Spielzeitheft 2011/12 - Theater Ingolstadt
Spielzeitheft 2011/12 - Theater Ingolstadt
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Liebes Publikum,<br />
ich freue mich sehr, Ihnen den ersten Spielplan des neuen Leitungsteams<br />
vorstellen zu dürfen. Ewige Vorfreude wäre ewiges<br />
Glück, sagt man; aber einen ersten Spielplan für eine für mich<br />
neue Stadt vorzustellen, konkretisiert die vielen Gespräche,<br />
Überlegungen und Fantasien über den Ort, an dem und für den<br />
wir in den kommenden Jahren <strong>Theater</strong> präsentieren werden.<br />
Insofern wäre es ein sehr konkretes Glück, einen Zugang gefunden<br />
zu haben für das Publikum an dem Ort, um den es geht:<br />
<strong>Ingolstadt</strong>.<br />
Der Spielplan beschreibt die Linie. Das Herz des <strong>Theater</strong>s aber<br />
sind die Menschen auf und hinter der Bühne. Ich bin sehr froh,<br />
in meiner Vorbereitungszeit an diesem <strong>Theater</strong> MitarbeiterInnen<br />
begegnet zu sein, die für »ihr« <strong>Theater</strong> brennen, die sich mit<br />
unglaublichem Einsatz für das <strong>Theater</strong>, für die Kunst, für jeden<br />
einzelnen Abend einsetzen. Freundlichkeit und hohe professionelle<br />
Einsatzbereitschaft der KollegInnen sind das, was ich in<br />
den ersten Monaten erfahren durfte; Offenheit für Neues und<br />
ein gutes Bewusstsein dafür, was es zu bewahren gilt. Keine<br />
schlechte Voraussetzung für einen Neu-Start.<br />
Einen Neu-Start wird es in vieler Hinsicht geben: Programmatisch,<br />
im Service, in der Leitung. Eine große Kontinuität gibt es<br />
im Ensemble. Das Ingolstädter Ensemble ist stark und es überzeugt.<br />
Und die neuen KollegInnen sollen diese Kraft bereichern.<br />
Auch die neue künstlerische <strong>Theater</strong>leitung ist auf gute Weise<br />
durchmischt: Mit Donald Berkenhoff als meinem Stellvertreter,<br />
Hausregisseur und Dramaturgen konnte ich meinen langjährigen<br />
Wegbegleiter gewinnen, mit nach <strong>Ingolstadt</strong> zu kommen.<br />
Mit Tobias Hofmann als neuem musikalischem Leiter wird eine<br />
gemeinsame fruchtbare Arbeitsbeziehung neu definiert. Dass<br />
Lene Grösch als Dramaturgin dem Stadttheater <strong>Ingolstadt</strong> erhalten<br />
bleibt, erfüllt mich mit der gleichen Freude wie die Tatsache,<br />
dass die Regisseurin und gebürtige Ingolstädterin Julia Mayr,<br />
die in den vergangenen Spielzeiten so erfolgreich die Reihe<br />
»Kleines Haus Extra« mit aufgebaut hat, nun die neu gegründete<br />
Sparte »Junges <strong>Theater</strong>« übernehmen wird, die in der »Werkstatt«<br />
ihre Heimat findet.<br />
Ein besonderer Dank geht an Prof. Sascha Lobe (Hochschule für<br />
Gestaltung, Offenbach) und die Agentur L2M3 (Stuttgart), die<br />
für den neuen Auftritt des <strong>Theater</strong>s verantwortlich sind. Die<br />
Verwendung der ebenso schönen wie ungewöhnlichen Schrift<br />
»Brauer Neue« und der deutliche grafische Bezug zur Stadt und<br />
ihrer Geschichte ergeben ein neues unverwechselbares Profil<br />
des <strong>Theater</strong>s.<br />
»Heimat« ist für Wandergesellen, die wir <strong>Theater</strong>leute nun einmal<br />
sind, ein existentielles Thema. »Heimat«, oder auch »Fremde<br />
Heimat«, ist aber auch gesellschaftlich brisant. In unserer<br />
globalisierten Welt sind wir alle einem hohen Anspruch nach<br />
Flexi bilität und Mobilität ausgesetzt; den einzigen Arbeitsplatz<br />
bis zur Rente gibt es nicht mehr, Flüchtlingsströme verunsichern<br />
gerade uns Europäer, unsere sicher geglaubte Identität<br />
gerät zunehmend ins Wanken. <strong>Ingolstadt</strong> ist ein gutes Beispiel:<br />
Die heutige Stadt mit ihren großen Veränderungen, Chancen<br />
und Verwerfungen hat mit der Stadt, die zum Beispiel Marieluise<br />
Fleißer beschreibt, nur noch wenig zu tun. Diesen Veränderungen<br />
nachzugehen, dem Verlust, aber auch den Chancen, die<br />
sich aus dieser Veränderung ergeben, ist zentrales Anliegen<br />
des <strong>Theater</strong>s <strong>Ingolstadt</strong>, dass sich bewusst den Zusatz »Stadt«<br />
theater wieder zulegt. Denn darum geht es: <strong>Theater</strong> zu sein für<br />
die Stadt, in der das <strong>Theater</strong> beheimatet ist. Und so wie der<br />
Begriff »Heimat« ambivalent ist, weil er für Enge und einen Sehnsuchtsort<br />
zugleich steht, so ist auch ein zeitgemäßes Verständnis<br />
von »Stadttheater« komplex: Es mischt sich ein, will<br />
Ort sein einer Debatte über die Zukunft der Stadt, in der wir<br />
leben wollen, ist aber mitunter möglicherweise unbequem, jedoch<br />
immer voller Sympathie für die Widersprüche, die unser<br />
Gemeinwesen nun einmal prägen.<br />
Knut Weber Vorwort