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atw - International Journal for Nuclear Power | 2.2024

Internationale Entwicklungen und Trends

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Did you know?<br />

5<br />

Did you know?<br />

Zukunft des deutschen Strommarktes –<br />

Studie von e.venture<br />

Bereits im April 2023 veröffentlichte die energiewirtschaftliche Beratungsgesellschaft e.venture consulting die Analyse „Zukunft<br />

des deutschen Strommarktes“ in dem dieser preis- und mengenmäßig unter der Bedingung einer 100- prozentigen<br />

bilanziellen Bedarfsdeckung mit erneuerbaren Energien sowie einem aufgrund Dekarbonisierungspolitiken deutlich<br />

gestiegenen Strombedarf modelliert wird. Die Analyse soll Auskunft geben zu Bedarfsdeckung, Versorgungsicherheit und<br />

Marktmechanismen im deutschen Strommarkt des Jahres 2040.<br />

Bedarfsdeckung<br />

Der Strombedarf steigt in dem Szenario bis 2040 deutlich an,<br />

von 564 TWh in 2021 auf 942 TWh in 2040. Es wird dabei<br />

angenommen, dass es 10 Millionen Wärmepumpenheizungen,<br />

35 Millionen Elektrofahrzeuge sowie 70 Gigawatt installierte<br />

Kapazität an Elektrolyseuren in Deutschland gibt. Zur vollständigen<br />

bilanziellen Deckung dieses Bedarfs durch erneuerbare<br />

Energien wird insgesamt eine installierte Kapazität von 570 GW<br />

Erneuerbaren er<strong>for</strong>derlich sein, statt 158 GW Ende vergangenen<br />

Jahres. Die Jahreshöchstlast wird von 86 GW auf 146 GW steigen.<br />

Versorgungssicherheit<br />

Der hohe Anteil volatiler Energien führt zu sehr hohen<br />

Schwankungen zwischen Über- und Unterproduktion von<br />

Strom. Vor Nutzung von Flexibilitäten und Speichern ergibt sich<br />

ein kumuliertes Defizit von 233 TWh und kumulierte Überschüsse<br />

von 219 TWh, wobei in 5.000 Stunden Defizite und in<br />

3.760 Stunden Überschüsse auftreten. Diese Effekte werden<br />

durch Flexibilitätsmaßnahmen und Speicher abgemildert. Ein<br />

entsprechend geregelter Einsatz von regelbaren EE-Anlagen<br />

wie Biomasseanlagen, Laufwasserkraftwerken und erneuerbaren<br />

Abfall kraftwerken kann die Defizitmenge um 38 TWh und<br />

die Defizitstunden um 360 reduzieren. Flexibilität beim Verbrauch<br />

in Form einer in der Analyse angenommenen Verschiebung<br />

von 50 Prozent der Ladevorgänge von Elektrofahrzeugen<br />

um 5 Stunden und dem Einsatz von 60 Prozent der Wärmepumpen<br />

um 12 Stunden, kann die Defizitmenge um 15 TWh, die<br />

Stunden um 290 senken. Der Einsatz von Speichern in Form<br />

von 200 GWh Batteriespeicherkapazität und 66 GWh Pumpspeicherkapazität<br />

statt heute rund 40 GWh reduziert die<br />

Defizitmenge noch einmal um 36 TWh, die Stunden um 790.<br />

Zugleich führen die 70 GW Elektrolyseure – davon 50 GW<br />

flexibel einsetzbar – zu einer Verringerung der Überschussproduktion<br />

um 120 TWh bzw. der Überschussstunden um 1.560.<br />

Die genannten Optionen zusammen ergeben eine Reduktion<br />

der Stromdefizitmenge um 90 TWh und eine Absenkung der<br />

Zahl der Defizitstunden von 5.000 auf rund 3.000. Unter<br />

zusätzlicher Berücksichtigung von industriellen Lastabschaltungen<br />

bis zu 13 GW sowie Importen von 25 GW ergibt sich ein<br />

Bedarf an 75 GW Kapazität an flexiblen Kraftwerken, die übers<br />

Jahr 140 TWh Strom erzeugen müssen und von denen ein Teil<br />

oder ggf. alle an insgesamt 3.600 Stunden zum Einsatz kommen<br />

würden. Die durchschnittliche Einsatzdauer eines solchen<br />

Kraftwerks läge bei 1.800 Stunden pro Jahr. Auf der Überschussseite<br />

müssen letztlich in insgesamt 1.600 Stunden bis zu 170 GW<br />

an Wind- und Solarstromproduktion abgeregelt werden, mit<br />

einer nicht stattfindenden Stromerzeugung von 70 TWh.<br />

Eine Sensitivitätsanalyse zur Frage des Ausbaus von erneuerbaren<br />

Energien über die 100-prozentige bilanzielle Bedarfsdeckung<br />

hinaus ergibt im Rahmen der Analyse, dass sich das<br />

Spitzenlastdefizit auch durch 50 Prozent mehr EE-Kapazität<br />

nur von 120 GW auf 117 GW verringern würde. Da dabei aber die<br />

Defizitstrommenge um 95 TWh reduziert würde, reduzierten<br />

sich die durchschnittlichen Einsatzzeiten der flexiblen Kraftwerke<br />

von 1.800 auf 600 Stunden pro Jahr. Allerdings würden<br />

der er<strong>for</strong>derliche Ausbau der Erneuerbaren, die Erzeugungsüberschüsse<br />

sowie der notwendige Netzausbau sich stark<br />

erhöhen, so dass der Grenznutzen eines weiteren Zubaus<br />

von Erneuerbaren über 100 Prozent bilanzielle Bedarfsdeckung<br />

hinaus schnell gegen Null ginge.<br />

Investitionen und Strommarkt<br />

Die Gesamtinvestitionen zur Erreichung eines solchen Systems<br />

bis 2040 werden mit 800 Milliarden Euro angegeben (Aufteilung<br />

siehe Grafik). Trotz der starken Schwankungen geht die<br />

Analyse davon aus, dass ein Energy-Only-Markt in Verbindung<br />

mit Flexibilitäts- und Kapazitätsanreizen einen geeigneten<br />

Rahmen für den Strommarkt bildet. Allerdings würden die<br />

Preise stark schwanken: in den 1.600 Stunden mit Abregelung<br />

von EE-Anlage läge dieser bei 0 Euro/MWh, in den 3.550 Stunden,<br />

in denen EE preissetzend wären, läge er durchschnittlich bei<br />

4 Euro/MWh. In den 3.230 Stunden in denen die flexiblen (H2)-<br />

Kraftwerke preissetzend wären, läge der Preis bei 222 Euro/<br />

MWh und die Knappheitspreise, die in 360 Stunden aufträten,<br />

lägen durchschnittlich bei 680 Euro pro MWh. In der Summe<br />

ergibt sich ein Baseload-Preis von 120 Euro/MWh und ein<br />

Durchschnittserlös von 82 Euro/MWh für volatile Erneuerbare,<br />

was aus Sicht der Autoren einen ausreichenden Investitionsanreiz<br />

setzt, so dass keine weiteren Förderungen er<strong>for</strong>derlich<br />

wären. In der Summe werden für die kommenden 15 Jahre<br />

Großhandelsstrompreise erwartet, die zweieinhalbfach so<br />

hoch sind wie vor der Krise.<br />

Investitionen ins deutsche Stromsystem bis 2040<br />

in Milliarden Euro<br />

99<br />

Wind offshore<br />

126<br />

Wind onshore<br />

202<br />

PV<br />

Stromerzeugung<br />

62<br />

Gas Neubau<br />

50<br />

Elektrolyse<br />

18<br />

Batterien<br />

200<br />

Übertragungsnetz<br />

5<br />

Gas Umrüstung<br />

Verteilnetz<br />

Quelle: Zukunft des deutschen Strommarktes, e.venture consulting, April 2023<br />

47<br />

Vol. 69 (2024)

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