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R E - R E A D E R - Biro Beograd

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an irgendeinem sozialen Leben hier teilzunehmen.<br />

Vor allem auch 2004, nachdem es<br />

die Ausschreitungen im Kosovo gab, haben<br />

sehr sehr viele Roma mit muslimischem<br />

Hintergrund unglaubliche Angst bekommen<br />

und haben sich gar nicht mehr auf die Straße<br />

getraut.<br />

Worin liegt denn deiner Ansicht nach die<br />

Verantwortung der deutschen Politik in<br />

der entstandenen Situation?<br />

An dem fehlenden Bleiberecht. Für mich<br />

gibt es eigentlich keine Alternative, als<br />

diesen Menschen, die über Jahre hinweg in<br />

Deutschland gelebt haben, die dort geboren<br />

sind, dort aufgewachsen sind, zu ermöglichen,<br />

auch in ihrer Wahlheimat zu bleiben.<br />

Sie fühlen sich als Deutsche, das ist das einzige<br />

Land, in dem sie sich es vorstellen können<br />

zu leben und sie sind hier völlig deplatziert<br />

und sie wissen gar nicht, was sie hier<br />

sollen. Aber es ist natürlich klar, dass die<br />

deutsche Flüchtlingspolitik keinerlei Interesse<br />

an diesen Menschen hat und ich denke<br />

da spielt auch ein Antiziganismus, also ein<br />

ganz klarer Rassismus gegenüber Roma mit<br />

eine Rolle, denn in der Verwertungslogik der<br />

Migrationspolitik haben sie einfach keinen<br />

Platz.<br />

Worin siehst du deine eigene Verantwortung,<br />

insbesondere wenn du dich<br />

mit diesem Thema als Filmemacherin<br />

beschäftigst?<br />

Also das allerwichtigste ist für mich die Vermeidung<br />

von Stereotypen. Beispielsweise,<br />

als ich diesen Film gemacht habe wurde ich<br />

gefragt, doch bitte Bilder über die Lebensrealität<br />

von Roma aus Serbien zu sammeln<br />

und natürlich liegt es nah, sich dann in die<br />

verschiedenen Romasiedlungen zu begeben<br />

und den ganzen Dreck aufzunehmen und<br />

die Armut der Menschen. Das ist natürlich<br />

108<br />

eine Lebensrealität, die existiert, und die ist<br />

es auch wichtig zu vermitteln und zu zeigen,<br />

aber ich denke, dass es genauso wichtig ist,<br />

gegen all diese Bilder zu kämpfen. Für mich<br />

war das wichtigste, das eigentliche Problem,<br />

das ich sehe, zu beschreiben und zwar, dass<br />

die Menschen gezwungen sind, ihre Wahlheimat<br />

zu verlassen, dass sie nicht da leben<br />

können, wo sie wollen! Dass Abschiebung<br />

nicht aus dem Grund zu kritisieren ist, weil<br />

hier Armut herrscht und weil die Lebensbedingungen<br />

hier so schlecht sind, sondern<br />

aus dem Grund, weil es ein Einschnitt gegen<br />

die freie Entscheidung von Menschen ist,<br />

von einem Land zum anderen zu migrieren,<br />

ihr eigenes Leben zu bestimmen, gegen ihr<br />

Selbstbestimmungsrecht ist. Und da sehe<br />

ich für mich als Filmemacherin auf jeden<br />

Fall eine Verantwortung, mich nicht davon<br />

leiten zu lassen, was das größte Elend ist und<br />

welche Bilder meine Zuschauer und Zuschauerinnen<br />

am meisten bewegen, sondern<br />

die Autonomie der Menschen weiterhin zu<br />

bewahren. Vor allem ist es wichtig, dass man<br />

nicht Filme über Menschen macht, sondern<br />

die Menschen selber befähigt, über ihre eigenen<br />

Belange zu reden und ihre Situation<br />

aus ihrer Sicht darzustellen. Ich denke, dass<br />

Filme, die sich mit der Lebensrealität von<br />

Menschen beschäftigen, immer ein gemeinsamer<br />

Prozess sein müssen zwischen den Betroffenen<br />

- also den Protagonisten - und den<br />

Filmemachern und dass das im Prinzip ein<br />

Team ist und im Idealfall die Menschen eben<br />

selber in der Lage sind, über ihre Belange zu<br />

reden und das nicht andere für sie tun.<br />

links:<br />

http://www.roma-kosovoinfo.com/<br />

http://www.ggua.de/<br />

Das Interview führte Rena Rädle<br />

-No copyright -, 2007

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