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Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Abhandlungen<br />

310<br />

<strong>2011</strong>, 310<br />

Aktuelles zum Gleichbehandlungsrecht<br />

Von Mag. Christoph Kasper, Graz. Der Autor ist juristischer Mitarbeiter der Kanzlei Aschmann & Pfandl in Graz und<br />

beschäftigt sich im Rahmen seiner Dissertation mit dem Antidiskriminierungsrecht der EU und dessen Auswirkungen<br />

auf das österreichische Privatrecht.<br />

In den ersten Monaten dieses Jahres wurden zum einen seitens des österreichischen Gesetzgebers Änderungen<br />

im Gleichbehandlungsrecht verabschiedet und zum anderen eine für die österreichische Versicherungsbranche<br />

uU weitreichende Entscheidung des EuGH zum Versicherungsvertragsrecht veröffentlicht. Durch die in den vergangenen<br />

Jahren teilweise umfangreiche Erweiterung des Diskriminierungsschutzes im Arbeitsrecht sowie im<br />

allgemeinen Schuldrecht gewann das Gleichbehandlungsrecht auch eine immer größere Bedeutung in der Beratungspraxis.<br />

Diese Bedeutung wird durch die Novelle <strong>2011</strong> noch verstärkt und es ist für die Zukunft zu erwarten,<br />

dass – insbesondere aufgrund europarechtlicher Entwicklungen – noch weitere umfangreiche Novellen folgen<br />

werden.<br />

Der folgende Beitrag soll im Überblick insbesondere die materiellrechtlichen Bestimmungen der Novelle <strong>2011</strong><br />

zum GlBG 1) und die weiteren aktuellen Entwicklungen im ersten Halbjahr <strong>2011</strong> darstellen.<br />

I. Klarstellung des<br />

Diskriminierungsbegriffes –<br />

Diskriminierung durch Verbindung<br />

Hinsichtlich des Diskriminierungsbegriffes wurde<br />

durch die Novelle <strong>2011</strong> in Übereinstimmung mit der<br />

bereits bestehenden Judikatur des EuGH 2) klargestellt,<br />

dass eine Diskriminierung durch Verbindung eine Diskriminierung<br />

iSd GlBG darstellt (ua § 5 Abs 4, § 32<br />

Abs 4 GlBG). 3) Eine Diskriminierung durch Verbindung<br />

liegt vor, wenn eine Person aufgrund eines besonderen<br />

Naheverhältnisses zu einer Person zB aufgrund<br />

deren ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert wird.<br />

Dabei kommt es nicht auf ein familiäres Naheverhältnis<br />

an, sondern sind auch ua freundschaftliche Verhältnisse<br />

erfasst. Beispielsweise wird eine Gruppe von Jugendlichen<br />

nach § 32 Abs 4 GlBG diskriminiert, wenn einem<br />

Mitglied der Gruppe der Zutritt zu einem Lokal aufgrund<br />

seiner Hautfarbe verweigert wird. 4)<br />

II. Arbeitsrecht<br />

Der Schwerpunkt der Novelle <strong>2011</strong> liegt in einer Erweiterung<br />

der Schutzbestimmungen im Arbeitsrecht.<br />

Dabei soll insbesondere das allgemeine Verbot der ungleichen<br />

Bezahlung für gleichwertige Arbeit aufgrund<br />

des Geschlechts durch die Einführung einer Verpflichtung<br />

für Unternehmen, Einkommensberichte zu erstellen,<br />

ergänzt werden. Weiters wird die Verpflichtung<br />

eingeführt, wonach Stellengesuche nunmehr Angaben<br />

über die konkrete Mindestentlohnung enthalten müssen.<br />

1. Einkommensberichte<br />

Gem § 11 a GlBG sind Arbeitgeber verpflichtet, alle<br />

zwei Jahre einen Einkommensbericht zu erstellen und<br />

Aktuelles zum Gleichbehandlungsrecht<br />

Autor: Mag. Christoph Kasper, Graz<br />

vorzulegen. Dieser anonymisierte Einkommensbericht<br />

hat va Angaben über die Anzahl der beschäftigten<br />

Frauen und Männer in den jeweiligen kollektivvertraglichen<br />

oder betrieblichen Verwendungsgruppen im<br />

Unternehmen sowie die Durchschnitts- bzw Medianarbeitsentgelte<br />

getrennt nach Frauen und Männern zu<br />

enthalten. Dabei ist zu beachten, dass eine Hochrechnung<br />

der Einkommen von Teilzeitbeschäftigten auf<br />

Vollzeitbeschäftigte zu erfolgen hat. Ein Leitfaden zur<br />

Erstellung eines Einkommensberichtes ist auf der<br />

Homepage des Frauenministeriums 5) bereitgestellt.<br />

Dieser Einkommensbericht ist – soweit im konkreten<br />

Unternehmen vorhanden – dem Zentralbetriebsrat,<br />

den Betriebsausschüssen oder sonst den Betriebsräten<br />

zu übermitteln (§ 11 a Abs 3 GlBG), wobei ein durchsetzbarer<br />

Anspruch auf Erstellung des Berichtes besteht<br />

(Abs 6). Das verständigte Organ kann daraufhin einzelnen<br />

Arbeitnehmern bzw Arbeitnehmerinnen Auskunft<br />

über den Inhalt erteilen. Besteht in einem Unternehmen<br />

kein derartiges Organ, so ist der Einkommensbericht<br />

in einem öffentlich zugänglichen Raum zur Einsicht<br />

aufzulegen.<br />

Über den Inhalt des Einkommensberichtes sind die<br />

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zur Verschwiegenheit<br />

verpflichtet (§ 11 a Abs 4 GlBG) und ist ein<br />

Verstoß von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe<br />

bis zu € 360,– zu bestrafen, wenn der Arbeitgeber<br />

bzw die Arbeitgeberin binnen sechs Wochen ab Kenntnis<br />

als Privatankläger/in einen Strafantrag stellt (§ 11 a<br />

1) Bundesgesetz, mit dem das Gleichbehandlungsgesetz, das Gesetz<br />

über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsanwaltschaft,<br />

das Behinderteneinstellungsgesetz und das Bundes-<br />

Behindertengleichstellungsgesetz geändert werden, BGBl I <strong>2011</strong>/7.<br />

2) Vgl EuGH 17. 7. 2008, C-303/06, Coleman, Slg 2008, I-5603. ErläutRV<br />

938 BlgNR 24. GP 5.<br />

3) Siehe dazu bereits Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 17 Rz 9<br />

(mwN).<br />

4) Vgl auch ErläutRV 938 BlgNR 24. GP 6.<br />

5) www.frauen.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=42582 (10. 4. <strong>2011</strong>).<br />

Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08

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