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Matthias Bauer: Liebe Deinen Replikanten wie Dich selbst

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Ein letztes Wort noch zum Verhältnis von philosophischer Tradition und<br />

technologischer Innovation, auf das The Blade Runner immer <strong>wie</strong>der an-<br />

spielt. Dreh- und Angelpunkt ist das Leib-Seele-Problem. Zu beachten ist<br />

dabei zum einen, <strong>wie</strong> bereits im Zeitalter der Aufklärung Alternativen zu<br />

Descartes' Versuch, dieses Problem zu lösen, entwickelt wurden, und <strong>wie</strong><br />

sich diese Alternativen zum anderen gegenüber den rezenten Entwicklungen<br />

in der Roboter-Animation verhalten.<br />

In seinem 1747 veröffentlichten Essay DER MENSCH EINE MASCHINE (L'HOMME<br />

MACHINE) geht Julien Offray de La Mettrie von der Beobachtung aus, dass<br />

Körper und Seele zusammen einschlafen und aufwachen. Er folgert daraus,<br />

dass es eine beständige Wechselwirkung zwischen dem gibt, was wir<br />

heute Soma und Psyche nennen. Angesichts dieser unauflöslichen Wechselwirkung<br />

bezweifelt La Mettrie die Grundannahme des Cartesianismus,<br />

dass es zwei unterschiedliche Substanzen, nämlich die res extans und die<br />

res cogitans, gibt. Seine alternative Empfehlung lautet, die Seele des<br />

Menschen in den Organen seines Körpers zu entdecken. Nachhaltig von<br />

Descartes‘ Konzeption, in der die Gemeinschaft der Menschen keine Rolle<br />

bei der Entwicklung des Selbstbewusstseins spielt, unterscheidet sich auch<br />

die Idee, die La Mettrie von der Entwicklung des menschlichen Seelenvermögens<br />

entwickelt, da er die Gemeinschaft der Menschen zu einem entscheidenden<br />

Faktor dieser Entwicklung macht. Nicht nur verwendet der<br />

Mensch körperliche Empfindungen um Gefühle, Gefühle <strong>wie</strong>derum um<br />

Geist zu erwerben, und den Geist schließlich um Erkenntnisse zu erlangen.<br />

Vielmehr hilft auch ein Mensch dem anderen auf die Sprünge, so dass es<br />

zu einer Koevolution von Kognition und Kultur durch die Kommunikation<br />

kommt, die in einer bestimmten Sprach- und Zeichengemeinschaft stattfindet.<br />

Allein mit dieser Vorstellung einer sozialen Koevolution entfernt<br />

sich La Mettrie weit von jener Idee eines autonomen, letztlich asozialen<br />

Cogito, das sich im Grunde solipsistisch verhält und stets bezweifeln muss,<br />

dass die anderen Menschen mehr als bloß seelenlose Automaten oder<br />

Chimären der eigenen Einbildungskraft sind. Im Unterschied zu Descartes’<br />

dualistischem Interaktionismus von Leib und Seele vertritt La Mettrie also<br />

eine dezidiert monistische Perspektive, in der sich das Leib-Seele-Problem<br />

terminologisch auflösen lässt:<br />

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