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Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

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A U S L A N D<br />

Down-Syndrom<br />

an der Schwelle zum<br />

21. Jahrhundert<br />

Siegfried Pueschel<br />

A<br />

n der Schwelle zum 21. Jahrhundert<br />

sollten wir uns Gedanken machen<br />

über verschiedene wichtige Aspekte<br />

des Down-Syndroms und uns einige<br />

wesentliche Fragen stellen.<br />

Erstens: Welche medizinischen Hilfen<br />

können wir Personen mit Down-<br />

Syndrom in den nächsten Jahren bereitstellen,<br />

damit sie sich einer guten<br />

Gesundheit und eines langen Lebens<br />

erfreuen können?<br />

Zweitens: Was werden in der Zukunft<br />

die wichtigsten pädagogischen<br />

Ziele sein, wodurch es Kindern mit<br />

Down-Syndrom ermöglicht wird, später<br />

ein produktives Leben in der Arbeitswelt<br />

zu führen.<br />

Drittens: Auf welchen Gebieten sollte<br />

die Forschung in den kommenden<br />

Jahren vorangetrieben werden, damit<br />

Mediziner und Pädagogen bei ihren<br />

Bemühungen um eine optimale Betreuung<br />

und Erziehung für Menschen<br />

mit Down-Syndrom unterstützt werden,<br />

sodass diese sich in der Gesellschaft gut<br />

zurechtfinden.<br />

Viertens: Wie können wir die Lebensqualität<br />

von Personen mit Down-Syndrom<br />

verbessern, damit sie als gleichwertige<br />

Bürger in unserer Gesellschaft<br />

aufgenommen werden.<br />

Ich werde in diesem Beitrag versuchen,<br />

Antworten auf einige dieser<br />

Fragen zu geben. Zunächst möchte ich<br />

die medizinischen Themen ansprechen.<br />

Medizinische Aspekte<br />

Es ist allgemein bekannt, dass Menschen<br />

mit Down-Syndrom früher eine<br />

angemessene medizinische Versorgung<br />

verwehrt blieb. Sie kamen nicht einmal<br />

in den Genuss der elementarsten medizinischen<br />

Hilfen. Kinder mit Down-Syndrom<br />

wurden in der Vergangenheit oft<br />

in Heime gesteckt und gesundheitliche<br />

Probleme, wie Infektionen, angeborene<br />

Herzfehler, Magen-Darmkrankheiten,<br />

<strong>34</strong> Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>34</strong>, <strong>Mai</strong> 2000<br />

wurden weder erkannt noch angemessen<br />

behandelt.<br />

Zum Glück hat sich die medizinische<br />

Betreuung für Menschen mit Down-Syndrom<br />

in den letzten zehn, zwanzig Jahren<br />

enorm verbessert. Das ist nicht nur<br />

dem wachsenden Bewusstsein fürsorglicher<br />

Ärzte zu verdanken, die erkannten,<br />

dass eine Anzahl medizinischer<br />

Besonderheiten häufig bei Down-Syndrom<br />

vorkam, sondern zu einem großen<br />

Teil beruht dies auch auf der Initiative<br />

von Menschen wie Mary Coleman, die<br />

schon Anfang der achtziger Jahren eine<br />

medizinische Checkliste entwarf, oder<br />

wie die Ärzte Bill Cohen und Bonnie Patterson,<br />

die uns durch hervorragend zusammengestellte,<br />

regelmäßig aktualisierte<br />

Richtlinien eine optimale medizinische<br />

Versorgung für Menschen mit<br />

Down-Syndrom ermöglichten.<br />

Aber welche Richtung schlagen wir<br />

jetzt ein? Ich bin sicher, dass die Zukunft<br />

aktuelle Forschungserkenntnisse<br />

und neueste Informationen bringen<br />

wird, die dann in die bestehenden Richtlinien<br />

für die Betreuung von Personen<br />

mit Down-Syndrom einfließen müssen.<br />

Zu den vielen medizinischen Aspekten<br />

gehören auch einige, deren Erkenntnisse<br />

uns bei der zukünftigen medizinischen<br />

Betreuung von Personen mit<br />

Down-Syndrom neue Wege aufzeigen<br />

werden, z.B. die neuen Ernährungsaspekte,<br />

die Funktion des Nervensystems<br />

und oxygene Stoffwechsel bei Alterungsprozessen,<br />

um nur einige zu nennen.<br />

Ich bin davon überzeugt, wenn es<br />

uns gelingen wird, Menschen mit Down-<br />

Syndrom die bestmögliche medizinische<br />

Versorgung zu bieten und dabei zu beachten,<br />

dass alle Bereiche der menschlichen<br />

Funktionen miteinbezogen werden,<br />

dass dann ihre Lebensqualität bedeutend<br />

verbessert wird und sie einen<br />

wesentlichen Beitrag liefern können<br />

zum Leben in der Gesellschaft.<br />

Pädagogische Aspekte<br />

Ich möchte jetzt kurz eingehen auf einige<br />

psychologische und pädagogische<br />

Aspekte und betonen, dass genau wie<br />

im biomedizinischen Bereich auch die<br />

Erziehung von Kindern mit Down-Syndrom<br />

in der Zukunft verbessert werden<br />

muss. Innerhalb der Frühförderung<br />

z.B. sollte mehr auf Qualität als auf<br />

Quantität geachtet werden. Wir wissen,<br />

wie wichtig die frühen Erfahrungen für<br />

die Entwicklung des Gehirns sind und<br />

wie die Plastizität des zentralen Nervensystems<br />

noch beeinflusst werden<br />

kann. Deshalb muss man Frühförderung<br />

für junge Kinder mit Down-Syndrom<br />

so konzipieren, dass Stimulation<br />

und Anregungen aus der Umwelt in den<br />

Mittelpunkt gestellt werden, um so noch<br />

funktionelle Änderungen im zentralen<br />

Nervensystem des kleinen Kindes zu bewirken.<br />

Was dieses Thema anbelangt,<br />

sind die Experimente mit Mäusen, die<br />

von Prof. Flores durchgeführt werden,<br />

höchst interessant. Andere Bereiche der<br />

Erziehung und Bildung sind das Miteinbeziehen<br />

unserer Schüler mit Down-<br />

Syndrom in den integrativen Unterricht<br />

und danach die Begleitung bei einem<br />

möglichst harmonischen Übergang von<br />

der Schule in die Arbeitswelt. Die Schule<br />

sollte das Kind mit Down-Syndrom<br />

stimulieren, ihm wertvolle Erfahrungen<br />

vermitteln, ihm die Welt als einen spannenden,<br />

interessanten Ort schmackhaft<br />

machen, damit das Kind Lust bekommt,<br />

seine Welt zu entdecken. Wenn die<br />

Schule sich versteht als ein Ort, wo die<br />

Humanisierung des Unterrichts Teil der<br />

integrativen Beschulung ist, wenn dort<br />

jeder Schüler als eine individuelle<br />

Persönlichkeit angesehen wird und<br />

wenn die Schule für alle Schüler Bedingungen<br />

schafft, die zur Selbsterfüllung<br />

führen, dann wird sich dort auch der<br />

junge Mensch mit Down-Syndrom optimal<br />

entwickeln und entfalten können.

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