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Nr. 34, Mai - DS-InfoCenter

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M O N T E S S O R I<br />

Hilf mir, es selbst zu tun –<br />

Montessori-Pädagogik im Überblick<br />

Nicole Schweiger<br />

Im Zusammenhang mit der Integration behinderter Kinder in Regelkindergärten<br />

und -schulen werden immer wieder Montessori-Einrichtungen genannt.<br />

Wer war Maria Montessori und welche pädagogischen Grundgedanken stecken in<br />

ihrem Erziehungskonzept? Ein Streifzug durch Leben und Ansichten einer<br />

bemerkenswerten Frau sowie kurze Ausführungen zum Montessori-Material sollen<br />

einen ersten Einblick geben, während die sich anschließenden Erfahrungsberichte ein<br />

Stück Praxis zeigen.<br />

Maria Montessori<br />

1870 in Italien geboren besuchte Maria<br />

Montessori zunächst eine technische<br />

Schule für Jungen, bevor sie ihr Medizinstudium<br />

aufnahm und 1896 zur ersten<br />

weiblichen Ärztin Italiens promovierte.<br />

Während ihrer Assistenzarztzeit<br />

an der Psychiatrischen Universitätsklinik<br />

von Rom hatte sie erste Kontakte zu<br />

den sozial deprivierten Kindern der<br />

weiblichen Patientinnen. Durch intensive<br />

Förderung erreichte Montessori bei<br />

ihnen eine normale Intelligenz.<br />

Um 1900 engagierte sie sich auf dem<br />

Londoner Frauenkongress für ausgebeutete<br />

Kinder in sizilianischen Minen.<br />

Das Recht des geistig behinderten Kindes<br />

auf Achtung in der Gesellschaft war<br />

Thema ihrer Vortragsreihe auf einem<br />

Turiner Kongress.<br />

Es folgten die Leitungstätigkeit an einer<br />

Heilpädagogenschule, das Studium<br />

der Psychologie und Philosophie sowie<br />

eine Professur für Anthropologie.<br />

1907 eröffnete sie im Slumviertel<br />

von Rom das erste “casa dei bambini“<br />

(Kinderhaus) zur Betreuung sozial vernachlässigter<br />

Vorschulkinder, deren<br />

Leitung Montessori übernahm. Hier<br />

kam erstmals das Sinnesmaterial zur<br />

Anwendung.<br />

In den folgenden Jahren legte Montessori<br />

ihre Beobachtungen und Prinzipien<br />

schriftlich nieder und widmete sich<br />

der Ausbildung von Erzieherinnen und<br />

Lehrerinnen. Ihre Pädagogik fand internationale<br />

Beachtung. Während der Zeit<br />

des Nationalsozialismus wurden die<br />

Einrichtungen in Italien, Österreich und<br />

Deutschland geschlossen, Montessoris<br />

36 Leben mit Down-Syndrom <strong>Nr</strong>. <strong>34</strong>, <strong>Mai</strong> 2000<br />

Bücher verbrannt. Die Montessori-Vereinigung<br />

verlegte ihren Sitz von Berlin<br />

nach Amsterdam. 1952 starb Maria<br />

Montessori in Holland.<br />

Prinzipien der Montessori-<br />

Pädagogik<br />

Während ihrer pädagogischen Arbeit<br />

beobachtete Montessori das Phänomen,<br />

dass Kinder zu bestimmten Zeiten besonders<br />

sensibel für die Aufnahme von<br />

Lernreizen sind. Während dieser “sensiblen<br />

Phasen” saugen die Kinder Wissen<br />

nahezu mühelos in sich auf, das sie<br />

sich später hart erarbeiten müssten (absorbierender<br />

Geist). Da das Kind Umwelteinflüsse<br />

wahllos absorbiert und<br />

nicht zwischen Gut und Schlecht unterscheiden<br />

kann, hat der Erwachsene in<br />

dieser Zeit Vorbildfunktion und damit<br />

eine große Verantwortung.<br />

Der Erwachsene trägt auch dafür<br />

Sorge, dass die sensiblen Phasen nicht<br />

nutzlos verstreichen. Gerade bei behinderten<br />

Kindern ist es möglich, dass diese<br />

nicht offen hervortreten. Eine zentrale<br />

Aufgabe des Montessori-Erziehers<br />

sind also die genaue Beobachtung jedes<br />

“Der Weg, auf dem die<br />

Schwachen sich stärken,<br />

ist der gleiche wie der<br />

Weg, auf dem die Starken<br />

sich vervollkommnen.”<br />

Maria Montessori<br />

Kindes und eine so genannte experimental-pädagogische<br />

Kompetenz, d.h.,<br />

für jedes Kind müssen mit Fantasie und<br />

Kreativität individuell passende Fördermöglichkeiten<br />

gefunden werden.<br />

Eventuell ist eine Adaptation des vorhandenen<br />

Materials nötig, sodass es in<br />

Größe und Handlichkeit dem Kind entspricht<br />

und es zu entsprechenden Handlungen<br />

animiert und motiviert.<br />

Montessori und Integration<br />

Eine wichtige Rolle in der Montessori-<br />

Pädagogik spielt die vorbereitete Umgebung,<br />

die vom Erzieher immer wieder<br />

neu den Ansprüchen des Kindes gemäß<br />

geschaffen wird. Dazu gehören nicht<br />

nur die bereitgestellten Materialien,<br />

sondern auch die Repräsentation der<br />

sozialen Wirklichkeit, d.h., in der Gruppe<br />

sollen Mädchen und Jungen, ältere<br />

und jüngere, ausländische und deutsche,<br />

behinderte und nicht behinderte<br />

Kinder miteinander leben und lernen.<br />

Das Prinzip der Altersmischung, das<br />

im Kindergarten gewährleistet ist, findet<br />

sich jedoch nicht in jeder Montessori-<br />

Schule, da einige Lehrkräfte Probleme<br />

in der Umsetzung sehen.<br />

Auch die Integration behinderter<br />

Kinder gestaltet sich in der Schule auf<br />

Grund gesetzlicher Schranken schwieriger.<br />

Oft nehmen Montessori-Schulen<br />

jedoch einige wenige Kinder mit einer<br />

Behinderung im Rahmen von Einzelintegration<br />

auf. Das pädagogische Prinzip<br />

Montessoris ist geradezu prädestiniert<br />

für das gemeinsame Lernen. “Der Weg,<br />

auf dem die Schwachen sich stärken, ist<br />

der gleiche wie der Weg, auf dem die

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