Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" - freimaurerei.de

Dieter Heinold, Die Geschichte der Großloge "Zur Sonne" Seite 21
dass sie darüber hinaus auch noch Juden als Mitglieder hatten, passte in das Schema der
Vorurteile. Die gesamte Zeit nach dem 1. Weltkrieg bis zur Machterschleichung Hitlers bestand
zu einem nicht geringen Teil darin, dass sich die humanitären Großlogen, also in erster
Linie Hamburg, Bayreuth und Frankfurt von den drei altpreußischen Großlogen, und da federführend
die Große Landesloge der Freimaurer von Deutschland, als pazifistisch und als
Vaterlandsverräter, um die zwei Hauptvorwürfe zu zitieren, beschimpfen lassen mussten.
Dabei waren insbesondere auch die humanitären Logen, wie schon während des Krieges,
von einem Patriotismus beseelt, der uns nach heutigen Maßstäben übersteigert und unverständlich
vorkommt. 67 Als Beispiel sei die sog. "Vaterländische Arbeit" erwähnt, die ab 1923
meine Loge jährlich abhielt. Die erste derartige Arbeit fand in Gegenwart profaner , also nicht
dem Freimaurer-Bund angehörender Gäste statt, man gedachte der vergangenen Größe
Deutschlands, es wurden für heutige Begriffe martialische und nationalistische Reden gehalten
und zum Abschluss wurde das Deutschlandlied gesungen. 68 "Als Symbol der Vaterlandsliebe",
wie es im damaligen Jahresbericht der Loge heißt, war der Tempel mit der alten
Reichsflagge geschmückt, also nicht etwa mit der Nationalflagge der Weimarer Republik
(schwarz-rot-gold), sondern mit der Flagge des Kaiserreichs (schwarz-weiß-rot). 69 Was heutigen
Brüdern wie eine Entweihung des Tempels vorkommt, entfachte damals eine allgemeine
vaterländische Begeisterung. Über diese Arbeit wird beispielsweise in den Mitteilungen
der Großloge "Zur Sonne" wie folgt berichtet:
"Tief ergreifend war die Handlung und begeisterte Heilrufe durchbrausten unseren
sonst so stillen Tempel nach Absingen des Deutschlandliedes." 70
Die Absetzbewegung der drei preußischen Großlogen von den humanitären Großlogen fand
ihren ersten Ausdruck in dem1922 erklärten und vollzogenen Austritt der preußischen Groß-
67
vgl. Bernhard Beyer, Geschichte der Großloge "Zur Sonne", Band III, Frankfurt/Main 1955, Seite 79: "Kein Organ
einer anderen, nicht freimaurerischen Gesellschaft war in Deutschland so von echtem Nationalgefühl
erfüllt, und kein Verein hat seine Mitglieder auch nur annähernd so zu heroischem Opfermut fürs Vaterland
und zu zähem Durchhalten erzo- gen."
und Seite 236: "Man zeige mir doch die Vereinigung oder Gesellschaft, die in damaliger Zeit ihre Mitglieder in
derart warmer Weise im nationalen Sinn erzogen hat."
siehe auch Beyer, Der Kampf der "Großen Landesloge der Freimaurer von Deutschland" gegen die humanitäre
Frei- maurerei, Bayreuth 1927, S. 15 (Bibliothek des Deutschen Freimaurermuseums Bayreuth Nr. 6112): "In
den Richtlini- en, die 1924 von unserer Großloge angenommen wurden, heißt es: 'Die Großloge 'Zur Sonne'
steht nach wie vor auf rein vaterländischem Boden und lehnt alle Beziehungen zu nichtdeutschen Logen
und Großlogen derjenigen Länder ab, die nicht eine neutrale oder eine freundschaftliche Stellung gegenüber
Deutschland einnehmen.'"
68
vgl. das Ritual zu der "Vaterländischen Arbeit" (Verfasser Dr. A. Seeberger; Bibliothek des Deutschen Freimaurermuse-
ums Bayreuth Nr. 6901) mit Angaben zur Gestaltung des Tempels und zum Ablauf der Arbeit,
abgedruckt in Mitteilun- gen der Großloge "Zur Sonne" Nr. 2/3 (August/ September) 1924/25, S. 1-18 (Bibliothek
des Deutschen Freimaurermu- seums Bayreuth Nr. 243)
69
Hans Bechert, Jahresbericht über das Maurerjahr 1923/24, in: Mitgliedsverzeichnis und Jahresbericht der
Freimaurerlo- ge "Eleusis zur Verschwiegenheit" vom 22.6.1924, S. 15
70
Mitteilungen der Großloge "Zur Sonne" Nr. 8/9 (Feb./März) 1924/25, S. 157 (Bibliothek des Deutschen Freimaurermu-
seums Bayreuth Nr. 243)