08.02.2013 Aufrufe

Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Hilf mir, es selbst zu tun<br />

Autorinnen: Christel Fisgus, Gertrud<br />

Kraft<br />

Hg. Auer Verlag<br />

ISBN 3-403-02467-9<br />

Preis: DM 39,80<br />

Morgen wird es wieder schön<br />

Autorinnen: Christel Fisgus, Gertrud<br />

Kraft<br />

Hg. Auer Verlag<br />

ISBN 3-403-02638-8<br />

Preis: DM 39,80<br />

Beide Bände sind unentbehrliche Lektüre<br />

für Pädagogen/innen in der Regelschule,<br />

die Montessori-Pädagogik und<br />

damit handelndes Lernen in ihre Arbeit<br />

einfließen lassen wollen. Einleitend<br />

wird eine umfassende Einführung in die<br />

pädagogisch-didaktischen Unterrichtsmethoden<br />

Maria Montessoris gegeben.<br />

Die verschiedenen Lernbereiche,<br />

Übungen des täglichen Lebens, Sinneserziehung,<br />

Mathematik, Sprache und<br />

kosmische Erziehung werden vorgestellt.<br />

Es schließt sich eine ganze Schatzkiste<br />

mit nach Unterrichtsinhalten geordneten<br />

Materialien an, die mit Fotos<br />

und Texten zur Erstellung und Beschaffung<br />

beschrieben werden. Dabei entsprechen<br />

alle Materialien den didaktischen<br />

Kriterien Montessoris: Ästhetik,<br />

Isolation der Schwierigkeit, Selbstständigkeit<br />

und Selbstkontrolle des Kindes.<br />

Im Anhang finden sich viele Kopiervorlagen<br />

und Arbeitsblatthilfen sowie Bezugsquellen<br />

der Freiarbeitsmaterialien<br />

und eine Literaturliste.<br />

Diese Bücher sind auch eine Fundgrube<br />

für Eltern, die Übungsmaterialien<br />

für ihr Kind herstellen möchten.<br />

M O N T E S S O R I<br />

Kinder mit Down-Syndrom<br />

in Montessori-Einrichtungen<br />

Einige Erfahrungsberichte wurden uns aus verschiedenen<br />

Montessori-Einrichtungen zugeschickt. Eine<br />

kleine Auswahl möchten wir hier wiedergeben.<br />

Heute will ich<br />

rechnen<br />

“Heute will ich rechnen, Frau Feiner!“<br />

Michelle steht noch in der Türe, als sie<br />

mir ihren Entschluss mitteilt. Rasch<br />

stellt sie die Schultasche an ihren Platz,<br />

um sich danach das Additionsbrett und<br />

ihr Heft aus dem Regal zu holen.<br />

Sorgfältig legt sie das Material zurecht<br />

und beginnt, Additionsaufgaben im<br />

20er Raum zu lösen.<br />

Marcel und Tobias können sich nicht<br />

so schnell entscheiden. Eine Weile stehen<br />

sie unschlüssig da. Marcel zeigt auf<br />

die Kiste mit den Sandsäckchen, Tobias<br />

nickt und nimmt die dazugehörigen<br />

Zahlenkarten. Beide setzen sich auf den<br />

Teppich und beginnen, die Säckchen<br />

nach Farben zu sortieren, Türme daraus<br />

zu bauen, sie zu zählen und den<br />

entsprechenden Ziffern zuzuordnen.<br />

Johanna kommt als Letzte ins Klassenzimmer.<br />

Sie begrüßt und beobachtet<br />

zunächst ihre Mitschüler. Danach nimmt<br />

sie das Tablett mit verschiedenen<br />

Gefäßen zum Wasser-Gießen, trägt es<br />

an den dafür bestimmten kleinen Extra-<br />

Tisch, füllt einen Messbecher am Waschbecken<br />

mit Wasser, trägt ihn zurück<br />

und beginnt, mit Trichtern und Flaschen<br />

zu hantieren.<br />

Diese vier Kinder mit Down-Syndrom<br />

besuchen jetzt im zweiten Schuljahr<br />

mit fünf anderen Kindern eine Klasse,<br />

in der nach den Methoden Maria<br />

Montessoris gearbeitet wird.<br />

Nach mehreren Jahren Unterrichtserfahrung<br />

als Lehrerin in der Unterstufe<br />

der Schule zur individuellen Lebensbewältigung<br />

entschloss ich mich, eine<br />

Montessori-Ausbildung zu machen und<br />

entsprechend zu arbeiten. Die Schulleitung<br />

stand meinen Absichten sehr positiv<br />

gegenüber und stellte mir Spendengelder<br />

zur Anschaffung von Montessori-<br />

Material zur Verfügung.<br />

Freiarbeit – nur scheinbares Chaos<br />

“Hilf mir, es selbst zu tun!” ist nun der<br />

Leitsatz meines gesamten Unterrichts<br />

geworden. So beginnt jetzt jeder Schultag<br />

mit einer Stunde Frei-Arbeit. Das<br />

heißt, die Kinder entscheiden sich für eine<br />

bestimmte Tätigkeit, bemühen sich,<br />

sie so selbstständig wie möglich durchzuführen,<br />

und räumen danach wieder<br />

auf. Am Ende dieser Phase treffen sich<br />

alle im Kreis und berichten oder zeigen,<br />

was sie getan haben.<br />

Ein zufälliger Beobachter könnte<br />

über unseren Tagesbeginn ziemlich<br />

entsetzt sein. Es herrscht ein sonst in<br />

der Schule kaum übliches Durcheinander.<br />

Doch dieses scheinbare Chaos unterliegt<br />

bestimmten Regeln, an die sich<br />

alle Kinder halten.<br />

Die Kinder lieben diese Phase. Eine<br />

Kollegin berichtete mir, dass einer meiner<br />

Schüler seinem Bruder sagte:<br />

“Ätsch, ich fang mit Frei-Arbeit an!”<br />

Und das nicht etwa, weil hier die Chance<br />

zum süßen Nichtstun liegt. Jedes<br />

Kind will lernen! Diese Grundthese Maria<br />

Montessoris kann ich aus täglicher<br />

Beobachtung heraus nur bestätigen. In<br />

der Frei-Arbeit kann jedes Kind seinen<br />

Neigungen und vor allem seinem Leistungsstand<br />

entsprechend aktiv sein. So<br />

kann Tobias sich mit Farben und Formen<br />

beschäftigen und Michelle gleichzeitig<br />

ihre Additionsaufgaben ausführen.<br />

An einem Tisch werden Buchstaben<br />

und Gegenstände einander zugeordnet,<br />

am Nachbartisch Wörter gelesen<br />

und geschrieben. Das ist individuelle<br />

Differenzierung, wie sie in keiner anderen<br />

Unterrichtsform möglich ist.<br />

“Frau Feiner, ich brauch dich gar<br />

nicht. Das kann ich allein!”, strahlt mich<br />

Marcel an. Ein wunderbarer Satz für<br />

meine Lehrerohren! Wirklich arbeitet er<br />

eine ganze Weile konzentriert mit den<br />

Zylinderblocks. Eines der Hauptziele<br />

des Unterrichts liegt darin, die Selbstständigkeit<br />

der Schüler zu fördern.<br />

Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>34</strong>, <strong>Mai</strong> 2000 41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!