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Old Master Paintings Part 2

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FELICE FICHERELLI,

AUCH GENANNT „IL RIPOSO“,

1605 – 1660, ZUG.

Der Maler war Schüler des Jacopo Chimenti (um

1554-1640), zu dem er von seinem Gönner, dem

Herzog Bardi geschickt wurde.

TARQUINUS UND LUCRETIA

Öl auf Leinwand.

160 x 190 cm.

Auf dem Rahmen noch mit alter Zuschreibung zu

Sebastiano Ricci. Verso mit altem Antwerpener Etikett.

In breitem ornamental-plastisch verziertem Rahmen.

Rücklings niedergeworfen, liegt die edle Römerin auf

den weißen Kissen ihres mit rosa Vorhängen geschmückten

Lagers. Bis auf ein Stück mit Goldsaum

dekorierten Gewandes ist sie unbekleidet und sucht

sich des Tarquinius zu erwehren, der sie, über sie gebeugt,

mit seiner Linken an der Schulter gefasst hält

und in der Rechten den Dolch zückt. Im linken Mittelgrund

im Durchgang Repoussoirfigur als Dienerin im

Halbschatten erkennbar. Publius Ovidius Naso berichtet

in seinen „Fasti“, dass der römische Prinz Tarquinius

(Sohn des Tarquinius Superbus) ins Haus kommt,

freundlichst begrüßt wird und mit den Hausherren zu

Abend isst. Anschließend gehen alle zu Bett, doch

Tarquinius steht noch einmal auf. Er geht zu Lucretia

(Ehefrau des Lucius Tarquinius Collatinus). Er nimmt

seinen Dolch und sprach zu ihr: „Ich habe einen Dolch

bei mir, Lucretia. Ich bin es, Tarquinius, der Sohn des

Königs, welcher zu dir spricht.“ Sie konnte weder

sprechen noch denken und war starr vor Angst. Was

sollte sie tun? Kämpfen? Er berührt ihre Brüste und

nimmt ihr so ihr Leben durch Schmach. Doch das

Mädchen überwindet seine Angst und spricht: „Dieser

Sieg wird dich zerstören. Was dich und dein Königreich

diese eine Nacht kostet.“ Nach der Vergewaltigung

erzählte sie alles ihrem Mann und ihrem Vater

und beging Suizid, weil sie die Schmach nicht ertrug.

Die beiden Männer schworen, Tarquinius zu suchen

und zu töten. Die römischen Bürger töteten Tarquinius

und stürzten den König. Anschließend riefen sie die

Republik aus.

Erst Mina Gregori wagte die Zuschreibung des Gemäldes

in Rom und somit auch die daraus resultierenden

Arbeiten der Werkstatt an Felice Ficherelli, Il Riposo.

Zuvor hatte das Gemälde mit seiner betörend

mutigen Komposition eine weitreichende Zuschreibungsgeschichte

hinter sich. So galt es einst als Werk

des Guido Cagnacci, darauf wurde es von R. Longhi

1947 Matteo Rosselli zugewiesen, dann Giovanni

Bilivert, die Version in der Dresdner Gemäldegalerie

wurde zunächst als Kopie nach Luca Giordano betrachtet

- auch der Rahmen unseres Gemäldes zeigt

auf einem alten Schild eine Zuschreibung an einen

weiteren Künstlers: Sebastiano Ricci. Wir jedoch folgen

Mina Gregori in ihrem Vorschlag, die Grundkomposition

Felice Ficherelli zuzuschreiben.

Ficherelli und seine Werkstatt schufen das vorliegende

Motiv in mehreren Versionen in den 1630er-Jahren,

wobei nur das Gemälde in der Accademia di San Luca

in Rom (123 x 165 cm, Inv.Nr. 324) als eigenhändig

anerkannt wird.

Weitere Werkstattrepliken befinden sich in:

Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel (Inv.Nr.

GK 1049), 54,5 x 75,5 cm, erworben vor 1749 durch

Wilhelm VIII. Bei diesem Gemälde wurde komplett

auf die im Hintergrund bei unserem Gemälde zu

sehende Figur verzichtet, sodass sich die Tiefenstaffelung

nicht vollends entfaltet. Siehe Vergleichsabb.

London, Wallace Collection (Inv.Nr. P643), 24,5 x 29,9

cm. Diese verkleinerte Version auf verzinntem Kupfer

zeigt hingegen die im Hintergrund befindliche Figur

und wild zur Seite strebende Haare des Tarquinius.

Budapest, Museum of Fine Arts (Inv.Nr. 492), 119 x

163 cm. Diese weitaus größerformatige Version,

deren Maße jedoch nicht an das hier angebotene

Gemälde heranreichen, zeigt die Haare des Tarquinius

ähnlich wie in den anderen Versionen. Im Unterschied

zu dem hier angebotenen Werk wirken die rötlichen

Partien weniger rosa und eher schmutzig als auf unserem

Bild, das auch im Hintergrund durch farbflächige

Differenzierung an Tiefe gewinnt.

Provenienz:

In alter Aachener Privatsammlung.

Durch Erbschaft an den Vorbesitzer.

Literatur:

Vgl. Die Königliche Gemälde Galerie im Neuen Museum

in Dresden, Dresden, 1860, S. 147.

Vgl. Silvia Panichi, Roma Antica e la nuova America.

Come il mito di Lucrezia e l‘idea della Repubblica

varcarono l‘Oceano, Rom 2018.

Vgl. Stephen Duffy und Hedley, The Wallace Collection‘s

Pictures. A Complete Catalogue, London 2004.

Vg. Sandro Bellesi, Pittura e Scultura a Firenze

(Secoli XVI-XIX), Florenz 2017, S. 75.

Anmerkung:

Filippo Baldinucci berichtete, dass Ficherelli, dessen

gelassenes und friedfertiges Wesen ihm den Beinamen

„Il Riposo“ verschaffte, in den 1620 seine Geburtsstadt

verließ, um in Florenz unter der Schirmherrschaft

des Musikliebhabers und Kunstsammlers

Alberto de‘ Bardi bei dem äußerst erfolgreichen

Meister Jacopo da Empoli zu arbeiten, dessen Stil

ihn nachhaltig beeinflusste. (1330163) (13)

FELICE FICHERELLI,

ALSO KNOWN AS “IL RIPOSO“

1605 – 1660, ATTRIBUTED

The painter was a student of Jacopo Chimenti (ca.

1554 - 1640), to whom he was sent by his patron,

Duke Bardi.

TARQUINIUS AND LUCRETIA

Oil on canvas.

160 x 190 cm.

On the frame still with old attribution to Sebastiano

Ricci. Verso with old Antwerp label.

Mina Gregori is the only specialist who dared to place

the painting in Rome and attribute the work to the

workshop of Felice Ficherelli, also known as “Il Riposo“.

Prior to that, the painting with its hauntingly bold

composition, had had a far-reaching attribution history.

It was once considered a work by Guido Cagnacci,

after which R. Longhi assigned it to Matteo Rosselli

in 1947, then to Giovanni Bilivert, the version in the

Dresden Picture Gallery was initially regarded as a

copy after Luca Giordano – the frame of our painting

also shows an old label with an attribution to another

artist: Sebastiano Ricci. However, we concur with Mina

Gregori in her suggestion that the basic composition

be attributed to Felice Ficherelli.

He and his workshop created several versions of the

present subject in the 1630s, although only the painting

held at the Accademia di San Luca in Rome (123 x

165 cm, inv. no. 324) is acknowledged as an autonomous

work. Further workshop replicas are held at:

Kassel, Museumslandschaft Hessen Kassel (inv. no.

GK 1049), 54.5 x 75.5 cm, acquired by Wilhelm VIII

before 1749.

In the Kassel painting, the figure in the background of

our painting was completely dispensed with, so that

the depth effect does not fully unfold.

Another version is held at the Wallace Collection,

London (inv. no. P643), 24.5 x 29.9cm. This scaleddown

version on tinned copper, however, shows the

figure of Tarquinius in the background, his hair wildly

blowing to one side. A much larger format painting

held at Budapest, Museum of Fine Arts (inv. no.

492), 119 x 163cm, does not come close in size to the

painting on offer for sale in this lot shows the hair of

Tarquinius in a similar way to the other versions. In

contrast to the work offered here, the reddish areas

appear less pink and dirtier than in our picture, which

also creates depth in the background through colour

differentiation.

Provenance:

In old private collection, Aachen.

By inheritance to previous owner.

€ 20.000 - € 30.000

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