Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
" §§ 34, 35, 41 GmbHG:<br />
Entlastung, Scheinbeschluss bei der GmbH<br />
1. Die Entlastung befreit von solchen Schadenersatzansprüchen,<br />
welche die Gesellschaft bei sorgfältiger<br />
Prüfung aller vorgelegten Unterlagen erkennen<br />
konnte. Dafür, dass Ansprüche nicht erkennbar waren,<br />
trägt die Gesellschaft die Beweislast.<br />
2. Ein Beschluss von Nichtgesellschaftern ist ein<br />
Scheinbeschluss. Ein solcher „Nichtbeschluss“ liegt<br />
auch dann vor, wenn er unter Mitwirkung einer<br />
Nichtgesellschafterin zustande kam und ihm auch<br />
weder eine ordnungsgemäße Einberufung einer<br />
GV noch ein schriftliches Einverständnis aller Gesellschafter<br />
zu einer schriftlichen Abstimmung voranging.<br />
3. Die Anfechtung derartiger Nicht- oder Scheinbeschlüsse<br />
nach § 41 GmbHG ist entbehrlich.<br />
OGH 16. 2. <strong>2011</strong>, 7 Ob 143/10 w GeS <strong>2011</strong>, 110.<br />
" §§ 76, 77 GmbHG:<br />
Vinkulierte Geschäftsanteile – Zustimmung durch das<br />
Gericht<br />
1. Die Übertragung von Geschäftsanteilen kann im<br />
Gesellschaftsvertrag an die Zustimmung der Gesellschaft<br />
oder der Mehrheit oder aller Gesellschafter<br />
geknüpft werden („Vinkulierung“). Die Regelung,<br />
dass die Zustimmung „aller übrigen Gesellschafter“<br />
erforderlich ist, ist im Zweifel dahingehend zu verstehen,<br />
dass jeder einzelne Gesellschafter zustimmen<br />
muss.<br />
2. Der Antrag nach § 77 GmbHG auf gerichtliche<br />
Zustimmung zur Anteilsübertragung ist jedenfalls<br />
dann nicht verspätet, wenn er ein halbes Jahr nach<br />
der Generalversammlung eingebracht wird.<br />
3. § 77 GmbHG ist auch dann anwendbar, wenn<br />
für die Anteilsübertragung die Zustimmung aller<br />
oder einzelner Gesellschafter erforderlich ist.<br />
4. Das Gericht hat bei der Entscheidung nach § 77<br />
GmbHG kumulativ zu prüfen, ob die Zustimmung<br />
zur Anteilsübertragung ohne das Vorliegen ausreichender<br />
Gründe verweigert wurde und ob die Anteilsübertragung<br />
ohne Schädigung der Gesellschaft,<br />
der übrigen Gesellschafter und der Gläubiger erfolgen<br />
kann.<br />
5. Verlust von Image oder Eigenständigkeit der<br />
Gesellschaft, Konzernierung oder Anteilserwerb<br />
durch einen Konkurrenten stellen idR für sich einen<br />
ausreichenden Verweigerungsgrund dar.<br />
6. Selbst wenn eine den angeführten Beispielen vergleichbare<br />
konkrete Schädigung der Gesellschaft,<br />
ihrer Gesellschafter oder Gläubiger nicht droht,<br />
können ausreichende Gründe für eine Verweigerung<br />
vorliegen.<br />
7. Das Gericht hat bei seiner Entscheidung eine Interessenabwägung<br />
vorzunehmen, bei der auch die<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />
Recht kurz & bündig<br />
Interessen des abtretungswilligen Gesellschafters zu<br />
berücksichtigen sind.<br />
8. Sieht der Gesellschaftsvertrag neben der Vinkulierung<br />
der Anteile für die Beschlussfassung die Einstimmigkeit<br />
bei Vertretung des gesamten Stammkapitals<br />
in der GV vor, so liegt darin ein ausreichender<br />
Grund für die Verweigerung der Zustimmung zur<br />
Anteilsübertragung.<br />
OLG Wien 12. 10. 2009, 28 R 189/09 h GeS <strong>2011</strong>,<br />
112 = RdW 2010/364 = GesRZ <strong>2011</strong>, 128.<br />
" § 15 PSG; § 154 ABGB:<br />
Erfordernis der pflegschaftsbehördlichen Genehmigung<br />
von Handlungen des Sachwalters eines geschäftsunfähigen<br />
Stifters<br />
1. Für Angelegenheiten, die lediglich mittelbare<br />
Auswirkungen auf das Vermögen des Stifters<br />
mit sich bringen könnten, besteht kein Erfordernis<br />
der Einholung einer pflegschaftsbehördlichen<br />
Genehmigung.<br />
2. Bei der Frage, ob ein Geschäft zum ordentlichen<br />
Wirtschaftsbetrieb gehört oder nicht, sind das wirtschaftliche<br />
Risiko sowie ob es sich um eine vorläufige<br />
oder endgültige Maßnahme handelt und deren<br />
Dauer maßgebende Kriterien.<br />
3. Die Umbestellung des Stiftungsvorstands<br />
bringt keinerlei wirtschaftliches Risiko mit sich,<br />
wenn der einstweilige Sachwalter die Funktion der<br />
neu bestellten Vorstandsmitglieder bloß mit zwei<br />
Jahren festgesetzt und somit eine übermäßig lange<br />
Bindung vermieden hat.<br />
OGH 28. 1. <strong>2011</strong>, 6 Ob 240/10 b und 6 Ob 241/10 z<br />
ZFS <strong>2011</strong>, 28 = Zak <strong>2011</strong>/208.<br />
" §§ 281 a, 288 a StPO (RZ 02/11, EÜ 41):<br />
Bei Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes des<br />
§ 281 a StPO ist auf die Verdachtsannahmen des<br />
Oberlandesgerichts abzustellen.<br />
OGH 19. 8. 2010, 13 Os 65/10 y (RIS-Justiz<br />
RS0126141).<br />
" § 271 Abs 7 StPO (RZ 02/11, EÜ 42):<br />
Wenn innerhalb einer nach § 271 Abs 7 letzter Satz<br />
StPO neu ausgelösten Frist keine (neue) Ausführung<br />
der Nichtigkeitsbeschwerde erstattet wird, bleibt die<br />
nach Urteilsverkündung bereits zuvor erstattete Ausführung<br />
– auch ohne diesbezügliche Erklärung des<br />
Nichtigkeitswerbers – wirksam.<br />
OGH 11. 8. 2010, 15 Os 84/10 g (RIS-Justiz<br />
RS0126175).<br />
" §§ 105, 144, 146 StGB (RZ 02/11, EÜ 43):<br />
Hindert der Täter das Betrugsopfer mit Gewalt an<br />
der eigenmächtigen Durchsetzung seines zivilrechtlichen<br />
Rückforderungsanspruchs, bewirkt er keinen<br />
über den durch den zuvor begangenen Betrug hi-<br />
Diese Ausgabe von<br />
„Recht kurz & bündig“<br />
entstand unter<br />
Mitwirkung von<br />
Dr. Manfred Ainedter,<br />
Mag. Franz Galla und<br />
Dr. Ullrich Saurer.<br />
307