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Merano Magazin Sommer 2015

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eportage<br />

Wir verkaufen<br />

nur das, was wir<br />

auch selber<br />

essen würden.<br />

(Michael Verdorfer)<br />

2.<br />

1.<br />

1. 2. Familie Verdorfer lebt von<br />

der biologischen Landwirtschaft<br />

und vom Tourismus. | La famiglia<br />

Verdorfer vive di agricoltura<br />

biologica e turismo.<br />

Knödel statt Klöße<br />

Als er beginnt, von der diesjährigen<br />

Missernte zu erzählen, wird sein Gesicht<br />

wieder ernst. Der komplette Ertrag sei wegen<br />

der Kirschessigfliege ausgefallen, sagt<br />

das Familienoberhaupt leise. Das seien die<br />

Nachteile des biologischen Arbeitens, etwas<br />

anderes käme für die Familie Verdorfer<br />

aber nicht in Frage. „Wir verkaufen nur<br />

das, was wir auch selber essen würden“,<br />

sagt Michael. Zum Hof gehören auch zwei<br />

Mühlen, die in einem Gebäude neben<br />

dem Haus stehen. „Im Moment sind sie<br />

noch nicht in Betrieb“, sagt Michael, der<br />

den Hof später an seinen Sohn Thomas<br />

übergeben wird. Stunden an Arbeit hat<br />

er bereits in die Renovierung investiert,<br />

das Dach war durchgefault, vieles musste<br />

erneuert werden. Auch den alten Backofen<br />

möchte er wieder funktionstüchtig<br />

machen. „Das Leben hier ist einmalig“,<br />

sagt einer der Gäste, ein älterer Herr aus<br />

Deutschland. „Michael gibt uns einen<br />

tollen Einblick in seinen Alltag.“<br />

Jetzt geht es für die Gäste in die alte<br />

getäfelte Bauernstube. Herrgottswinkel,<br />

eine alte Pendeluhr und ein gemauerter<br />

Ofen mit Ofenbank – die Gäste sind hin<br />

und weg, als sie sich an den gedeckten<br />

Tisch setzen. Der Duft der kochenden<br />

Knödel breitet sich bis in die Stube aus.<br />

„Wichtig ist, dass der Mensch auf die<br />

Knödel wartet und nicht umgekehrt“,<br />

sagt Martha und schöpft einen Knödel<br />

in den Teller mit selbstgemachter<br />

Fleischsuppe. Darauf streut sie frischen<br />

Schnittlauch. „Sie werden schnell hart,<br />

deshalb sollten sie rasch gegessen<br />

werden.“ Tochter Kathrin hilft beim<br />

Servieren. Zu den Spinat-, Speck- und<br />

Käseknödeln gibt es verschiedene Salate –<br />

alle aus dem eigenen Garten, versteht<br />

sich. Gurke, Tomate und Kohl, Kobis, wie<br />

er hier genannt wird. „Bei uns gibt es<br />

keine Knödel, nur Klöße“, sagt ein Mann<br />

aus dem Norden. Die Frauen und Männer<br />

loben das Essen, tauschen sich über die<br />

typischen Gerichte ihrer Heimat aus und<br />

lernen, was man einem Knödel niemals<br />

antun sollte: Ihn mit dem Messer schneiden.<br />

Das sei eine Beleidigung für den<br />

Koch oder die Köchin, erklärt Martha.<br />

Beim Käseknödel hat sie nur in die Mitte<br />

ein Stück fetten Käse gegeben, der beim<br />

Zerteilen des Knödels jetzt lange Fäden<br />

zieht. Aus den Fastenknödeln der Gäste<br />

wurden Pressknödel, die zuerst in Öl<br />

gebraten und dann erst gekocht werden.<br />

„Mir schmecken sie alle“, sagt ein Herr<br />

aus Bayern. „Und jetzt wünsch ich mir<br />

noch einen Topfenknödel“, sagt er und<br />

alle lachen.<br />

40 // www.meranomagazine.com<br />

NR. 1 <strong>2015</strong>

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