09.01.2013 Aufrufe

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

Sexuell grenzverletzende Kinder – Praxisansätze und ihre ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

66<br />

Missbrauch durch Erwachsene/Jugendliche.<br />

Das Ausmaß der Symptombelastung im Zeitraum bis 1-2 Jahre nach dem<br />

sexuellen Missbrauch war bei beiden Gruppen gleich. (Hauptsächlich genannte<br />

Symptome: Unruhe, Scham, Schuldgefühle, Angst vor dem<br />

Täter).<br />

Klinisch relevante Spätfolgen werden von den Personen, die von Jugendlichen/Erwachsenen<br />

sexuell missbraucht wurden, in signifikant höherem<br />

Ausmaß berichtet.<br />

Das Problem, dass in dieser Untersuchung unter der Kategorie der<br />

sexuellen Übergriffe unter <strong>Kinder</strong>n auch harmlose „Doktorspiele“ mit erfasst<br />

worden sein könnten, scheint angesichts der gef<strong>und</strong>enen Daten nicht<br />

erheblich. <strong>Sexuell</strong>e Übergriffe, die von <strong>Kinder</strong>n begangen wurden, werden<br />

von den Opfern (zumindest in der retrospektiven Betrachtung) als genauso<br />

schwerwiegend <strong>und</strong> belastend eingeschätzt wie sexueller Missbrauch durch<br />

Erwachsene. Haugaard & Tilly (1988) fanden demgegenüber, dass sexuelle<br />

Interaktionen mit <strong>Kinder</strong>n nur unter bestimmten Bedingungen zu ähnlich<br />

starken Belastungen führen wie sexueller Missbrauch durch Erwachsene.<br />

Dies sei vor allem dann der Fall, wenn das übergriffige Kind ein hohes Maß<br />

an Zwang anwendet, wenn es sich um gleichgeschlechtliche Interaktionen<br />

handelt <strong>und</strong> wenn diese von <strong>Kinder</strong>n initiiert werden, die nicht mit dem betroffenen<br />

Kind befre<strong>und</strong>et sind. Im Gegensatz dazu steht der weiter oben<br />

berichtete Bef<strong>und</strong> von Lamb & Coakley (1993), wonach gegengeschlechtliche<br />

sexuelle Aktivitäten als negativer bewertet wurden.<br />

Nach Sperry & Gilbert (2005) besteht in Bezug auf die Kurzzeitfolgen<br />

kein Unterschied zwischen sexueller Gewalt, die von Erwachsenen einerseits<br />

<strong>und</strong> von <strong>Kinder</strong>n andererseits ausgeübt wurde. Diese Ergebnisse<br />

liefern einen wichtigen Beitrag zur Bewertung des Problems sexueller<br />

Grenzverletzungen durch <strong>Kinder</strong>, zumal in einer Stichprobe aus Studierenden<br />

nicht damit zu rechnen ist, dass hier besonders schädigende Formen<br />

der sexuellen Gewalt überrepräsentiert sind. Allein in Bezug auf die berichteten<br />

Langzeitfolgen gibt es Unterschiede zwischen den beiden Opfergruppen.<br />

Eine Erklärung dafür könnte sein, dass sexueller Missbrauch<br />

durch Erwachsene signifikant häufiger im familiären Rahmen stattfand,<br />

wodurch eine spezielle Risikokonstellation für die Entwicklung psychopathologischer<br />

Langzeitfolgen in dieser Gruppe stärker repräsentiert war<br />

<strong>und</strong> eine Konf<strong>und</strong>ierung der Variablen wahrscheinlich erscheint. Auch<br />

wenn es sich um keine repräsentative Untersuchung handelt, so liefert sie<br />

einen Hinweis darauf, dass sexuelle Übergriffe durch <strong>Kinder</strong> zumindest<br />

nicht seltener vorkommen als sexueller Missbrauch durch Erwachsene.<br />

Das hier beschriebene Ausmaß an Folgen für die geschädigten <strong>Kinder</strong><br />

legt eine Sichtweise nahe, die neben der Sorge um das sexuell auffällige<br />

Kind <strong>und</strong> prognostischen Einschätzungen in Bezug auf die Entwicklung<br />

einer möglichen Sexualdevianz auch gegenwarts- <strong>und</strong> opferorientierte<br />

Dimensionen mit berücksichtigt. Weitere Forschungsaktivitäten zu den<br />

Folgen auf Seiten der betroffenen <strong>Kinder</strong> wären wünschenswert, um Vergleichsdaten<br />

zu den Ergebnissen von Sperry & Gilbert (2005) zu generieren.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!