art-e-conomy _ reader - marko stamenkovic
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Kreativitätsschüben“ sowie in „einer gefestigten Unternehmenskultur“ äußern<br />
könne.[8] Schließlich preist man die Kunst als „Trainingsstoff“, dessen Qualität „in<br />
der Verbesserung des Zusammenspiels emotionaler und rationaler Kompetenzen<br />
von Mitarbeitern“, in der Entwicklung einer „besseren Zusammenarbeit der beiden<br />
Gehirnhälften“ bestehe.[9] Hier sind die Leitvokabulare der Gegenw<strong>art</strong>, Ökonomie<br />
und Hirnforschung, geschickt miteinander verbunden und geben die Kunst als<br />
wissenschaftlich erprobte Investition aus, mit deren Hilfe sich Wettbewerbsvorteile<br />
erzielen und Umsatzzahlen steigern lassen.<br />
Zu behaupten, Kunst steigere den Unternehmenswert, motiviere Mitarbeiter,<br />
trage zur Leistungsfähigkeit eines Unternehmens bei und habe prognostische<br />
Fähigkeiten, ist neu, läßt sich aber in begriffsgeschichtliche Traditionen stellen,<br />
innerhalb derer es früher etwa hieß, Kunst befreie von Entfremdung, biete einen<br />
Gegenentwurf gegenüber einer in P<strong>art</strong>ikularinteressen zerfallenden Welt oder<br />
könne künftige Ereignisse visionär vorwegnehmen. Damit scheint es sich bei den<br />
zitierten Passagen tatsächlich nur um Umformulierungen von Topoi zu handeln,<br />
wobei ältere Sprechweisen nicht einmal annulliert werden. Wer konservativ ist und<br />
Mißtrauen gegen die Ökonomisierung der Welt hegt, kann sich vielmehr nach wie vor<br />
auf das Sakral- oder das Wissenschaftsvokabular des Kunstbegriffs rückbeziehen;<br />
wer dagegen mit der Zeit gehen und up to date erscheinen will, hat nun eine neue<br />
Möglichkeit, über Kunst zu sprechen.<br />
Allerdings geht es nicht nur um eine façon de parler. Wie frühere Vokabulare, die<br />
den Begriff der Kunst beeinflußten, den Umgang mit dieser – oder gar ihre Institutionen<br />
– verändert haben, bleibt auch das Eindringen des neuesten Vokabulars nicht ohne<br />
Folgen. Je selbstverständlicher der Kunst nämlich betriebswirtschaftliche Rentabilität<br />
unterstellt wird, desto weniger dürfte bei Unternehmen die Bereitschaft bestehen,<br />
weiterhin mäzenatisch oder auch nur als Sponsoren aufzutreten. Anstatt einen<br />
Künstler oder eine Sp<strong>art</strong>e wohlwollend zu unterstützen (was immer den Charakter von<br />
Willkür besaß) und anstatt Kunstförderung rein repräsentativ, aus Imagegründen, zu<br />
betreiben, findet sich vielmehr die Erw<strong>art</strong>ung, Kunst tiefer in Unternehmensabläufe<br />
implementieren zu können. Das heißt nicht, daß sie zu Auftragskunst werden muß,<br />
bedeutet aber, daß sie künftig eventuell nur noch zugelassen ist, wenn auch die<br />
Controller der Überzeugung sind, daß sie sich rechnet – und daß sie profitabler<br />
ist als andere Formen von Unternehmensberatung, die ihre neue Konkurrenz<br />
darstellen. Etliche Firmen teilen bereits unumwunden – nicht zuletzt zur Beruhigung<br />
mißtrauischer Aktionäre – mit, daß ihr Interesse für Kunst und Kultur „wie jede<br />
unternehmerische Maßnahme (...) vorrangig das Ziel verfolgt, zum wirtschaftlichen<br />
Erfolg des Unternehmens beizutragen.“ Alles andere sei „Irrtum oder Illusion“.[10]<br />
Wie sich Unternehmer, Manager und Betriebswirte (oder Philosophen und<br />
Kunsthistoriker) von der Kunst viel erhoffen und sie gar zum Motor der Wirtschaft<br />
erklären, suchen umgekehrt seit einigen Jahren auch zahlreiche Künstler die Nähe zur<br />
Wirtschaft und übernehmen von dort Inszenierungsformen, Themen, Sprechweisen<br />
oder Geschäftsmodelle: Kunst wird zum Business. Auf einmal besitzt der Habitus<br />
eines Managers oder Unternehmers für Künstler die Qualität eines Statussymbols,<br />
und wie sie sich zu anderen Zeiten als Priester, Revolutionäre oder Wissenschaftler<br />
ausgaben, bestimmt ihr Selbstbild nun eine Figur aus der Wirtschaft: Sie geben<br />
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