atw - International Journal for Nuclear Power | 2.2024
Internationale Entwicklungen und Trends
Internationale Entwicklungen und Trends
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
80<br />
KTG-Fachinfo<br />
Regierungsbericht vom vergangenen Jahr einen Investitionsbedarf<br />
von 70 Milliarden Euro pro Jahr bis Ende<br />
2030.<br />
Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />
Nicolas Wendler<br />
KTG-Fachinfo 20/2023 vom 18.12.2023:<br />
BMUV sagt Logistikzentrum Konrad<br />
ab/Junge Union NRW legt Verfassungsbeschwerde<br />
gegen Ausstieg aus Kernenergie<br />
ein/Weihnachtsgrüße<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder der<br />
KTG, am 12. Dezember 2023 hat das Bundesministerium<br />
für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und<br />
Verbraucherschutz (BMUV) mitgeteilt, dass das Projekt<br />
eines Bereitstellungslagers, des Logistikzentrum Konrad<br />
in Würgassen, nicht mehr weiterverfolgt wird. Konkreter<br />
Anlass ist, dass zum Jahresende eine Option zum Kauf<br />
des Grundstücks vom Kraftwerksbetreiber Preussen-<br />
Elektra ausläuft, auf dessen Gelände das Logistik zentrum<br />
hätte errichtet werden sollen und der die Option nicht<br />
verlängern wollte.<br />
Grund ist laut BMUV, dass sich das Projekt „aufgrund zu<br />
vieler rechtlicher und planerischer Risiken voraus sichtlich<br />
nicht rechtzeitig und damit auch nicht wirtschaftlich umsetzen“<br />
lässt. Das BMUV geht dabei von Kosten in Höhe<br />
von zwei Milliarden Euro aus, und sieht die Gefahr einer<br />
Fehlinvestition. Nachdem bereits seit 2018 an der Standortauswahl<br />
und der Vorbereitung des Projekts am Standort<br />
Würgassen gearbeitet wird, sieht man auch an einem<br />
alternativen Standort keine Möglichkeit für die rechtzeitige<br />
Realisierung bis 2029, dem aktuell genannten<br />
Fertigstellungsdatum für das Endlager Konrad. Das BMUV<br />
stellt selbst fest, dass das Endlager Konrad nun länger<br />
betrieben werden muss, und die „Einsparungen durch<br />
eine verkürzte Betriebszeit des Endlagers Konrad nicht<br />
eintreten“ werden. Im selben Zuge beklagt Umweltministerin<br />
Lemke: „Die Transporte dorthin aus Atommüll-<br />
Zwischenlagern im ganzen Land werden unsere Gesellschaft<br />
über Jahrzehnte belasten.“ Sie stellt darüber hinaus<br />
fest: „Es ist gut, dass wir dank Atomausstieg keine weiteren<br />
radioaktiven Abfälle aus Atomkraftwerken mehr<br />
produzieren.“ Der Hinweis darauf, dass der größte Teil der<br />
Konrad-Abfälle erst im Zuge des Ausstiegs beim Rückbau<br />
anfällt und das Endlager auch für die Abfälle in anderen<br />
Anwendungsbereichen der Kerntechnik gedacht ist, aus<br />
denen Deutschland nicht aussteigt, unterbleibt allerdings.<br />
Die Argumentation des Ministeriums, dass das Logistikzentrum<br />
seine Effizienzvorteile nur bei gleichzeitiger<br />
Inbetriebnahme mit Endlager Konrad erreichen würde<br />
– diese wird ohnehin erst nach 2029 erfolgen – erscheint<br />
fragwürdig, da man für den Betrieb des Endlagers<br />
mit rund vierzig Jahren Dauer rechnet. Sofern die<br />
erwartete Verzögerung beim Bereitstellungslager nicht<br />
ebenfalls Jahrzehnte beträgt, hätte man wohl zumindest<br />
einen relevanten Teil der Vorteile realisieren können.<br />
Theoretisch wäre nun allerdings der Weg frei zu einer<br />
wirklich rationalen Lösung des Problems des bisher zu<br />
kleinen, für die komplexe Einlagerungslogistik unzureichend<br />
dimensionierten Pufferlagers durch Errichtung<br />
eines größeren Bereitstellungs- bzw. Eingangslagers,<br />
und zwar am Endlagerstandort selbst. Dies bleibt im<br />
Sinne der gesamten Branche stark zu hoffen.<br />
Eine positive Abwechslung aus Sicht der <strong>Nuclear</strong> Community<br />
bietet die Junge Union Nordrhein-Westfalen. Wie<br />
Die Welt berichtet, reichten Mitglieder des Landesverbandes<br />
beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde<br />
gegen die Klima- und Energiepolitik der Bundesregierung<br />
und insbesondere gegen das Ende der Nutzung der<br />
Kernkraft ein. Die Gruppe um den Landesvorsitzenden<br />
Kevin Gniosdorz wird dabei durch den Vater einer Beschwerdeführerin,<br />
Michael Kotulla, Direktor des Instituts<br />
für Umweltrecht an der Universität Bielefeld und Inhaber<br />
des Lehrstuhls für Umweltrecht und Verfassungsgeschichte<br />
vertreten. Begründet wird die Beschwerde damit,<br />
dass die Bundesregierung gegen ihre Pflicht zum<br />
Klimaschutz und zum Schutz der Freiheit künftiger Generationen<br />
verstößt. Die Argumentation ähnelt derjenigen<br />
der Beschwerdeführer aus der Klimabewegung<br />
gegen das aus deren Sicht unzureichende Klimaschutzgesetz,<br />
die 2021 einen Teilerfolg erzielt hatten. Die Beschwerdeführer<br />
aus der Jungen Union erklären, dass die<br />
Bundesregierung „aus rein ideologischen Gründen“ die<br />
Grundsatzentscheidung zum Ausstieg aus der Kernkraft<br />
aus dem Jahr 2011 nach Abschluss des Pariser Klimaabkommens<br />
oder nach der Energiekrise infolge des russischen<br />
Angriffskrieges auf die Ukraine nicht noch einmal<br />
überdacht hat und dass das Ziel der Klimaneutralität und<br />
die Technologieneutralität im gesetzgeberischen Prozess<br />
bei der Beendigung der Nutzung der Kernkraft nicht<br />
hinreichend berücksichtigt worden seien.<br />
Die Beschwerde der Mitglieder der Jungen Union richtet<br />
sich gegen das geänderte Atomgesetz mit Ausstieg aus<br />
der Kernkraft zum 15. April 2023, gegen das Gesetz zum<br />
beschleunigten Ausbau von LNG-Terminals sowie gegen<br />
das Energiewirtschaftsgesetz. Der Landesvorsitzende<br />
Gniosdorz bekundete gegenüber Welt: „Die Abschaltung<br />
der klimafreundlichen Kernkraftwerke sorgt für einen<br />
eklatanten CO 2 -Mehrausstoß. Die Ampel produziert lieber<br />
dreckigen Kohlestrom, als auf eigenen emissionsarmen<br />
Strom aus Kernenergie zu setzen. Neben dem<br />
Klima belastet die Ampel zudem unsere Gesundheit, und<br />
sie schränkt die Handlungsmöglichkeiten unserer sowie<br />
nachfolgender Generationen ein. Deshalb reichen wir<br />
Verfassungsbeschwerde ein.“<br />
Am Ende eines wieder bewegten und ereignisreichen<br />
Jahres um die Kernenergie möchte die Geschäftsstelle<br />
der KTG allen Mitgliedern nun ein frohes Weihnachtsfest,<br />
ein glückliches und erfolgreiches Jahr 2024 und eine gute<br />
gemeinsame Arbeit für die Kerntechnik im neuen Jahr<br />
wünschen!<br />
Ihre KTG-Geschäftsstelle<br />
Nicolas Wendler und Dr. Thomas Behringer<br />
Ausgabe 2 › März