Marcel Proust Hommage von Andreas Isenschmid |Sigmund Freud ...
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JürgSchoch (Hrsg.): In den<br />
Hinterzimmern des Kalten Krieges.<br />
Die Schweiz und ihr Umgang mit<br />
prominenten Ausländern 1945–1960.<br />
Orell Füssli, Zürich 2009. 286 S., Fr.48.–.<br />
Von Peter Studer<br />
Weshalb gerade die Zeitspanne <strong>von</strong> 1945<br />
bis 1960? Herausgeber Jürg Schoch und<br />
seine vier Mitautoren – allesamt pensionierte<br />
«Tages-Anzeiger»-Redaktoren<br />
– beleuchten mit Bedacht die Zwischenzeit<br />
nach dem Ende der nationalsozialistischen<br />
Bedrohung bis fast zum Höhepunkt<br />
des Kalten Krieges. Es fiel der<br />
Schweizer Regierung damals «nicht<br />
leicht, überhaupt ihre Rolle zu finden:<br />
Das Land stand ziemlich verloren zwischen<br />
den Blöcken.» Obwohl neutral,<br />
lehnte es sich bald an den Westen an, wo<br />
es aber auch auf Misstrauen stiess.<br />
Aus der Reise der fünf Autoren in<br />
Bibliotheken und Archive – jeweils vorbildlich<br />
dokumentiert – ist ein Dutzend<br />
Momentaufnahmen entstanden: <strong>von</strong><br />
Menschen, die sich noch hier befanden,<br />
wie dem kommunistischen Stardirigenten<br />
Hermann Scherchen (Winterthur)<br />
oder dem Altnazi und Germanistikprofessor<br />
Helmut de Boor (Bern). Von eher<br />
unerwünschten Durchreisenden wie<br />
den kommunistischen Paradeschriftstellern<br />
Ilja Ehrenburg (UdSSR) und<br />
Stephan Hermlin (DDR).<br />
Mitunter stellt sich ein beklemmendes<br />
«Déjà-vu» ein. So bei Schochs Bericht<br />
über «Die Neutralität und die Macht des<br />
Faktischen». Er dreht sich um die Waffenexportgeschäfte<br />
<strong>von</strong> Emil Georg<br />
Bührle. Der Bundesrat war sich der<br />
Spannung zwischen Neutralitätsrecht<br />
und Neutralitätspolitik bewusst. Um<br />
Neutralität, Geld und Arbeitsplätze<br />
drehten sich zahlreiche Bundesratssitzungen<br />
zu Beginn des Koreakriegs (1950).<br />
Die Protokolle sind heute einsehbar.<br />
Bührle, der mit seiner Waffenindustrie<br />
in Oerlikon nach Kriegsende eine Durst-<br />
1<br />
Sommerakademie Centre Dürrenmatt Neuchâtel Hg. vom Schweizerischen Literaturarchiv<br />
Kalter Krieg Wiedie Schweizer Behörden nach 1945 mit prominenten Ausländern umgingen<br />
ZündstoffimBundesrat<br />
Herausgegeben <strong>von</strong><br />
Peter Gasser, Elio Pellin<br />
und Ulrich Weber<br />
»Es gibt<br />
kein größeres<br />
Verbrechen<br />
als die<br />
Unschuld«<br />
Zu den Kriminalromanen <strong>von</strong><br />
Glauser, Dürrenmatt,<br />
Highsmith und Schneider<br />
WALLSTEIN<br />
strecke hinter sich hatte, wurde <strong>von</strong> der<br />
US-Luftwaffe um Lieferungen <strong>von</strong><br />
240000 Luft-Boden-Raketen bestürmt.<br />
Ausfuhr bewilligen? Einige Bundesräte<br />
reagierten skeptisch, andere hingegen<br />
warnten vor der «Behinderung Bührles»<br />
und Vergeltungsmassnahmen der USA.<br />
Bührle drohte, den Betrieb vollends ins<br />
Ausland zu verlegen. Max Weber (Finanzen,<br />
SP) schwankte: «Grundsätzlich<br />
sollte die Schweiz kein Kriegsmaterial<br />
ausführen, aber man kann diesen Grundsatz<br />
nicht durchführen.» 1953 bewilligte<br />
der Bundesrat der Firma Bührle schliesslich<br />
den ganzen Auftrag. Als Gegenleistung<br />
versprach Bührle, «dieses Jahr<br />
keine nennenswerten Arbeiterentlassungen<br />
durchzuführen». Immer wieder<br />
ähnliche Dilemmata und dieselben<br />
Argumente, auch vor der Abstimmung<br />
über die Initiative gegen den Waffenexport<br />
2009.<br />
Sind sich Schochs Autoren, nämlich<br />
Silvia Höner, Christoph Kuhn, Emanuel<br />
stuDEr, bärlaCh,<br />
hunkElEr &Co.<br />
kriminalromanE<br />
untEr DEr lupE<br />
Peter Gasser,Elio Pellin,<br />
Ulrich Weber (Hg.)<br />
»Es gibt kein grösseres<br />
verbrechen als die unschuld«<br />
Zu den Kriminalromanen <strong>von</strong><br />
Glauser,Dürrenmatt, Highsmith<br />
und Schneider<br />
2009. 144 S. 6Abb.Br. CHF 23<br />
Paul Altheer<br />
Die 13 Katastrophen<br />
Detektivroman<br />
10CEXKuw2AMAwFwIliPdvYIbjMp4oQAsT-oyDRUFx3c4YRPrXvdz-DgcUSirtaWDGS7MFFKJsHWETA2FhVUczX-HeqLV3AAB4wHW28HHd_Xl0AAAA=<br />
10CAsNsjY0MDAx1TWwNDMzNgUAIGGibA8AAAA=<br />
Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen <strong>von</strong><br />
Paul Ott, Kurt Stadelmann und Dominik Müller<br />
Seine Exporte sorgten<br />
für hitzige Diskussion<br />
im Bundesrat: Emil<br />
Bührle (rechts) an<br />
einer Waffenschau in<br />
Walenstadt, 1950.<br />
La Roche und Konrad Rudolf Lienert,<br />
bei aller Sympathie für die oft kleinlich<br />
ausspionierten Progressiven der damals<br />
auch realen Bedrohungsangst bewusst?<br />
Misstrauen sie nicht nur dem grossdeutschen<br />
Patriotismus, sondern auch der<br />
devoten Stalin-Begeisterung oder der<br />
Friedensnaivität, die einige der streng<br />
beobachteten Besucher ausstrahlten? Es<br />
gelingt – ausser beim allzu blass bleibenden<br />
Nobelpreisträger Frédéric Joliot-<br />
Curie – ganz gut. Niemand wird zum<br />
Helden aufmontiert. Dirigent Scherchen<br />
war menschlich ein Ekel, Büchersammler<br />
Pinkus ritt gewandt auf allen kommunistischen<br />
Wellen.<br />
Was den Autoren besonders hoch<br />
anzurechnen ist: Die präzise Sprache<br />
und der Verzicht auf einen besserwisserischen<br />
Modus der Spätgeborenen. ●<br />
Peter Studer war Chefredaktor des<br />
«Tages-Anzeigers», danach des<br />
Schweizer Fernsehens. Heute doziert der<br />
Rechtsanwalt Medienrecht und -ethik.<br />
Ein DEtEktivroman<br />
nEu EntDECkt<br />
ironisCh unD<br />
spritzig<br />
Paul Altheer<br />
Die 13 katastrophen<br />
Ein Detektivroman. Nachdruck<br />
der Erstausgabe <strong>von</strong> 1928.<br />
2010. 126 S. Geb.CHF 34<br />
31. Januar 2010 ❘ NZZ am Sonntag ❘ 19<br />
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