vermittlung von Präventionsstrategien<br />
dem Kind gegenüber (z.B. Hilfe holen,...).<br />
(8) Zeitliche Aspekte:<br />
Verhaltensweisen, die vor kurzem aufgetreten sind, soll eine<br />
höhere Bedeutung zugemessen werden, als lange zurückliegende<br />
Verhaltensweisen.<br />
Empfehlungen an Eltern oder Professionelle (z.B. in Bezug auf die<br />
Beaufsichtigung des Kindes) müssen zeitlich überschaubar bleiben<br />
<strong>und</strong> regelmäßig überprüft werden, da die Entwicklung des Kindes<br />
möglicherweise veränderte Formen der Unterstützung erfordern<br />
könnte.<br />
Die Nachteile <strong>und</strong> Risiken, die empfohlene Maßnahmen für das<br />
Kind mit sich bringen, müssen sorgfältig in Betracht gezogen<br />
werden (z.B. wenn Fremdunterbringung empfohlen wird), insbesondere<br />
dann, wenn <strong>Kinder</strong> noch sehr jung oder besonders<br />
vulnerabel sind.<br />
(9) Entwicklungsangemessene Diagnostik:<br />
Diagnostische Verfahren für Jugendliche <strong>und</strong> Erwachsene sind aus entwicklungspsychologischen<br />
Gründen für <strong>Kinder</strong> unangemessen. Eine<br />
Reihe von Themen, die bei der Untersuchung sexuell übergriffiger<br />
Jugendlicher <strong>und</strong> Erwachsener von Relevanz sind, verfügen über kein<br />
sinnvolles Äquivalent bei <strong>Kinder</strong>n (z.B. sexuelle Anziehungskraft von<br />
<strong>Kinder</strong>n). Andere Kriterien wie eine gering ausgeprägte Opferempathie<br />
oder „Grooming“-Muster sind bei <strong>Kinder</strong>n entweder irrelevant oder<br />
qualitativ unterschiedlich zu Jugendlichen oder Erwachsenen. Insgesamt<br />
sollten es Diagnostiker vermeiden, bestimmte Konstrukte, die mit Erwachsenen<br />
assoziierbar sind, auf <strong>Kinder</strong> zu projizieren.<br />
Wie aus dieser zusammenfassenden Darstellung zu erkennen ist, muss die<br />
Diagnostik bei sexuell auffälligen <strong>Kinder</strong>n multidimensional angelegt<br />
werden. Besonders betont wird bei Chaffin et al. (2008) der systemische,<br />
gegenwartsbezogene <strong>und</strong> entwicklungsangemessene Charakter des diagnostischen<br />
Zugangs. Eine ausführliche Beschreibung des diagnostischen<br />
Procederes bei sexuell auffälligen <strong>Kinder</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen liefern auch<br />
Nowara & Pierschke (2005). Sie unterscheiden folgende 6 Untersuchungsbereiche:<br />
(1) Persönlichkeitsdiagnostik anhand eines testpsychologischen<br />
Inventars, bei Bedarf auch Leistungsdiagnostik (2) Tatdiagnostik (3) Klär-<br />
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