21.02.2013 Aufrufe

Grenzüberschreitungen Die subversive Kraft des ... - AG Kurzfilm

Grenzüberschreitungen Die subversive Kraft des ... - AG Kurzfilm

Grenzüberschreitungen Die subversive Kraft des ... - AG Kurzfilm

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

NEKROLOG / neKROLOGY<br />

© Claus Löser<br />

„Selbstquälerische Zustandsbeschreibung“ 4<br />

Hoher psychologischer Druck staut sich im Körper auf bis er letztendlich<br />

entweder durch physische Gewalt explodiert oder depressiv<br />

in sich zusammenbricht. In NATURKATASTROPHENKONZERT,<br />

einem Film über eine experimentelle Musik-Performance der bekannten<br />

West-Berliner Band DIE TÖDLICHE DORIS aus dem Jahr<br />

1983, richtet sich die Gewalt gegen Menschen und Objekte. Das<br />

Video zeigt, wie die Band vor einem riesigen Sandhaufen auftritt,<br />

der den Blick auf die Berliner Mauer verdeckt. Indem sie sich weigern,<br />

vor diesem historischen Wahrzeichen zu spielen, lehnen sie<br />

nicht nur den ideologischen Begriff <strong>des</strong> „freien Westen“ ab, sondern<br />

schaffen auch ihre eigene Vision eines „vereinigten Deutschlands“.<br />

In einem radikalen autoaggressiven Akt „erbaut“ uns der Akkordeonspieler,<br />

bis seine Fingerspitzen anfangen zu bluten - durch den<br />

ständigen Kontakt mit kleinen scharfen Reißzwecken, die zwischen<br />

den Tasten <strong>des</strong> Instruments stecken. <strong>Die</strong> Musik wird unterbrochen<br />

von Flammen- und Windgeräuschen, die aus dem Mikrofon strömen,<br />

denn dieses hatte DIE TÖDLICHE DORIS in der Anfangsszene<br />

<strong>des</strong> Films angezündet. Unmittelbar vor seinem Zusammenbruch<br />

verliert das Mikrofon, wie von einer Guillotine enthauptet, im<br />

wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes seinen Kopf, was die Band ihrer akustischen<br />

Fähigkeiten beraubt und den Film beendet.<br />

Claus Lösers Beschreibung von Tohm di Roes’ 7x7 TATSACHEN AUS<br />

DEM HIESIGEN LEBEN DES DICHTERS TOHM DI ROES als „selbstquälerische<br />

Zustandsbeschreibung“ kann auch auf Via Lewandowskys<br />

REPORT von 1981 angewendet werden. In flackernden, vom Fernseher<br />

abgefilmten Schwarz-Weiß-Szenen blitzen Düsenjäger aggressiv<br />

über den Monitor, weibliche Brüste werden auf die Kamera<br />

gerichtet wie geladene Kanonen und gewaltige Gebäude geben<br />

dem Druck <strong>des</strong> Baggers nach, beginnen zu bröckeln und brechen<br />

Spotlight: Crossing Borders<br />

In a radical act of auto-aggression the accordion player enter-<br />

tains us until his fingertips start to bleed from their continuous<br />

contact with the little sharp pins that are stuck to the keys of<br />

his instrument. The recording of these tunes is disturbed by the<br />

noise of flames and wind that emanates from the microphone,<br />

to which DIe TÖDLIcHe DORIS had set fire in the opening scene<br />

of the film. In the final moment of defeat the microphone literally<br />

loses its head as if severed by the merciless slate of the guillotine,<br />

which consequently robs the band of their sonic powers<br />

and ends the film. claus Löser’s <strong>des</strong>cription of Tohm di Roes’ 7x7<br />

TATSAcHen AUS DeM HIeSIGen LeBen DeS DIcHTeRS TOHM DI<br />

ROeS as “selbstquälerische zustandsbeschreibung” could also<br />

be applied to Via Lewandowski’s RepORT, 1981. In the flickering<br />

black and white sequences filmed off the television set jets flash<br />

aggressively across the monitor, female breasts are directed towards<br />

the camera like loaded canons, and massive buildings give<br />

way under the force of the digger, start to crumple and finally<br />

collapse. “I see architecture as a language, which is linked to the<br />

human soul. consequently the <strong>des</strong>truction of the text is also the<br />

<strong>des</strong>truction of the human soul,” tells us cynthia Beatt in BÖSe zU<br />

SeIn IST AUcH eIn BeWeIS VOn GeFüHL (FURY IS A FeeLInG TOO),<br />

1983, a film about the alienation of language and the psychological<br />

effect of Berlin’s ruinous architecture. Violence, however, is not<br />

only literally represented in the images on the screen, it is also<br />

executed on the film medium itself. Scratching directly on the celluloid<br />

strip as in Dammbeck’s HOMM<strong>AG</strong>e À LA SARRAz and Yo’s<br />

nORMALzUSTAnD (nORMALITY), 1981, the film medium itself<br />

becomes the site for physical manipulation. The <strong>des</strong>truction of<br />

the art medium, be it a musical instrument or a strip of celluloid,<br />

was not only based on punk’s artisanal D.I.Y. approach to art, it<br />

was also a transgressive act of creativity, which turned <strong>des</strong>truction<br />

into potentiality.<br />

r 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!