18.02.2013 Aufrufe

Grundlagen der Programmarbeit Programme des Jahres

Grundlagen der Programmarbeit Programme des Jahres

Grundlagen der Programmarbeit Programme des Jahres

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

»Steffens entdeckt«: Ein halb<br />

betäubtes, wil<strong>des</strong> Nashorn wird<br />

für den Transport vorbereitet<br />

74 I<br />

ruch von Tigerpipi aus dem Mo<strong>der</strong>ationshemd<br />

entfernt (verbrennen!). So was lernt man. Jede<br />

Menge nutzloses Zeug also. Wer sich tatsächlich<br />

bilden möchte, darf sich keinesfalls aufs Reisen<br />

beschränken. Recherche ist gefor<strong>der</strong>t. Man muss<br />

dafür lange Wege gehen, viele Leute treffen und<br />

noch mehr Fragen stellen. Das ist meistens lästig,<br />

oft anstrengend, manchmal zermürbend. Aber es<br />

lohnt sich immer.<br />

Natürlich ist die Frage berechtigt, ob es eigentlich<br />

vernünftig ist, so viel Zeit und Geld in aufwändige<br />

Drehs vor Ort zu stecken. Wir leben ja schließlich<br />

in einem Jahrzehnt, in dem jede Doktorarbeit,<br />

je<strong>der</strong> Forschungsbericht, je<strong>des</strong> Studienergebnis<br />

nur einen Mausklick weit entfernt ist; in dem Webcams<br />

Wildtiere auf den heimischen Schreibtisch<br />

zaubern und Wikipedia zu allem und jedem die<br />

nötigen Informationen bereithält. Warum sollte<br />

man also in dieser mo<strong>der</strong>nen und vernetzten Welt<br />

endlose Stunden in Flugzeugen, Kleinbussen<br />

und Booten verbringen? Warum reiben sich die<br />

Kollegen auf im Kampf mit fernen Bürokratien,<br />

beschaffen Drehgenehmigungen, führen Übergepäckverhandlungen,<br />

kümmern sich um Impfungen,<br />

Expeditionsvorbereitungen, Dolmetscher<br />

und Stringer? Warum gehen sie das Risiko ein,<br />

mit ihrem Dreh zu scheitern, weil Wetterkapriolen,<br />

politische Unruhen, Flugausfälle, Reifenpannen,<br />

wilde Tiere, Krankheiten, Überfälle, Vulkanausbrüche<br />

o<strong>der</strong> ein korrupter Zollbeamter jede auch<br />

2010.Jahrbuch<br />

noch so akribische Vorbereitung in einer einzigen<br />

Sekunde zunichte machen könnten?<br />

Ich bin davon überzeugt, dass Zuschauer ihre<br />

Entscheidung, ob sie einem Programm und auch<br />

<strong>des</strong>sen Präsentator vertrauen, ob sie ihm ihre Zeit<br />

schenken, überwiegend emotional treffen. Vermitteln<br />

muss sich daher unter an<strong>der</strong>em das Gefühl:<br />

Diese Sendung, dieser Film und auch dieser<br />

Mo<strong>der</strong>ator, die nehmen mich ernst. Die belehren<br />

nicht, die interessieren sich. Und vor allem: Die<br />

wissen auch wirklich, wovon sie reden, die sind<br />

da, vor Ort, die haben nachgefragt und das alles<br />

nicht nur »gegoogelt« (das kann <strong>der</strong> Zuschauer<br />

nämlich selbst!). Die sind tatsächlich auf den<br />

Vulkan gestiefelt, haben die Schlange wirklich in<br />

<strong>der</strong> Hand gehalten, sind mit Haien getaucht, in die<br />

Gletscherspalte gekrochen und auf den riesigen<br />

Baum im Regenwald geklettert. Deshalb wissen<br />

die, wie heiß es da oben ist, wie giftig die Injektion,<br />

wie bissig <strong>der</strong> Raubfisch, wie brüchig das<br />

Eis und wie unerforscht das Blätterdach ist. Und<br />

<strong>des</strong>halb können sie dieses Wissen auch noch mit<br />

persönlichen Erfahrungen anreichern. Das schafft<br />

Authentizität und damit Glaubwürdigkeit. Das ist<br />

unersetztlich.<br />

Kompetenz<br />

Ich leide regelmäßig unter dem Gefühl, ein bisschen<br />

dämlich zu sein. Nun sind Selbstzweifel<br />

grundsätzlich ja nichts Schlechtes, aber wenn<br />

man Mo<strong>der</strong>ator einer Wissenschafts-Dokumentationsreihe<br />

ist, dann darf sowas auch nicht überhandnehmen.<br />

Schuld an meiner Verunsicherung<br />

sind natürlich die lieben Kollegen in München:<br />

Ich kann zum Beispiel nicht erschöpfend aus<br />

dem Stegreif erklären, warum <strong>der</strong> durch Vulkanismus<br />

hoch gehaltene Phosphorgehalt <strong>des</strong><br />

Serengeti-Grases die jährliche Wan<strong>der</strong>ung von<br />

an<strong>der</strong>thalb Millionen Gnus triggert; wie genau das<br />

Ortungssystem im Gehirn <strong>der</strong> Meeresschildkröten<br />

funktioniert, mit <strong>des</strong>sen Hilfe die Tiere auch<br />

Jahrzehnte nach ihrer Geburt noch exakt an den

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!