Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" - freimaurerei.de

Dieter Heinold, Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" Seite 6
die Aufnahme die Rede. Damit war die Voraussetzung für die Aufnahme von Juden in die zur
Großloge "Zur Sonne" gehörenden Logen geschaffen. Ähnlich wie unser Grundgesetz, das
in Art. 1 bekanntlich bestimmt: "Die Würde des Menschen (und nicht etwa nur die des Deutschen;
Anm. D. H.) ist unantastbar", sagen ja auch die Alten Pflichten seit 1723 ausdrücklich,
dass ein Maurer bloß zu der Religion verpflichtet sei, in der alle Menschen (also nicht etwa
alle Christen!) übereinstimmen. Obwohl danach also jedem in religiöser Beziehung seine besondere
Einstellung überlassen blieb, 17 waren Juden jedenfalls in Deutschland faktisch ausgeschlossen.
Die Juden wurden als Träger von Bürgerrechten nicht wahrgenommen. Moses
Mendelssohn, der Großvater von Felix Mendelssohn-Bartholdy, ein geachteter Philosoph,
Freund Lessings und Vorbild für Lessings Nathan, 18 musste beispielsweise bei Reisen für
sich selbst den Torzoll eines polnischen Stieres zahlen. 19
Die gänzlich unfreimaurerische Diskriminierung der Juden in Deutschland wurde erstmals
durch Lessing in seinen Freimaurergesprächen 1780 thematisiert. 20 Die weite Kreise erfassenden
Ideen der Aufklärung und die französische Revolution mit ihren Schlagworten von
der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit taten ein übriges. In England war die Zugehörigkeit
von Juden zur FM nie ein Thema, ebensowenig in Frankreich. 21 In Preußen wurden erstmals
1812 die Juden zu "Inländern und Staatsbürgern" erklärt. 22 Dies hinderte aber die drei preußischen
Großlogen nicht, Juden nicht nur die Mitgliedschaft zu verweigern, sondern auch
das Besuchsrecht. 23
Um das zu konkretisieren: Die Große National-Mutterloge "Zu den drei Weltkugeln" ließ zwar
immerhin seit 1849 den Besuch nichtchristlicher Mitglieder anderer Logen zu, die Aufnahme
17
Beyer II, S. 53
18
http://www.knerger.de/philosophen/philosophen_II/philosophen_3/philosophen_4/mendelssphilosophen_4.html
Mendelssohn, Moses, geb. 7.8.1729 in Dessau, gest. 4.1.1786 in Berlin
Deutscher Philosoph, Großvater von Fanny Mendelssohn und Felix Meldelssohn Bartholdy, Vater von
Dorothea Schlegel, leidenschaftlicher Vorkämpfer der politischen und sozialen Bürgerrechte und einer Symbiose
der Juden mit den Christen, wurde von seinem Vater sowie von dem Rabbiner David Fränkel (*1707,
+1762) erzogen, lebte ab 1742 in Berlin, wurde dort 1750 als Hauslehrer mit der Erziehung der Kinder eines
Seidenhändlers betraut und später dessen Partner. Im Jahr 1754 machte er die Bekanntschaft des deutschen
Dramatikers und Kritikers Gotthold Ephraim Lessing, mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft verband
und für den er als Buchhalter arbeitete. Lessing, ein bedeutender Befürworter der jüdischen Emanzipation,
nahm Mendelssohn zum Vorbild seines Stückes Nathan der Weise (1779). Lessing war auch der Herausgeber
von Mendelssohns Philosophischen Gesprächen, die 1755 anonym erschienen. Im gleichen Jahr veröffentlichten
sie die gemeinsam verfasste Satire Pope ein Metaphysiker. Seine Wahl in die Berliner Akademie
(1771) wurde von Friedrich II. wegen seiner jüdischen Abstammung nicht bestätigt. Mendelssohn galt als der
„Sokrates der Deutschen”. Werke u.a.: Abhandlung über die Evidenz in den Metaphysischen Wissenschaften
(1764), Phädon (1767).
19
Eugen Lennhoff, Oskar Posner, Dieter A. Binder, Internationales Freimaurerlexikon, München 2000 (Sonderproduktion
2003), S. 442 (Stichwort 'Deutschland')
20
J. G. Findel, Geschichte der Freimaurerei von der Zeit ihres Entstehens bis auf die Gegenwart, Leipzig 1878,
S. 510 (Bi- bliothek des Deutschen Freimaurermuseums Bayreuth Nr. 423)
21
Findel, a. a. O., S. 511; Thomas Held, Geschichte der Judenfrage in der deutschen Freimaurerei, Vortrag zur
Woche der Brüderlichkeit, , 30.05.1976, S. III (Bibliothek des Deutschen Freimaurermuseums Bayreuth Nr.
11003)
22
Beyer II, S. 53; Held a. a. O., S. VI
23
Findel, a. a. O., S. 535