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Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

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E R F A H R U N G S B E R I C H T<br />

Erfahrungen mit Ärzten<br />

Immer wieder bekommen wir Briefe von Lesern, die sich<br />

über das Verhalten von Ärzten ärgern. Aus unserer<br />

Umfrage, deren Ergebnisse wir in der nächsten<br />

Zeitschrift veröffentlichen werden, war eine relativ<br />

positive Tendenz abzulesen.Trotzdem machen Eltern<br />

häufig negative Erfahrungen. Hier folgen einige<br />

Beispiele.<br />

Frust von der Seele reden …<br />

I<br />

n letzter Zeit fällt mir immer wieder<br />

im Zusammenhang mit Down-Syndrom<br />

der Begriff “leiden” auf. Wer leidet?<br />

Meine Tochter Luisa bestimmt<br />

nicht. Sie ist ein fröhliches, aufgewecktes<br />

fünfjähriges Mädchen. Aber ich, ich<br />

leide. Nicht durch die Tatsache, dass<br />

Luisa das Down-Syndrom hat, sondern<br />

an unserer Umwelt und was man so alles<br />

geboten bekommt. Diese M...-Wörter<br />

z.B., an denen man sich immer wieder<br />

stößt. Natürlich spricht man auch in der<br />

Familie darüber, um sich mal Luft zu<br />

machen. Und dann passiert Folgendes.<br />

Da kommt doch vor zwei Wochen mein<br />

Sohn Sebastian, 13 Jahre alt, aus der<br />

Schule und sagt: “Ich verstehe gar nicht,<br />

wieso du dich immer so aufregst, es ist<br />

doch nicht schlimm, wenn man M...<br />

sagt, das hat doch nur was mit der Stellung<br />

der Augen zu tun.” Ich fragte ihn,<br />

wie er denn auf diesen Blödsinn käme,<br />

und da zeigte er mir einen Artikel aus<br />

seinem Biologie-Buch.<br />

Was ich da las, konnte ich erst gar<br />

nicht fassen. In einem Artikel von einer<br />

halben Buchseite kam mindestens<br />

zwanzig Mal ein M-Wort vor, u.a. mit<br />

der Erklärung, dass dies durch die Augenstellung<br />

so benannt wurde, dass M...<br />

erblich sei, aber dass man dieses Leiden<br />

mit Krankengymnastik und Ergotherapie<br />

lindern könnte. Ich habe daraufhin<br />

Ihren Artikel über Ihr Einweihungsfest<br />

mit der leicht verständlichen Erklärung<br />

(auch ohne akademischen Grad) kopiert<br />

und mit der Bitte um Kenntnisnahme<br />

der Biologielehrerin meines Sohnes mitgegeben<br />

und außerdem darum gebeten,<br />

es den Schülern doch bitte gleich richtig<br />

28 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>34</strong>, <strong>Mai</strong> 2000<br />

beizubringen. Die Lehrerin gab meinem<br />

Sohn zur Antwort, dass sie dies erst mal<br />

mit ihrem Freund besprechen müsse,<br />

dieser sei Kinderarzt. Zum Glück ein<br />

Arzt, der sich auskennt, denn er bestätigte<br />

Ihren Artikel und mein Schreiben.<br />

Na, da haben wir wohl Glück gehabt.<br />

Zum Thema Erlebnisse mit Ärzten<br />

muss ich sagen, dass mir vor allen Dingen<br />

in dieser Berufssparte das Schubladendenken<br />

größten Kummer bereitet.<br />

Als Luise eineinhalb Jahre alt war, hatte<br />

sie gehäuft schwere Harnwegsinfekte<br />

und kam ins Krankenhaus Abteilung<br />

Urologie, wo man sie verschiedenen<br />

schmerzhaften Untersuchungen unterzog.<br />

Mit dem Ergebnis, dass es eigentlich<br />

kein Ergebnis gab. Nun muss man<br />

dazu sagen, dass Luisa kurz vorher am<br />

Herz operiert wurde und herzentlastende<br />

Medikamente nehmen musste. Im<br />

Beipackzettel stand deutlich: Kann zu<br />

Blasenentleerungsstörungen führen. Ich<br />

habe die Ärzte mehrmals darauf hingewiesen,<br />

aber das interessierte niemanden.<br />

Erst auf mein Drängen, ob Luisa<br />

denn das Medikament überhaupt noch<br />

brauchte, sagte der Professor: “Nein,<br />

man könne dies unter ärztlicher Beobachtung<br />

absetzen.” Und siehe da,<br />

nach Absetzen des Medikaments waren<br />

alle Blasenstörungen verschwunden.<br />

Unsere Ergotherapeutin ist eine<br />

Schülerin von Dr. Castillo Morales und<br />

machte uns darauf aufmerksam, dass<br />

dieser Arzt empfiehlt, Kinder mit Down-<br />

Syndrom eventuell Biotin zu geben,<br />

nach Kontrolle des Vitamin-H-Spiegels,<br />

wegen der Muskulatur, des Bindegewebes<br />

usw. Ich bat daher unseren Kin-<br />

Luisa – ein aufgewecktes<br />

Mädchen. Sie “leidet” nicht<br />

an ihrem Down-Syndrom.<br />

derarzt, solch eine Untersuchung durchzuführen.<br />

Erst hat er es immer wieder<br />

verzögert, dann sagte er, er habe kein<br />

Labor, das ihm diese Untersuchung machen<br />

würde, und zu guter Letzt meinte<br />

er, wenn die Luisa nun sowieso ins<br />

Krankenhaus käme, um oben erwähntes<br />

Medikament abzusetzen, dann würde<br />

man dort sowieso eine größere Untersuchung<br />

durchführen und man könne<br />

dies dann gleich mitmachen. Auch im<br />

Krankenhaus habe ich verstärkt und<br />

immer wieder darauf hingewiesen, dass<br />

dieser Test bitte gemacht werden solle.<br />

Als wir entlassen wurden, teilte man mir<br />

mit, man hätte das ganz vergessen.<br />

Nachdem Luisa keine Harnwegsinfekte<br />

mehr hatte, sagte unser Kinderarzt:<br />

“Na, da hat die Mutti mit ihrer Vermutung,<br />

es kommt von den Medikamenten,<br />

denn wohl doch Recht gehabt”,<br />

sprach es und machte plötzlich doch<br />

den Vitamin-H-Test.<br />

Auch als Luisa im September 1999<br />

in einer der führenden orthopädischen<br />

Kliniken Deutschlands an beiden Knien<br />

operiert wurde, kam nach der OP ein<br />

sehr junger, wohl noch vor kurzem im<br />

Hörsaal gesessener Arzt zu uns, der uns<br />

erklärte, dass bei den M-Patienten die<br />

Heilung wohl länger dauere, da ja alle<br />

M-Menschen sowieso eine Gewebeschwäche<br />

hätten. Und deshalb unsere<br />

M-Tochter …, da wurde es mir zu viel<br />

und ich habe ihn gebeten, doch die Bezeichnung<br />

Trisomie oder Down-Syndrom<br />

zu benutzen. Er sah mich verständnislos<br />

an und gab mir zur Antwort,<br />

er könne gar nicht verstehen, was ich<br />

wolle, er meinte ja schließlich absolut

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