dokumentation_josefstag_2012 - Bundesarbeitsgemeinschaft ...
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News | Caritasverband für die Diözese Würzburg e.V.<br />
Pressemitteilung des Caritas-Diözesanverband Würzburg<br />
Heimvorteil für Selam<br />
Caritas-Diözesanverband Würzburg<br />
Caritas in Unterfranken<br />
27.03.<strong>2012</strong><br />
Josefstag <strong>2012</strong><br />
Heimvorteil für Selam<br />
News | Caritasverband für die Diözese Würzburg e.V.<br />
Im Rahmen des Josefstages <strong>2012</strong> besuchte Domkapitular Clemens Bieber das Antonia-Werr-<br />
Zentrum St. Ludwig in Kolitzheim (bei Schweinfurt) und erwies sich dabei vor laufender Kamera<br />
als talentierter Koch.<br />
Mit tatkräftiger Unterstützung durch Ausbilderin Jutta Götz kommen die Bleche gerade noch rechtzeitig in den Ofen.<br />
Auch der Nachtisch, Sahnequark mit Himbeeren, ist hergerichtet. „Wie hat sich der Domkapitular geschlagen“, fragt<br />
der Mann vom Fernsehen und Selam antwortet: „Ganz gut, aber er ist halt noch ein wenig langsam.“<br />
Groß war das Medieninteresse an diesem sonnigen Tag im März. Das Antonia<br />
-Werr-Zentrum St. Ludwig hatte Domkapitular Clemens Bieber, 1.<br />
Bis zum Mittagessen bleibt den Vertretern von Presse, Radio und Fernsehen Zeit, um mit Schwester Agnella Kestler,<br />
der Gesamtleiterin der Einrichtung und ihrem Stellvertreter, Alfred Hußlein ins Gespräch zu kommen. Seit 1855<br />
Vorsitzender des Diözesancaritasverbands Würzburg zu sich eingeladen. Und<br />
mit dem Gast kamen Lokalpresse, Rundfunk und sogar ein Fernsehteam des<br />
engagieren sich die Oberzeller Schwestern ganz im Sinne ihrer Gründerin Antonia Werr in der Mädchen- und<br />
Frauenarbeit. Seit 1963 sind sie nun in den geschichtsträchtigen Mauern von St. Ludwig. „Jedem Mädchen und jeder<br />
Bistums über den Main bei Wipfeld. Der Josefstag möchte auf die Situation<br />
benachteiligter Jugendlicher aufmerksam machen und steht in diesen Jahr<br />
jungen Frau, die mit ihrer ganz individuellen Lebensgeschichte zu uns kommt gerecht zu werden“, so die erfahrene<br />
Leiterin, „stellt eine enorme Herausforderung dar.“<br />
unter dem Motto: „Herkunft egal – Ziel klar!“ Damit richtet sich der Focus auf<br />
junge Menschen mit Migrationshintergrund, die ihren Start ins Berufsleben<br />
Der Tisch ist gedeckt, die Pizza duftet einladend. Selam strahlt und kann mit Recht stolz auf sich sein. Und mir<br />
nichts, dir nichts sind die Köstlichkeiten verzehrt. Was bleibt ist die Geschichte von Selam, die hier nur<br />
unter erschwerten Bedingungen antreten müssen.<br />
stellvertretend für die vielen Geschichten von Jugendlichen mit Migrationshintergrund steht. „Selam, das heißt<br />
Freiheit“, verkündet die junge Frau und verabschiedet sich.<br />
Domkapitular Clemens Bieber im Gespräch mit Selam<br />
Eyob, Auszubildende im Antonia-Werr-Zentrum. Immer<br />
Selam ist eine von ihnen. Die junge Frau musste viel durchmachen, bevor sie<br />
im Antonia-Werr-Zentrum Zuflucht und Heimat fand. Geboren wurde sie in<br />
Mehr Informationen zum Antonia-Werr-Zentrum finden Sie hier.<br />
dabei: die Kamera der bistumseigenen<br />
Fernsehredaktion.<br />
Eritrea, einem von Armut und Gewalt gebeutelten Land im Osten Afrikas.<br />
Vater und Bruder hat der Krieg gegen den großen Nachbarn Äthiopien<br />
Weitere Informationen zum Josefstag <strong>2012</strong> gibt es hier.<br />
© Sebastian Schoknecht<br />
Der Beitrag der Fernsehredaktion des Bistums kann hier angeschaut werden.<br />
verschlungen. Die Flucht nach Europa führte über den Sudan. „Wir waren<br />
zwei Wochen zu Fuß unterwegs. Noch heute erinnere ich mich an den Sand<br />
unter meinen Füßen, der mich kaum vorankommen ließ. Um uns herum sind Frauen und Kinder einfach gestorben.<br />
Im Sudan saß ich mit meiner Mutter eine halbe Ewigkeit in einem dunklen Verschlag. Wir haben auf irgendeinen<br />
Sebastian Schoknecht<br />
Mann gewartet, der uns Pässe für den Flug nach Deutschland beschaffen wollte. Am Ende stand ich mit meiner<br />
kranken Mutter allein und ohne Papiere auf dem Frankfurter Flughafen.“ Das alles liegt Jahre zurück und ist<br />
© <strong>2012</strong> Caritasverband für die Diözese Würzburg e.V. · Impressum<br />
trotzdem nicht vergessen. Selam erzählt, dass sie plötzlich nicht mehr gehen konnte. Erst als sie den Ärzten ihre<br />
traumatischen Erlebnisse schilderte, wurde denen klar, was los ist. Ein Gewaltmarsch durch den Osten Afrikas geht<br />
an der Seele eines Kindes nicht spurlos vorüber.<br />
Im Antonia-Werr-Zentrum, das von den Oberzeller Franziskanerinnen geleitet wird, macht Selam unter geschützten<br />
Bedingungen eine Ausbildung zur Hauswirtschaftlerin. Daneben ermöglicht die heilpädagogische Einrichtung für<br />
Mädchen und junge Frauen Abschlüsse im Bereich Gartenbau und Damenschneiderei. Heute kann Selam einen Teil<br />
ihres Wissens und Könnens an Domkapitular Bieber weitergeben. Der tauscht sein schwarzes Jackett gegen eine<br />
blütenweiße Küchenschürze und bekommt zwischen Schneidebrett und Rührschüssel genaue Anweisungen für die<br />
Zubereitung von Pizza. Selam erzählt: „Ich hatte es schwer, habe mir nichts zugetraut und hatte für mich keine<br />
Perspektive. Es gab viel Ärger mit Lehrern. Hier in St. Ludwig hat man mir gesagt, dass ich was kann.“ Und in der<br />
Tat ist Selam freundlich, aber doch selbstbewusst. Sie gibt genaue Anweisungen und scheint sich ihres Heimvorteils<br />
bewusst zu sein.<br />
Obwohl Domkapitular Bieber sich voll und ganz auf sein neu erlerntes Handwerk und die moderne Küchentechnik<br />
konzentrieren muss, gehen viele Fragen der Lokalpresse und Fernsehredaktion auf ihn nieder. „Jugendliche wie<br />
Selam brauchen besondere Unterstützung“, setzt Bieber an. „Sie kommen aus einer anderen Kultur, haben oft<br />
traumatische Erfahrungen gemacht, die aufgearbeitet werden müssen, damit es wieder vorangehen kann.“ Der<br />
Seite 93<br />
Domkapitular stellt klar, dass eine Einrichtung wie St. Ludwig qualifiziertes Personal für Betreuung, Therapie und<br />
Ausbildung brauche und damit hohe Kosten verursache. Die seien aber eine lohnende Investition in die Zukunft,