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Matthias Bauer: Liebe Deinen Replikanten wie Dich selbst

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ist die Revolte dennoch zutiefst positiv, da sie offenbart, was im Menschen<br />

allezeit zu verteidigen ist.“ 16 Dass es in The Blade Runner <strong>Replikanten</strong><br />

sind, an deren Revolte sich diese Dimension offenbart, spricht ein deutliches<br />

Urteil über die Humanität der Gesellschaft, die sie zu lebenslänglichen<br />

Knechten bestimmt hat. Zweitens erklärt Camus: „daß die Revolte<br />

nicht allein und notwendigerweise im Unterdrückten ausbricht, sondern<br />

daß sie beim bloßen Anblick der Unterdrückung eines anderen ausbrechen<br />

kann. In diesem Fall kommt es also zur Identifikation mit dem anderen.“ 17<br />

Es ist nun aber genau diese Identifikation, die Rachael erst mit Deckard<br />

und Rick dann seinerseits mit ihr vollzieht, und die sich auch in der symbolischen<br />

bzw. imaginären Interaktion zwischen dem melodramatischen<br />

Geschehen auf der Leinwand und dem Bewusstsein des Zuschauers – also<br />

dank der psycho-semiotischen Aktivität im empathischen Feld des Kinos –<br />

ereignet. Dass es bei dieser Art der Identifikation in einem sehr spezifischen<br />

Sinne tatsächlich um die Herstellung eines ‚inneren Objekts‘ geht,<br />

kann man sogar neurobiologisch begründen, wenn man sich auf die so<br />

genannten ‚Spiegelneuronen‘ bezieht, die Ende des letzten Jahrhunderts<br />

von Giacomo Rizzolatti und seinem Team am Physiologischen Institut der<br />

Universität Parma entdeckt wurden. Es handelt sich dabei um Nervenzellen<br />

bzw. Zellverbände, die nicht nur aktiv werden, wenn es im motorischen<br />

und prämotorischen Cortex darum geht, Handlungen des eigenen<br />

Körpers oder Sprechakte einzuleiten. Vielmehr feuern die ‚Spiegelneuronen‘<br />

auch dann, wenn die Bewegungen und – das ist hier entscheidend –<br />

die Gefühlsregungen anderer Menschen beobachtet werden. Kurzum: „Wir<br />

erleben, was andere fühlen, in Form einer spontanen inneren Simulation“,<br />

18 die als Resonanzmuster der neuronalen Erregung aufgefasst werden<br />

kann. Interessant ist nun folgendes:<br />

„Das Resonanzmuster, das Nahestehende in uns hervorrufen, wird innerhalb<br />

kurzer Zeit zu einer festen Installation. Es entsteht eine dynamische<br />

innere Abbildung dieses Menschen“, 19 also das, was Kappelhoff als ‚inneres<br />

Objekt‘ bezeichnet hat. „Über eine solche innere Repräsentation einer<br />

nahe stehenden Person zu verfügen heißt, so etwas <strong>wie</strong> einen weiteren<br />

16<br />

Camus, S. 19.<br />

17<br />

Camus, S. 16f.<br />

18<br />

Joachim <strong>Bauer</strong>: Warum ich fühle, was du fühlst. Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone.<br />

8. Auflage, Hamburg 2006, S. 145.<br />

19<br />

<strong>Bauer</strong>, S. 86.<br />

13

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