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eportage<br />
Wir verkaufen<br />
nur das, was wir<br />
auch selber<br />
essen würden.<br />
(Michael Verdorfer)<br />
2.<br />
1.<br />
1. 2. Familie Verdorfer lebt von<br />
der biologischen Landwirtschaft<br />
und vom Tourismus. | La famiglia<br />
Verdorfer vive di agricoltura<br />
biologica e turismo.<br />
Knödel statt Klöße<br />
Als er beginnt, von der diesjährigen<br />
Missernte zu erzählen, wird sein Gesicht<br />
wieder ernst. Der komplette Ertrag sei wegen<br />
der Kirschessigfliege ausgefallen, sagt<br />
das Familienoberhaupt leise. Das seien die<br />
Nachteile des biologischen Arbeitens, etwas<br />
anderes käme für die Familie Verdorfer<br />
aber nicht in Frage. „Wir verkaufen nur<br />
das, was wir auch selber essen würden“,<br />
sagt Michael. Zum Hof gehören auch zwei<br />
Mühlen, die in einem Gebäude neben<br />
dem Haus stehen. „Im Moment sind sie<br />
noch nicht in Betrieb“, sagt Michael, der<br />
den Hof später an seinen Sohn Thomas<br />
übergeben wird. Stunden an Arbeit hat<br />
er bereits in die Renovierung investiert,<br />
das Dach war durchgefault, vieles musste<br />
erneuert werden. Auch den alten Backofen<br />
möchte er wieder funktionstüchtig<br />
machen. „Das Leben hier ist einmalig“,<br />
sagt einer der Gäste, ein älterer Herr aus<br />
Deutschland. „Michael gibt uns einen<br />
tollen Einblick in seinen Alltag.“<br />
Jetzt geht es für die Gäste in die alte<br />
getäfelte Bauernstube. Herrgottswinkel,<br />
eine alte Pendeluhr und ein gemauerter<br />
Ofen mit Ofenbank – die Gäste sind hin<br />
und weg, als sie sich an den gedeckten<br />
Tisch setzen. Der Duft der kochenden<br />
Knödel breitet sich bis in die Stube aus.<br />
„Wichtig ist, dass der Mensch auf die<br />
Knödel wartet und nicht umgekehrt“,<br />
sagt Martha und schöpft einen Knödel<br />
in den Teller mit selbstgemachter<br />
Fleischsuppe. Darauf streut sie frischen<br />
Schnittlauch. „Sie werden schnell hart,<br />
deshalb sollten sie rasch gegessen<br />
werden.“ Tochter Kathrin hilft beim<br />
Servieren. Zu den Spinat-, Speck- und<br />
Käseknödeln gibt es verschiedene Salate –<br />
alle aus dem eigenen Garten, versteht<br />
sich. Gurke, Tomate und Kohl, Kobis, wie<br />
er hier genannt wird. „Bei uns gibt es<br />
keine Knödel, nur Klöße“, sagt ein Mann<br />
aus dem Norden. Die Frauen und Männer<br />
loben das Essen, tauschen sich über die<br />
typischen Gerichte ihrer Heimat aus und<br />
lernen, was man einem Knödel niemals<br />
antun sollte: Ihn mit dem Messer schneiden.<br />
Das sei eine Beleidigung für den<br />
Koch oder die Köchin, erklärt Martha.<br />
Beim Käseknödel hat sie nur in die Mitte<br />
ein Stück fetten Käse gegeben, der beim<br />
Zerteilen des Knödels jetzt lange Fäden<br />
zieht. Aus den Fastenknödeln der Gäste<br />
wurden Pressknödel, die zuerst in Öl<br />
gebraten und dann erst gekocht werden.<br />
„Mir schmecken sie alle“, sagt ein Herr<br />
aus Bayern. „Und jetzt wünsch ich mir<br />
noch einen Topfenknödel“, sagt er und<br />
alle lachen.<br />
40 // www.meranomagazine.com<br />
NR. 1 <strong>2015</strong>