Die Rolle der Umwelt in der Entwicklungspsychologie Martin ...

Vordergrund (etwa in Gestalt von Altersnormen) und Umweltfaktoren wurden entweder nicht
betrachtet oder statistisch auspartialisert. Bronfenbrenner (1974) beschrieb dies treffend als
die Untersuchung von fremdartigen Verhalten von Kindern in fremdartigen Situationen über
die kürzestmögliche Zeit. Die Untersuchung von Entwicklungsprozessen eingebettet in
ökologische Kontexte erhielt durch die Arbeiten Bronfenbrenners, die im Abschnitt 2.1
dargestellt werden, einen wichtigen Aufschwung.
2. Theoretische Perspektiven
Die Entwicklungspsychologie unterscheidet verschiedene Zeitfenster der Entwicklung, die
Herausbildung des Psychischen während der Phylogenese, die Entwicklung des einzelnen
Individuums (Ontogenese) und der Verlauf aktueller psychischer Prozesse, wie etwa eines
Denkvorgangs (die Aktualgenese). Während der Phylogenese beeinflusste die Umwelt die
menschliche Entwicklung vermittelt über Prozesse der natürlichen Auslese, indem bevorzugt
solche Gene an die nachfolgende Generation weitergegeben wurden, die unter den gegebenen
Umweltbedingungen einen Überlebensvorteil brachten. In der Ontogenese geschieht die
Ausprägung psychischer Merkmale immer in Wechselwirkung mit Umweltfaktoren.
Schließlich wirken Umweltfaktoren auch auf den Verlauf einzelner psychischer Prozesse
(Aktualgenese; vgl. Li, 2003).
Wachs (1991) unterscheidet drei Richtungen oder Stadien der Konzeptualisierung und
Untersuchung von Umwelteinflüssen auf die menschliche Entwicklung. Am Anfang stand die
Untersuchung, ob Variationen der Umwelt mit der Variabilität der Entwicklung überhaupt in
Zusammenhang stehen. Viele dieser Forschungen folgten dem Modell sozialer Adressen,
indem etwa Unterschiede der Entwicklung in Abhängigkeit vom elterlichen
sozioökonomischen Status, der ethnischen Herkunft oder vom Aufwachsen in so genannten
speziellen Umwelten (wie etwa Kinderheimen) untersucht wurden (Bronfenbrenner & Morris,
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