Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" - freimaurerei.de

Dieter Heinold, Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" Seite 20
wählt wurde. ... Seine Großmeisterschaft bis 1878 darf als eine der geistigen
Glanzperioden der Bayreuther Großloge betrachtet werden. ... Bluntschli war
einer der hervorragendsten Persönlichkeiten der deutschen Freimaurerei des
19. Jahrhunderts, die er mit seiner Geistigkeit jahrzehntelang befruchtet hat. 64
Machen wir einen großen Sprung. Der 1. Weltkrieg führte nicht nur zu einer tiefgreifenden
Umgestaltung der Gesellschaft in Deutschland weg von der Monarchie und der Aristokratie
hin zu einer ungeliebten Demokratie, sondern stellte auch die deutsche Freimaurerei vor eine
nicht für möglich gehaltene Zerreißprobe. Die Vorkriegszeit war noch geprägt von einer
Ahnung von Weltbruderkette; es gab sogar Großlogenkontakte zwischen der christlichen
Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland und der Grande Loge de France. 65 Der
Zustand bis zum 1. Weltkrieg ist treffend im Jahresbericht meiner Loge Eleusis zur Verschwiegenheit
vom Sommer 1915 unter anderem wie folgt beschrieben:
"Der deutschen Freimaurerei ist - wie dem deutschen Volke auch - dieser Krieg
völlig unerwartet gekommen. Mehr oder weniger hatten sich deutsche Brüder
seit Jahren den Ideen der "Weltmaurerei" und den Bestrebungen eines "Völker-
und Weltfriedens" angeschlossen und sich hohen und endgiltigen Erfolg versprochen.
- Ein schöner Traum!
Über Nacht ist er in Nichts zerflossen ...
Wir werden am Tempel weiter bauen, werden aber eine hohe Scheidewand
zwischen deutscher und sog. Welt-Freimaurerei aufrichten. ... Mit unseren Mitbrüdern
(wird uns weiterhin) ein starkes Band (verbinden) - nicht mehr das trügerische
Band weltumspannender Bruderliebe - nein: das Band der Liebe und
Treue für das gemeinsame, schöne Vaterland - ...
(Wir wissen), daß Deutschland mit seinen Verbündeten, Österreichern und
Türken, daß der neue 'Dreibund', Sieger sein wird." 66
Nach dem Krieg war nichts mehr wie vorher. Die Freimaurerei, die vor dem Krieg durchaus
eine gesellschaftsrelevante Kraft war, fand sich nach dem Krieg in einer Gesellschaft, die,
nach wie vor monarchistisch und antidemokratisch geprägt, mit Schlagworten wie dem
Schmachfrieden von Versailles oder der Dolchstoßlegende oder auch der Kriegsschuldlüge
der vergangenen Größe Deutschlands nachtrauerte. Vor allem die deutschnationalen und
nationalistischen Kreise machten schnell als Sündenbock für die Niederlage auch die Freimaurer
aus, die ja mit dem späteren Feind Kontakt pflegten und sowieso pazifistisch waren;
64
Eugen Lennhoff/Oskar Posner, Internationales Freimaurerlexikon, unveränderter Nachdruck der Ausgabe
1932, Wien/ München 1980, Spalte 193
65
vgl. Bernhard Beyer, Der Kampf der "Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland" gegen die humanitäre
Frei- maurerei, Bayreuth 1927, S. 16 ff. (Bibliothek des Deutschen Freimaurermuseums Bayreuth Nr.
6112)
66
Ludwig Keil, Jahresübersicht vor dem Jahres-Bericht über das Maurerjahr 1914/15, in: Mitglieder-Verzeichnis
und Jah- res-Bericht der Freimaurer-Loge "Eleusis zur Verschwiegenheit", ausgegeben im November 1915, S. 14,
15, 13