Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Abs 5 GlBG). Davon ausgenommen ist die Information<br />
von anderen Personen, die ebenfalls einer Verschwiegenheitspflicht<br />
unterliegen. Darunter fällt wohl insbesondere<br />
die Information eines Rechtsvertreters zur<br />
Klärung allfälliger Ansprüche. Dabei ist festzuhalten,<br />
dass diese Verschwiegenheitspflicht nur den Inhalt des<br />
(anonymisierten) Einkommensberichtes betrifft und<br />
gerade nicht Informationen über das individuelle Arbeitsentgelt.<br />
Zu beachten ist die umfassende Übergangsvorschrift<br />
des § 63 Abs 6 GlBG, die wohl insbesondere<br />
eine übermäßige Belastung für Klein- und Mittelbetriebe<br />
verhindern soll. Für Unternehmen, die dauernd<br />
mehr als 1.000 Arbeitnehmer/innen beschäftigen, trat<br />
die Verpflichtung mit 1. 3. <strong>2011</strong> in Kraft und ist bis<br />
spätestens 31. 7. <strong>2011</strong> der Bericht bereits für das Jahr<br />
2010 (!) zu erstellen. Für Unternehmen, die zwischen<br />
500 und 1001 Arbeitnehmer/innen beschäftigen, tritt<br />
die Verpflichtung am 1. 1. 2012 in Kraft und ist der<br />
Bericht für das Jahr <strong>2011</strong> bis spätestens im ersten<br />
Quartal zu erstellen. So erfolgt weiters eine jährlich<br />
stufenweise Einführung der Einkommensberichtspflicht<br />
für Arbeitgeber/innen mit mehr als 150, aber<br />
weniger als 251 Arbeitnehmer/innen, die mit 1. 1.<br />
2014 in Kraft tritt und der Bericht für das Jahr 2013<br />
zu erstellen ist. Daraus folgt, dass für Unternehmen,<br />
die dauernd weniger als 151 Arbeitnehmer/innen beschäftigen,<br />
keine Pflicht zur Erstellung eines Einkommensberichtes<br />
besteht. 6) Für die Praxis bedeutet dies<br />
eine genaue Beobachtung der Anzahl der Arbeitnehmer/innen<br />
eines Unternehmens, um festzustellen, ob<br />
eine Pflicht zur Erstellung eines Einkommensberichtes<br />
besteht.<br />
2. Lohnangabe in Stelleninserat<br />
Neu eingeführt wurde auch die Verpflichtung des<br />
Unternehmens, in einem Stelleninserat das für die<br />
konkrete ausgeschriebene Stelle kollektivvertragliche<br />
oder anders durch Gesetz oder andere Normen kollektiver<br />
Rechtsgestaltung anzuwendende Mindestentgelt<br />
anzugeben (§ 9 Abs 2 GlBG). Weiters hat der Arbeitgeber<br />
bzw die Arbeitgeberin darauf hinzuweisen,<br />
ob eine Bereitschaft zur Überzahlung besteht oder<br />
nicht.<br />
Diese Pflicht trat zwar grundsätzlich mit 1. 3. <strong>2011</strong><br />
in Kraft (§ 63 Abs 5 GlBG), jedoch erfolgt das Inkrafttreten<br />
der für Arbeitgeber bzw Arbeitgeberinnen relevanten<br />
Strafbestimmung des § 10 Abs 3 Z 2 GlBG erst<br />
mit 1. 1. 2012 (§ 63 Abs 5 GlBG). 7) Darüber hinaus ist<br />
ein Arbeitgeber bzw eine Arbeitgeberin bei einem erstmaligen<br />
Verstoß gegen das Gebot der Lohnangabe im<br />
Stellengesuch zunächst bloß zu ermahnen und kann<br />
erst bei einem weiteren Verstoß eine Geldstrafe von<br />
€ 360,– verhängt werden.<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />
3. Freiwillige Quoten für Aufsichtsräte<br />
Die österreichische Bundesregierung verständigte sich<br />
am 15. 3. <strong>2011</strong> auf eine zunächst freiwillige Verpflichtung<br />
von staatsnahen Unternehmen, eine Quote von<br />
(derzeit geplant) 25% für Frauen in Aufsichtsräten vorzusehen.<br />
8) In diesem Zusammenhang bleibt abzuwarten,<br />
ob nach ersten (positiven) Erfahrungen in diesen<br />
staatsnahen Unternehmen diese Verpflichtung auf Unternehmen<br />
der Privatwirtschaft ausgedehnt wird.<br />
III. Schuldrecht<br />
Im GlBG finden sich seit Umsetzung der Antirassismus-RL<br />
9) sowie der Güter-Gleichbehandlungs-RL 10)<br />
auch Bestimmungen, die eine Gleichbehandlung beim<br />
Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und<br />
Dienstleistungen, dh für Bereiche des Schuldrechts<br />
vorsehen. Mit der Novelle <strong>2011</strong> wurde in diesem Bereich<br />
eine Verpflichtung zum diskriminierungsfreien<br />
Inserieren von Wohnraum eingeführt und ehemals getrennte<br />
Bestimmungen für die Diskriminierungsgründe<br />
des Geschlechts und der ethnischen Zugehörigkeit<br />
zusammengefasst. Diesbezüglich ist anzumerken,<br />
dass im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung<br />
eine Erweiterung des Diskriminierungsschutzes beim<br />
Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und<br />
Dienstleistungen auf andere Diskriminierungsgründe<br />
als das Geschlecht, die ethnische Zugehörigkeit und<br />
der Behinderung vorgesehen war.<br />
1. Diskriminierungsfreies Inserieren von<br />
Wohnraum<br />
§ 36 GlBG bestimmt seit 1. 3. <strong>2011</strong>, dass das (öffentliche)<br />
Inserieren von Wohnraum nicht in einer diskriminierenden<br />
Weise erfolgen darf. Diskriminierend ist das<br />
Inserieren, wenn Personen aufgrund ihres Geschlechts<br />
(zB „nur für Frauen“) oder ihrer ethnischen Zugehörigkeit<br />
(zB „keine Ausländer“) ausgeschlossen werden.<br />
6) Damit soll wohl va datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet werden,<br />
dass bei kleineren Betrieben aufgrund der geringen Anzahl von<br />
Arbeitnehmer/innen eine Zuordnung zu einzelnen Personen bereits<br />
auf Grundlage des Einkommensberichtes möglich sein könnte (vgl<br />
ErläutRV 938 BlgNR 24. GP 7 f).<br />
7) Die vorläufige Suspendierung der Strafbestimmung führt in der Praxis<br />
dazu, dass derzeit die Verpflichtung mehr oder weniger ignoriert<br />
wird (http://diestandard.at/1297822078684/Missachtung-ist-die-<br />
Regel [10. 4. <strong>2011</strong>]).<br />
8) Siehe dazu www.frauen.bka.gv.at/site/cob__42745/currentpage__0/<br />
6608/default.aspx (10. 4. <strong>2011</strong>).<br />
9) RL 2000/43/EG des Rates v 29. 6. 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes<br />
ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen<br />
Herkunft (Antirassismus-RL), ABl L 2000/180, 22.<br />
10) RL 2004/113/EG des Rates v 13. 12. 2004 zur Verwirklichung des<br />
Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim<br />
Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen<br />
(Güter-Gleichbehandlungs-RL), ABl L 2004/373, 37.<br />
Abhandlungen<br />
Aktuelles zum Gleichbehandlungsrecht<br />
Autor: Mag. Christoph Kasper, Graz<br />
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