Tagungsbericht der VdS-Fachgruppe SPEKTROSKOPIE
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10.000 Spektren in einem Schuss – Spektroskopie heute und<br />
morgen<br />
Reinhard Hanuschik<br />
Data Management and Operations Division, Europäische Südsternwarte, Karl-<br />
Schwarzschild-Str. 2, 85748 Garching b. München, www.eso.org<br />
Zusammenfassung<br />
In diesem Text werden die gegenwärtigen spektroskopischen<br />
Techniken und Instrumente <strong>der</strong> professionellen<br />
Astronomie vorgestellt, ebenso werden<br />
die zukünftigen Entwicklungen beleuchtet.<br />
1. Spektroskopie am VLT<br />
Die Europäische Südsternwarte betreibt das Very<br />
Large Telescope (VLT) auf dem Cerro Paranal in<br />
Chile. Dort stehen vier 8.2m-Teleskope, die mit<br />
insgesamt 11 Instrumenten ausgestattet sind, viele<br />
davon Spektrographen o<strong>der</strong> Instrumente mit spektroskopischen<br />
Moden (Abb. 1). Alle Daten dieser<br />
Instrumente werden, nachdem sie gemessen worden<br />
sind, in die Zentrale <strong>der</strong> ESO nach Garching b.<br />
München übertragen, dort gespeichert und prozessiert,<br />
und schließlich an die Astronomen in den<br />
Heimatinstituten in ganz Europa verteilt. Im Moment<br />
werden pro Semester etwa 2 Terabyte Daten<br />
verarbeitet.<br />
Abbildung 1: Das Very Large Telescope (VLT) auf dem Cerro<br />
Paranal in Chile.<br />
Spektroskopie hat in <strong>der</strong> Astronomie eine beson<strong>der</strong>e<br />
Rolle: sie hat nicht den unmittelbaren „sinnlichen“<br />
Zugang, wie ihn die Photographie bieten<br />
kann, aber sie enthält sehr viel an physikalischer In-<br />
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formation und ist daher für den Kenner sehr reizvoll.<br />
Am bekanntesten ist <strong>der</strong> Dopplereffekt, <strong>der</strong><br />
sich in <strong>der</strong> Verschiebung einer Linie (Absorption<br />
o<strong>der</strong> Emission) o<strong>der</strong> ihrer Verbreiterung äußert und<br />
ein Maß darstellt für die Radialgeschwindigkeit, die<br />
das beobachtete Objekt relativ zum Beobachter besitzt.<br />
Die Genauigkeit dieser Methode ist frappierend:<br />
bei einer Auflösung von R=10.000 kann man<br />
Geschwindigkeiten von 30 km/s messen. Mit speziellen<br />
Instrumenten (z.B. HARPS am ESO 3.6m-<br />
Teleskop auf La Silla) und Techniken (Kreuzkorrelation<br />
tausen<strong>der</strong> von Linien statt Messung nur einer)<br />
sind heute Genauigkeiten von einigen m/s<br />
möglich. Mit noch höherem Aufwand scheint auch<br />
<strong>der</strong> Bereich von cm/s in wenigen Jahren erreichbar.<br />
Dabei bedeutet m/s bereits Fußgängertempo!<br />
Eindrucksvoll auch, dass diese Präzision unabhängig<br />
ist von <strong>der</strong> Entfernung, sie hängt nur von <strong>der</strong><br />
Helligkeit des Objekts. Wir können also Quasare<br />
am Rande des Universums genauso genau vermessen<br />
wie Doppelstern in unserer Nähe, o<strong>der</strong> Exoplaneten<br />
in an<strong>der</strong>en Sonnensystemen. Genau dies sind<br />
auch die Haupt-Anwendungsgebiete: Umlaufbahnen<br />
von Doppelsystemen, wechselwirkende Doppelsterne,<br />
Begleiter um kompakte Objekte usw.<br />
Eine weitere, vielleicht noch wichtigere Anwendung<br />
ist die Messung von Linienprofilen, die durch<br />
den Dopplereffekt verbreitert werden. Mit dieser<br />
Technik lassen sich Geschwindigkeitsfel<strong>der</strong> z.B.<br />
von Materie in <strong>der</strong> Umgebung von Sternen bestimmen<br />
(sog. zirkumstellare Materie). Dies kann<br />
Sternwind sein, also ionisiertes Gas, welches durch<br />
den Strahlungsdruck heißer Frühtypsterne beschleunigt<br />
und ausgeworfen wird, o<strong>der</strong> rotierendes<br />
Gas in einer Scheibe um einen Be-Stern. Der<br />
Sternwind bewegt sich beschleunigt auf den Beobachter<br />
zu. Der Teil, <strong>der</strong> projiziert auf den Stern erscheint,<br />
erscheint daher als blauverschobener Absorptionstrog,<br />
<strong>der</strong> gesamte Rest erscheint als verbreitertes<br />
Emissionsvolumen. Das Ergebnis ist ein<br />
asymmtreisches P-Cygni-Profil, mit blauem Trog<br />
und rotem Emissionsbuckel (Abb. 2). Maximale