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Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

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fälliger Vorschulkinder zu 65% aus Mädchen bestand.<br />

Aber nicht nur der hohe Mädchenanteil mag intuitiven Geschlechterstereotypen<br />

zu sexuellen Verhaltensproblemen widersprechen, auch in<br />

Bezug auf die Art <strong>und</strong> das Ausmaß des gezeigten Verhaltens sprechen die<br />

vorliegenden Bef<strong>und</strong>e zumindest nicht dafür, dass sich Jungen extensiver<br />

<strong>und</strong> aggressiver sexuell betätigen als Mädchen. Friedrich et al. (2003)<br />

konnten in <strong>ihre</strong>r großen Stichprobe aus 2311 <strong>Kinder</strong>n im Alter zwischen<br />

zwei <strong>und</strong> zwölf Jahren keinen signifikanten Geschlechtsunterschied hinsichtlich<br />

des Ausmaßes an sexuell aufdringlichem Verhalten (operationalisiert<br />

durch 3 CSBI-Items) finden. Zu ähnliche Ergebnissen kamen Merrick<br />

et al. (2008) in <strong>ihre</strong>r Studie zu Misshandlungsfolgen: Mädchen <strong>und</strong> Jungen<br />

unterschieden sich nicht im Ausmaß des von ihnen gezeigten sexuellen<br />

Verhaltens, sondern allein in der Art dieses Verhaltens: Während Mädchen<br />

vor allem Probleme mit Grenzen aufwiesen, fielen Jungen durch das Darbieten<br />

der eigenen Geschlechtsorgane <strong>und</strong> sexuell aufdringliches Verhalten<br />

auf. Tarren-Sweeney (2008) fand in einer australischen Untersuchung zu<br />

Pflegekindern, dass Mädchen signifikant mehr sexuelle Verhaltensauffälligkeiten<br />

zeigten als Jungen. Die Interpretation, dass dies auf den Umstand<br />

zurückzuführen sei, dass Mädchen in höherem Ausmaß von sexuellem<br />

Missbrauch mit Körperkontakt betroffen seien, konnte nicht aufrecht erhalten<br />

werden, da sich die Geschlechtsunterschiede auch dann zeigten,<br />

nachdem sexueller Missbrauch statistisch kontrolliert worden war. Tarren-<br />

Sweeney fand, dass Mädchen neben sexuellen Auffälligkeiten vor allem ein<br />

kontrollierendes, pseudoreifes Bindungsverhalten entwickelten, während<br />

sich Jungen eher emotional zurückzogen, gehemmtes Bindungsverhalten<br />

<strong>und</strong> abnormen Reaktionen auf Schmerz zeigten. Als mögliche Erklärung für<br />

die unerwarteten Geschlechtsunterschiede in Bezug auf das sexuelle Verhalten<br />

zog der Autor mögliche selektive Effekte heran, die auf das zum<br />

Einsatz gebrachte Messinstrument zurückzuführen seien: Die ACC würde<br />

sexuelles Problemverhalten erfassen, das möglicherweise eher spezifisch für<br />

Mädchen sei, während mögliche jungenspezifische sexuelle Manifestationen<br />

(etwa dezidiert aggressives sexuelles Verhalten) nicht hinreichend erfasst<br />

wurden.<br />

Gegen diese Interpretation sprechen die Ergebnisse von Gray et al.<br />

(1999). Auch bei ihnen fand sich ein deutlicher Geschlechtereffekt, wonach<br />

die untersuchten Mädchen signifikant mehr sexuelle Verhaltensauffälligkeiten<br />

zeigten als die in der Stichprobe erfassten Jungen. In dieser Studie<br />

wurde allerdings der CSBI zum Einsatz gebracht, was zumindest als Hinweis<br />

dafür aufgefasst werden kann, dass die Geschlechtsunterschiede nicht<br />

auf Artefakte zurückzuführen sind, die mit dem Messinstrument in Zusammenhang<br />

stehen. Eine besonders aufschlussreiche Analyse darüber, wie<br />

sich sexuelle Verhaltensprobleme geschlechtsabhängig manifestieren, bieten<br />

Pithers et al. (1998a), die auf der Basis einer Stichprobe von 127 <strong>Kinder</strong>n<br />

im Alter zwischen 6 <strong>und</strong> 12 Jahren eine Typologie sexuell auffälliger <strong>Kinder</strong><br />

entwickelten. Innerhalb der gef<strong>und</strong>enen Kategorien traten auffällige<br />

Geschlechtsunterschiede zutage. Während der Kategorie der „sexuell<br />

aggressiven <strong>Kinder</strong>“ überproportional viele Jungen zugeordnet wurden,<br />

waren Mädchen nicht nur bei den asymptomatischen <strong>Kinder</strong>n über-<br />

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