Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter
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M E D I Z I N<br />
Eltern autistischer Kinder. Aber auch<br />
hier gibt es die Gefahr, dass die Eltern<br />
sich nicht richtig wohl fühlen, weil in einer<br />
solchen Gruppe das Verständnis für<br />
Down-Syndrom fehlt.<br />
Down-Syndrom und Autismus –<br />
Was bedeutet das?<br />
1. Verhaltensaspekte<br />
Um das Kind wirklich zu verstehen, hilft<br />
einem die Diagnose Down-Syndrom und<br />
Autismus allein kaum weiter. Es wird<br />
noch komplizierter, weil es kaum Informationen<br />
über diese Diagnose gibt und<br />
man deshalb nicht weiß, welche medizinischen<br />
und therapeutischen Behandlungen<br />
in Frage kommen. Um festzustellen,<br />
welche Verhaltensweisen am<br />
häufigsten bei Down-Syndrom und Autismus<br />
auftreten, haben wir verschiedene<br />
Studien durchgeführt, wobei Kontrollgruppen<br />
(für Sex und Alter, Down-<br />
Syndrom und Autismus und nur Down-<br />
Syndrom) miteinander verglichen wurden.<br />
Bei dieser Studie sammelten wir<br />
verschiedene Daten: einmal die Ergebnisse,<br />
die wir aus dem ABC-Test bekamen,<br />
wir brauchten eine detaillierte Beschreibung<br />
der Entwicklung des Kindes<br />
und ein ausführliches Gutachten über<br />
das Verhalten des Kindes. Aus dieser<br />
Studie konnten wir Folgendes ableiten:<br />
Kinder mit Down-Syndrom und Autismus<br />
zeigen öfter:<br />
1. Entwicklungsrückschritte, inklusive<br />
Verlust von Sprache und sozialen<br />
Fähigkeiten,<br />
2. wenig Kommunikationsfähigkeiten<br />
(viele Kinder hatten keine<br />
sinnvolle Sprache, benutzen auch<br />
keinerlei Gebärden),<br />
3. selbst verletzendes oder zerstörerisches<br />
Verhalten (wie Hautpflücken,<br />
beißen, sich auf den Kopf<br />
hauen oder den Kopf anschlagen)<br />
4. repetitive motorische Manierismen<br />
(Zähneknirschen, schnelle<br />
Bewegungen von Händen,<br />
Schaukeln mit dem Körper),<br />
5. ungewöhnliche Laute (Brummen,<br />
Summen oder heisere Laute),<br />
6. ungewöhnliche Sensibilität für<br />
äußere Reize (Starren auf Lichter,<br />
Empfindlichkeit bei bestimmten<br />
Geräuschen),<br />
7. Probleme bei der Nahrungsaufnahme<br />
(Verweigern oder eine starke<br />
Vorliebe für bestimmte Speisen)<br />
8. übertriebene Angstzustände oder<br />
26 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>34</strong>, <strong>Mai</strong> 2000<br />
auch fehlende Angst vor realen Gefahren,<br />
Reizbarkeit, großes Unbehagen<br />
über Änderungen in der alltäglichen<br />
Umgebung, Hyperaktivität,<br />
Schlafprobleme.<br />
Weiter fiel auf, dass:<br />
Kinder mit Down-Syndrom und<br />
Autismus deutlich mehr Punkte<br />
erreichten in allen fünf Teilbereichen<br />
(Wahrnehmung, zwischenmenschliche<br />
Beziehungen, Umgang<br />
mit dem eigenen Körper und<br />
mit Objekten, Gebrauch von Sprache<br />
und soziale Kompetenz) des<br />
ABC-Tests als Kinder mit nur<br />
Down-Syndrom,<br />
Kinder mit Down-Syndrom und<br />
Autismus weniger Defizite zeigten<br />
beim Aufnehmen sozialer Kontakte<br />
als Kinder, die nur Autismus<br />
hatten,<br />
Kinder mit Down-Syndrom und<br />
Autismus mehr stereotype Körperbewegungen<br />
und Beschäftigung<br />
mit Objekten zeigten als Kinder<br />
mit nur Autismus,<br />
Kinder mit Down-Syndrom und<br />
Autismus mehr Punkte erreichten<br />
in allen fünf Bereichen des ABC-<br />
Tests als schwer geistig behinderte<br />
Kinder,<br />
Kinder mit Down-Syndrom, die<br />
schwer geistig beeinträchtigt sind,<br />
nicht notwendigerweise auch<br />
Autismus haben.<br />
Diese Studien haben mir bewiesen, dass<br />
Kinder mit Down-Syndrom und Autismus<br />
deutlich zu unterscheiden sind von<br />
den “typischen” Kindern mit Down-Syndrom<br />
und auch von Kindern mit einer<br />
schweren geistigen Behinderung (darunter<br />
könnten auch Kinder mit Down-<br />
Syndrom sein). Und obwohl es stimmt,<br />
dass autistische Züge und ein niedriger<br />
Entwicklungsstand häufig zusammen<br />
auftreten, ist es nicht richtig zu behaupten,<br />
dass autistische Verhaltensweisen<br />
nur mit einem niedrigen kognitiven Niveau<br />
zusammenhängen.<br />
2. Begleitende gesundheitliche<br />
Probleme<br />
Die Frage tauchte auf, ob es auch einen<br />
Unterschied gibt bei dem gesundheitlichen<br />
Zustand von Kindern mit Down-<br />
Syndrom und von denjenigen mit Down-<br />
Syndrom und Autismus. Auch dem sind<br />
wir bei unserer Studie nachgegangen<br />
und haben folgende Auffälligkeiten festgestellt,<br />
die jedoch erst als vorläufige Ergebnisse<br />
betrachtet werden müssen, da<br />
die Anzahl der untersuchten Kinder<br />
noch nicht ausreicht, um definitive Aussagen<br />
zu treffen.<br />
Kinder mit Down-Syndrom und Autismus<br />
haben häufiger:<br />
angeborene Herzfehler und Probleme<br />
im Magen-Darmbereich,<br />
neurologische Auffälligkeiten<br />
(Krämpfe, Schluckprobleme und<br />
Verzögerung der motorischen Entwicklung,<br />
sind häufig extrem<br />
hypoton),<br />
Augenprobleme,<br />
Atemprobleme (Lungenentzündung<br />
und Schlafapnoe),<br />
insgesamt mehr medizinische<br />
Komplikationen.<br />
Diagnose Down-Syndrom und<br />
Autismus. Was tun?<br />
Wenn man nach langem erfolglosem<br />
Suchen nach einer Erklärung für das<br />
Verhalten des Kindes endlich die Diagnose<br />
kennt, kann dies zunächst eine Erleichterung<br />
bedeuten. Aber diese neue<br />
Behinderung Autismus wirft neue Fragen<br />
auf. Aus medizinischer Sicht gilt es<br />
zu überlegen, ob das Kind Medikamente<br />
bekommen soll, die hauptsächlich bei<br />
älteren Kindern wegen spezieller Verhaltensauffälligkeiten<br />
eine Hilfe sein<br />
können. Vor allem wenn das Verhalten<br />
das Lernen oder die soziale Akzeptanz<br />
des Kindes beeinträchtigt. Obwohl es<br />
weder eine Heilungsmethode gibt für<br />
Down-Syndrom noch für Autismus,<br />
können bestimmte Verhaltensweisen<br />
dennoch behandelt werden. Dies sind<br />
beispielsweise:<br />
Hyperaktivität und Aufmerksamkeitsprobleme,<br />
Reizbarkeit und Ängste, Schlafstörungen,<br />
aggressives oder zerstörerisches<br />
Verhalten (kann manchmal reduziert<br />
werden),<br />
Rituale und repetitive Verhaltensweisen<br />
(kann manchmal reduziert<br />
werden),<br />
selbst verletzendes Verhalten<br />
(kann manchmal reduziert werden).<br />
Bei allen Bemühungen, die Sie unternehmen,<br />
um so gut wie möglich für das<br />
Kind zu sorgen, sollten Sie nicht das<br />
Wohl der Familie aus dem Auge verlie-