Grenzüberschreitungen Die subversive Kraft des ... - AG Kurzfilm
Grenzüberschreitungen Die subversive Kraft des ... - AG Kurzfilm
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Im Blickpunkt: <strong>Grenzüberschreitungen</strong><br />
Schreie und Nach-Luft-Schnappen<br />
„Bewegung ist Macht. Eine Illusion.” erzählt uns eine männliche Stimme<br />
in Gino Hahnemanns SEPTEMBER SEPTEMBER (1986), einem<br />
Film über eine Kunstperformance dieses ostdeutschen Künstlers.<br />
Vordergründig auf das Medium Film bezogen, auf <strong>des</strong>sen Fähigkeit,<br />
die Illusion einer natürlichen Bewegung zu erzeugen, beschreibt<br />
dieses Zitat aber ebenso die schwierigen politischen Bedingungen,<br />
unter denen DDR Künstler arbeiteten. Da eine zentrifugale<br />
(aus dem Lateinischen: vom Zentrum weg strebend), nach außen<br />
gerichtete Bewegung nicht möglich war, bewegten sich Künstler<br />
aus Ostdeutschland und West-Berlin zentripetal (das Zentrum anstrebend)<br />
nach innen. <strong>Die</strong>s ist auch der Grund dafür, dass die Filme<br />
von Künstlern wie Thomas Frydetzki, Cornelia Schleime, Claus Löser,<br />
Ramona Köppel-Welsh, Cynthia Beatt, Rolf S. Wolkenstein und<br />
Christoph Doering einen radikal subjektiven Ansatz haben. Im Zusammenhang<br />
mit den unabhängigen Langfilmproduktionen ICH<br />
DENKE OFT AN HAWAII (1978) von Elfi Mikesch und Helga Reidemeisters<br />
VON WEGEN SCHICKSAL (1979) beobachtete die Filmhistorikerin<br />
Nicole Wolf: „Das Aufzeigen der Grenzen und Beengungen,<br />
welche dem Ideal der uneingeschränkten Lebensvielfalt und dem<br />
Bild der Insel West-Berlin als ‘Jedermanns Land’ entgegentreten,<br />
scheint daher fast paradigmatisch durch das mikroskopische Einzoomen<br />
auf Details, auf die kleinsten Einheiten der Stadt, auf also<br />
ganz spezifische singuläre Subjekte verdichtet zu werden.” 2 <strong>Die</strong> Bedingung<br />
„Mauer“ richtet den Blick <strong>des</strong> Filmmachers von außen nach<br />
innen. West- und Ost-Berliner Experimentalfilme waren keine modernistischen<br />
formalen Übungen, kein künstlerischer Selbstzweck.<br />
Indem sie bewusst die formalistische Ästhetik der vorangegangenen<br />
Generation von Konzeptkünstlern vermieden, schufen die Super<br />
8-Filmemacher Anfang und Mitte der 1980er Jahre wütende,<br />
persönliche Filme, die, ob intuitiv oder bewusst, von den roman-<br />
6 | Short report 2009 e<br />
Screams and Gasping for Air<br />
“Movement is power. An illusion.” a male voice tells us in Gino<br />
Hahnemann’s 1986 SepTeMBeR SepTeMBeR, a film about a performance<br />
by the east German artist. Referring to the film medium<br />
and its ability to produce the appearance of natural movement,<br />
this quote also <strong>des</strong>cribes the difficult political conditions of underground<br />
filmmaking in the GDR. Since outward, centrifugal<br />
(from Latin fleeing from the centre) movement was not possible,<br />
artists from West Berlin and east Germany moved centripetally<br />
(aiming at the centre) inwards. This is why the films of artists such<br />
as Thomas Frydetzki, cornelia Schleime, claus Löser, Ramona<br />
Köppel-Welsh, cynthia Beatt, Rolf S. Wolkenstein and christoph<br />
Doering are radically subjective. In relation to the independent<br />
feature films IcH DenKe OFT An HAWAII (I OFTen THInK ABOUT<br />
HAWAII), 1978, by elfi Mikesch and Helge Reidemeister’s VOn We-<br />
Gen ScHIcKSAL (FATe, AS IF!), 1979, the film historian nicole Wolf<br />
observed that “the revealing of boundaries and confinement,<br />
which counter the ideal of the unrestricted diversity of lifestyles<br />
and the images of the island of West Berlin as an “everybody’s<br />
Land”, seems to be paradigmatically condensed in the microscopic<br />
zooms into details, into the smallest units of the city, i.e., into the<br />
very specific, singular subjects.” 2 The condition of the Wall turned<br />
the filmmaker’s gaze outside in. Berlin’s experimental films were<br />
not formal modernist exercises about the self-referentiality of the<br />
film medium. Deliberately avoiding the formalist aesthetics of the<br />
previous generation of conceptual and structural filmmakers, the<br />
Super 8 artists of the early and mid 1980s made openly angry,<br />
gritty and personal films, which intuitively or knowingly were inspired<br />
by 19th century romantic painting and surrealist film. For<br />
these filmmakers the feminist slogan “the personal is politica” was<br />
not theory, but an everyday lived reality, which spilled over onto<br />
7x7 TATSACHEN AUS DEM HIESIGEN<br />
LEBEN DES DICHTERS TOHM DI ROES /<br />
7x7 FAcTS FROM THe LOcAL LIFe OF<br />
THe pOeT TOHM DI ROeS<br />
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