dokumentation_josefstag_2012 - Bundesarbeitsgemeinschaft ...
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0014KBL13_Muster_Erzbistum 19.03.12 10:40 Seite 2<br />
14 Erzbistum<br />
Vielfalt ist Gewinn, kein Makel<br />
Beim „Josefstag“ engagiert sich die katholische Kirche für benachteiligte Jugendliche<br />
Der diesjährige „Josefstag“<br />
stellt die schwierige Situation<br />
von Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
in den Blickpunkt.<br />
Die Auftaktveranstaltung<br />
fand in Mannheim statt.<br />
Von Michael Kniess<br />
Wenn in Mannheim als Imbiss einer<br />
Auftaktveranstaltung für die<br />
Gäste nicht Saumagen, sondern<br />
stattdessen Börek und Tomaten-<br />
Mozzarella-Spieße gereicht werden,<br />
hat das nicht unbedingt etwas<br />
damit zu tun, dass die heimischen<br />
Köstlichkeiten aus der Kurpfalz<br />
nur schwierig mit den Fingern<br />
zu essen sind.<br />
Vielmehr kann dies auch Symbol<br />
sein: Börek und Tomaten-<br />
Mozzarella-Spieße, stellvertretend<br />
für die Türkei und Italien, als<br />
die Nationen, die im multikulturell<br />
bunten Mannheim das Gros<br />
der ausländischen Bevölkerung<br />
stellen.<br />
Menschen aus 170 Nationen leben<br />
in der Quadratestadt. Nicht<br />
zuletzt deshalb ein geeigneter<br />
Ort, um darauf hinzuweisen, dass<br />
nicht all jene Menschen auch<br />
wirklich in Deutschland angekommen<br />
sind.<br />
Unter dem Motto „Herkunft<br />
egal – Ziel klar!“ legt der „Josefstag“,<br />
dessen Auftakt in Mannheim<br />
stattfand, in diesem Jahr ein besonderes<br />
Augenmerk auf die Situation<br />
von Jugendlichen mit Migrationshintergrund.<br />
Rund um den 19. März besu-<br />
Konradsblatt 13 · <strong>2012</strong><br />
chen kirchliche Würdenträger<br />
und politisch Verantwortliche von<br />
Hamburg bis München mehr als<br />
40 Einrichtungen der katholischen<br />
Jugendsozialarbeit, um ein<br />
Zeichen gegen die Benachteiligung<br />
und Ausgrenzung dieser Jugendlichen<br />
zu setzen. Denn die<br />
Herkunft ist keineswegs egal, wie<br />
Studien belegen: Bei gleichen Abschlüssen,<br />
gleichem Engagement,<br />
finden Jugendliche mit Migrationshintergrund<br />
seltener einen<br />
Ausbildungsplatz und bleiben öfter<br />
ohne Berufsabschluss.<br />
Mehr als zehn Bewerbungen<br />
habe er am Tag geschrieben, sagt<br />
Patrick und lächelt gequält. Am<br />
Ende immer eine Absage. Mittlerweile<br />
hat der 19-jährige Pole eine<br />
Perspektive. Über das Mannheimer<br />
„förderband e.V.“ – eine katholischen<br />
Initiative der Jugendsozialarbeit<br />
– macht er nun eine<br />
Ausbildung zum Fachlageristen.<br />
Den Jugendlichen eine Chance<br />
geben – für Jugendbischof Karl-<br />
„Josefstag“<br />
Der heilige Josef ist<br />
Schutzpatron der<br />
Arbeiter und<br />
Jugendlichen.<br />
Seinen Gedenktag<br />
begeht die Kirche am<br />
19. März. Der „Josefstag“<br />
hebt die Bedeutung der<br />
Integration benachteiligter<br />
Jugendlicher in katholischen<br />
Einrichtungen und Maßnah-<br />
Heinz Wiesemann eine Selbstverständlichkeit.<br />
„Für unsere Gesellschaft<br />
ist es eine Bereicherung,<br />
wenn Menschen aus verschiedenen<br />
Lebenswelten zusammentreffen.<br />
Die Herkunft ist kein Makel,<br />
sondern ein Gewinn für uns alle“,<br />
so der Bischof. Den Jugendlichen,<br />
die mit zwei Kulturen aufwachsen,<br />
komme eine Vermittlerrolle<br />
zu, die man fördern müsse.<br />
Von der Vielfalt der Jugendlichen<br />
profitieren<br />
Als Vermittler sieht sich auch<br />
Patrick. „Eigentlich müsste ich<br />
noch einen zweiten Vertrag als<br />
Dolmetscher bekommen“, sagt<br />
er und lacht. „Manche LKW-Fahrer<br />
sprechen Polnisch, andere<br />
Deutsch und ich kann beides einigermaßen“,<br />
sagt er. Auch ein wenig<br />
Russisch könne er. „Ein wenig“<br />
und „einigermaßen“, solche<br />
Worte fallen oft bei den Jugendlichen.<br />
Sie fühlen sich oft nicht<br />
men hervor. Er ist<br />
eine Aktion des<br />
„arbeit für alle<br />
e.V.“, einer Initiative<br />
des BDKJ, der<br />
Arbeitsstelle für<br />
Jugendseelsorge der<br />
deutschen Bischofskonferenz<br />
(afj) und der <strong>Bundesarbeitsgemeinschaft</strong><br />
Katholische Jugendsozialarbeit<br />
(BAG KJS).<br />
Foto: Kniess<br />
Jugendbischof<br />
Karl-Heinz Wiesemann<br />
tauschte sich<br />
im Rahmen der<br />
Auftaktveranstaltung<br />
des „Josefstags“<br />
mit Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
aus. In der Mitte<br />
steht Patrick.<br />
akzeptiert und nur wenig wert.<br />
Gerade dagegen müsse man<br />
entschieden vorgehen. Einerseits<br />
verlange die Gesellschaft mehr<br />
Integrationswillen, andererseits<br />
schließe sie die Migranten aber<br />
auch systematisch aus, kritisiert<br />
Wiesemann bei der Auftaktveranstaltung.<br />
Bessere Integration bedeute dabei<br />
nicht das Überstülpen einer<br />
Identität, sondern erfordere auch<br />
die Bereitschaft, die Vielfalt der<br />
Jugendlichen zu erkennen, zu fördern<br />
und zu nutzen. „Wir dürfen<br />
nicht fragen, wo die Jugendlichen<br />
herkommen oder welche Religion<br />
sie haben. Wir müssen versuchen,<br />
ihnen zu helfen“, so der Bischof.<br />
Auch für Patrick spielt es keine<br />
Rolle, woher ein Mensch kommt.<br />
Ein Ausweis sei doch letztlich nur<br />
ein Stück Papier und der Mensch<br />
bleibe immer noch Mensch, egal<br />
welcher Nationalität er angehöre.<br />
Letztlich, so verrät der junge<br />
Pole, träume er davon, glücklich<br />
verheiratet zu sein, Kinder zu haben<br />
und vielleicht mal selbst ein<br />
eigenes Unternehmen zu führen.<br />
Klare Ziele eines Jugendlichen,<br />
der ohne Unterstützung wohl keine<br />
Chance gehabt hätte, diese zu<br />
verwirklichen, weil seine Herkunft<br />
gerade nicht egal ist.<br />
Was am Ende des Tages ein wenig<br />
in Vergessenheit gerät: Beim<br />
Mannheimer „förderband e.V.“<br />
sind auch zahlreiche deutsche Jugendliche,<br />
die Starthilfe benötigen.<br />
Die Herkunft ist letztlich also<br />
doch ein Stück weit egal, wenn<br />
auch nicht im positiven Sinne.<br />
Seite 31