ooklet472.qxd 18/02/2005 14.34 Pagina 18 Das Verschwinden einer Oper aus dem Repertoire kann aus vielen Gründen erfolgen, wie beispielsweise eine Art der Vokalität, die nicht dem Zeitgeschmack entspricht oder das Fehlen von bekannten Nummern, die sie bei Tenören und Sopranen beliebt macht. Insgesamt gesehen ist Salvator Rosa eine Oper von exzellenter Qualität, die von einem Komponisten, der Verdi bewunderte und sich sicherlich an ihm inspirierte, gekonnt und reichhaltig geschrieben wurde. Gomes kannte aber auch sehr gut die Mechanismen einer Bühnenhandlung, ebenso wie er für die Stimmen, aber auch für das Orchester, dem in Salvator Rosa gemäß den Geboten des neuen Geschmacks eine immer bedeutende Stellung eingeräumt wird, zu schreiben verstand. Kein Vergleich jedenfalls mit Stefano Gobatti, der mit I Goti ins Schwarze traf - einem Werk, in welchem die Nachahmung Wagners gleich bei den ersten Takten des Vorspiels zum ersten Akt deutlich wird - der aber gleich danach alle seine intellektuellen und schöpferischen Grenzen zeigte. Zusammen mit Ponchielli ist Gomes einer der interessantesten und am wenigsten bekannten Komponisten italienischer Opern jenes Zeitraums. Für eine vollständige Rekonstruktion der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts im Italien der Oper ist die Kenntnis von Salvator Rosa (und künftig hoffentlich anderer Werke) eine wichtige Station. Sicher gelingt es Gomes, ebenso wie Ponchielli, nicht, einen zu Verdi völlig alternativen Stil zu etablieren, wie es hingegen rund fünfzehn Jahre später die Vorkämpfer der Giovane Scuola tun sollten. In Salvator Rosa sind die sozusagen dekorativen oder pittoresken, dem Publikum leicht ins Ohr gehenden Elemente, wie beispielsweise das bereits erwähnte neapolitanische Lied Gennariellos, Mia peccerella, das im ersten und dann zu Beginn des vierten Akts zu hören ist, oder die Märsche und Chöre von Soldaten und Volk, immer in eine sehr gut gebaute musikalische Struktur zurückgeführt, in der die traditionellen 18 geschlossenen Nummern (wie bei Verdi in seiner Reifezeit) sich in einem Kontinuum auflösen, das die zeitgenössischen französischen und deutschen Erfahrungen nicht vergißt. Auch wenn Salvator Rosa nicht die funkelnde musikalische Ader des Guarany, eines deutlich brasilianisch inspirierten Werkes, besitzt, ist es eine gut gemachte Oper, die atmosphärisch in vieler Hinsicht an Verdis Simon Boccanegra erinnert und den Hörer sofort mit außerordentlich wirksamen Stücken fesselt. Die Ensembles, wie beispielsweise der Schluß des zweiten Aktes, haben häufig einen Verdis würdigen grandiosen Entwurf und nähern sich manchmal auch in der spezifischen Akzentuierung Verdis Stil. Bei einem ersten, etwas oberflächlichen Hören könnten sie denn auch fast für eine Oper des Meisters aus Busseto gehalten werden. Die Rolle des Masaniello (eines - wie Simon Boccanegra - an die Spitze der Macht gelangten Mannes aus dem Volk) ist sehr genau entwickelt und besitzt ein gut umrissenes musikalisches Profil. Seine Arie im zweiten Akt Povero nacqui weist ein declamato von unbestrittener Ausdrucksstärke auf. Eines der besten Stücke der gesamten Partitur ist die Baßarie des Herzogs von Arcos Di sposo, di padre, wobei es sich um eine der wenigen Arien von Gomes handelt, die bis heute im Repertoire geblieben sind. Prachtvoll ist aber auch die umfangreiche, gegliederte Szene zwischen dem Herzog von Arcas und seiner Tochter Isabella Sola il mio bianco crine, die den dritten Akt beschließt und in jeder Hinsicht hohe musikalische Qualität und sichere Bühnenwirkung besitzt. Danilo Prefumo (Übersetzung: Eva Pleus)
ooklet472.qxd 18/02/2005 14.34 Pagina 19 Gianfranco Cappelluti (Masaniello) 19