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Grundlagen der Programmarbeit Programme des Jahres

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Dunja Hayali<br />

Seit 2007 Komo<strong>der</strong>atorin <strong>des</strong><br />

»heute-journals«, Hauptmo<strong>der</strong>atorin<br />

<strong>des</strong> »ZDF-Morgenmagazins«<br />

94 I<br />

Haben wir unseren Farbfilm vergessen – o<strong>der</strong> was ist hier los?<br />

Welche Spuren die Integrationsdebatte hinterlassen hat<br />

Die Debatte um Multikulti und darüber, ob<br />

»Deutschland sich abschafft«, wie das ehemalige<br />

Vorstandsmitglied <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bun<strong>des</strong>bank, Thilo Sarrazin, in seinem jüngst<br />

erschienenen Buch behauptet, hinterlässt natürlich<br />

auch ihre Spuren in <strong>der</strong> Nachrichtenberichterstattung.<br />

Wer könnte glaubwürdiger<br />

über die dabei auftretenden Wi<strong>der</strong>sprüche,<br />

aber auch über das Gelingen berichten als<br />

Dunja Hayali, seit 2007 Komo<strong>der</strong>atorin <strong>des</strong><br />

»heute-journals« und neuerlich Hauptmo<strong>der</strong>a-<br />

torin <strong>des</strong> »ZDF-Morgenmagazins«.<br />

Haben wir unseren Farbfilm vergessen, o<strong>der</strong> was<br />

ist hier los? Das Jahr 2010 liegt hinter uns, und<br />

bei mir ist vor allem ein Satz hängen geblieben:<br />

Multikulti ist tot beziehungsweise gescheitert.<br />

Was wollte mir die Politik damit sagen? Dass es<br />

in Deutschland keine Vielfalt gibt? Dass die Politik<br />

<strong>der</strong> 80er Jahre Multikulti als Leben und Leben<br />

lassen gesehen hat? Wer den Ansatz <strong>des</strong> multikulturellen<br />

Miteinan<strong>der</strong>s so verstanden hat, <strong>der</strong><br />

trägt die Verantwortung dafür, dass die Integration<br />

lange vernachlässigt wurde und jetzt in Zeitlupe<br />

passiert. Wer das so gesehen hat, hat die ein- und<br />

zugewan<strong>der</strong>ten Menschen vom sozialen Leben<br />

sogar ausgeschlossen und macht jetzt sie dafür<br />

verantwortlich.<br />

Und wenn Multikulti wirklich tot ist, was ist dann<br />

mit den Einwan<strong>der</strong>ern, die das Land vorangebracht<br />

haben, die sich hier eingelebt, die Jobs,<br />

Freunde, Familie und Beruf haben? Was ist mit all<br />

denen? Und was ist mit meiner Familie und mit<br />

mir? Bin ich, obwohl in Deutschland geboren und<br />

groß geworden, nicht deutsch? Bin ich fremd im<br />

eigenen Land? Sicher nicht. Meine Familie und<br />

ich sind mit dieser Einstellung vielleicht nicht die<br />

2010.Jahrbuch<br />

Regel, aber sicher sind wir auch nicht mehr die<br />

Ausnahme.<br />

Nicht wenige haben sich damals gefragt o<strong>der</strong><br />

gedacht: »Die hat den Job doch nur wegen ihres<br />

Migrationshintergrun<strong>des</strong> bekommen.« Hätte man<br />

das einem Schweden auch unterstellt? Mal abgesehen<br />

davon: Wie soll sich ein Sen<strong>der</strong>, ein Unternehmen<br />

o<strong>der</strong> ein Familienbetrieb denn eigentlich<br />

verhalten? Auf <strong>der</strong> einen Seite sollen und wollen<br />

sie aktiv für buntere Redaktionen, für Chancengleichheit<br />

bei gleicher Vorraussetzung eintreten,<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite schwingt immer noch <strong>der</strong><br />

Generalverdacht <strong>der</strong> »Auslän<strong>der</strong>quote« mit. So<br />

lange das in den Köpfen drin steckt, selbst in so<br />

vermeintlich aufgeklärten wie in denen von Journalisten,<br />

so lange sind wir von einer Normalität<br />

weit entfernt. So lange wird es ein Politikum sein,<br />

wenn »einer von uns« die Nase vorn hat.<br />

Also muss es um mehr gehen als nur um die<br />

Frage, woher jemand kommt und welche Abschlüsse<br />

er hat. Es geht um Identität. Denn wer<br />

sonst als die »Auslän<strong>der</strong>« können den Deutschen<br />

ihr eigenes Ringen um Identität vor Augen führen?<br />

Nicht umsonst wird die Frage »Was ist deutsch?«<br />

nicht mehr an und für sich diskutiert (o<strong>der</strong> nur<br />

noch unter Rechtsextremen), son<strong>der</strong>n in Abgrenzung<br />

und/o<strong>der</strong> Schnittmenge mit Menschen mit<br />

Migrationshintergrund. Dieses Gefühl verfestigte<br />

sich bei mir in diesem Sommer, als ich lesen<br />

musste, dass »Deutschland sich abschafft«. Bisher<br />

habe ich immer gesagt: Ich fühle deutsch und<br />

arabisch. Denn ich finde, die Zugehörigkeit zu<br />

einem Land hat nun mal etwas mit Gefühl, mit Anerkennung<br />

und mit Werten zu tun. Doch nach dem<br />

Erscheinen <strong>des</strong> Buches1 und <strong>der</strong> anschließenden<br />

1 Thilo Sarrazin: Deutschland schafft sich ab. Wie wir unser Land<br />

aufs Spiel setzen. München 2010

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