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Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Urlaubsreise angelegten Reise nebenbei wahrgenommener<br />

betrieblicher bzw beruflicher Termin als bloß<br />

untergeordneter Umstand keine (auch nicht eine anteilige)<br />

Berücksichtigung der Fahrtkosten zu rechtfertigen.<br />

Danach stellen, wenn die Reise voneinander abgrenzbare,<br />

einerseits durch die Einkünfteerzielung<br />

und andererseits privat veranlasste Zeitanteile enthält,<br />

die durch die Einkünfteerzielung veranlassten Teile Betriebsausgaben<br />

bzw Werbungskosten dar. Im Fall einer<br />

qualitativ oder zeitmäßig völlig untergeordneten Mitveranlassung<br />

durch die Lebensführung bzw die Erwerbstätigkeit<br />

richtet sich das steuerliche Schicksal<br />

der Fahrtkosten nach der unzweifelhaft und eindeutig<br />

im Vordergrund stehenden Veranlassung. Wenn hingegen<br />

(nicht bloß völlig untergeordnete) betriebliche bzw<br />

berufliche und private Veranlassungsbeiträge eine solche<br />

Gemengelage, ein solches Ineinandergreifen bewirken,<br />

dass eine Trennung nicht möglich ist, kommt der<br />

Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht.<br />

Lässt sich eine Veranlassung durch die Erwerbssphäre<br />

nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten<br />

Ermittlungsmaßnahmen und der gebotenen Mitwirkung<br />

des Steuerpflichtigen nicht feststellen, ist die<br />

Abziehbarkeit der Aufwendungen nicht gegeben (vgl<br />

Pezzer, DStR 2010, 93, 96).<br />

Anmerkung:<br />

1. Mit dem vorliegenden Erk rückt der VwGH von seiner<br />

bisherigen Rsp-Linie ab, wonach privat mitveranlasste<br />

Geschäftsreisen zur Gänze ihre steuerliche Absetzbarkeit<br />

verlieren. Diese Judikatur wurde darauf gestützt, dass das<br />

EStG 1988 bei den Reisekostenregelungen des § 4 Abs 5<br />

und § 16 Abs 1 Z 9 auf „ausschließlich“ betrieblich bzw beruflich<br />

veranlasste Reisen abstellt. Daraus wurde ein Aufteilungsverbot<br />

abgeleitet, das letztlich vielfach zu wenig<br />

sachgerechten Ergebnissen geführt und eindeutig nachweisbare<br />

(Teil-)Veranlassungen durch die Erwerbssphäre ignoriert<br />

hat.<br />

2. Nach Kritik aus der Lehre und einer Judikaturwende<br />

in Deutschland (vgl BFH, Beschluss des Großen Senats vom<br />

Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />

21. 9. 2009, GrS 1/06) hat der VwGH die Novellierung<br />

der Reisekostenregelung durch das BudBG 2003 zu einer<br />

Neubewertung seiner bisherigen Judikatur genutzt und lässt<br />

künftighin eine gesonderte Beurteilung der einzelnen<br />

Abschnitte einer Reise und eine Aufteilung nach den betrieblichen/beruflichen<br />

und privaten Zeitanteilen (Tagen)<br />

zu. Auch zur steuerlichen Behandlung der (gemeinsam veranlassten)<br />

Fahrtkosten von gemischt veranlassten Reisen<br />

hat der VwGH im vorliegenden Erk genaue und sinnvolle<br />

Abgrenzungsregeln getroffen, die über ein bloßes „Stundenzählen“<br />

der jeweiligen Reiseabschnitte hinausgehen (s die<br />

Hervorhebung in der abgedruckten Begründung). Zudem<br />

hat der VwGH seine neue Reisejudikatur auch in grundsätzliche<br />

(hier nicht abgedruckte) Überlegungen zu den Abzugsverboten<br />

nach § 20 EStG eingebettet und Typisierungen<br />

für die beschränkte steuerliche Absetzbarkeit von<br />

Wirtschaftsgütern des Haushalts und der Lebensführung<br />

im Lichte des § 20 EStG gemacht (vgl zum Erk Zorn, ÖStZ<br />

<strong>2011</strong>, 123 ff).<br />

3. Die neue Auffassung des VwGH bringt eine wesentliche<br />

Erleichterung für AbgPfl bei der steuerlichen Geltendmachung<br />

ihrer Reisekosten. Sie ist auch aus steuersystematischen<br />

Gesichtspunkten zu begrüßen. So war es<br />

doch nicht einsichtig, warum eindeutig beruflich veranlasste<br />

Reiseaufwendungen – wegen einer Infektion durch eine teilweise<br />

private Mitveranlassung – nicht mehr steuerlich absetzbar<br />

sein sollten (die auf Basis der Reise erzielten Einnahmen<br />

dagegen natürlich weiter steuerlich erfasst wurden). Die<br />

Entscheidung des VwGH bringt damit ein bisheriges Missverhältnis<br />

wieder ins steuersystematische Lot.<br />

4. Die Beweislast für die Aufteilung der Reise liegt – so<br />

der VwGH – vorrangig beim AbgPfl. Dieser habe entsprechende<br />

Nachweise zu erbringen, zu denen die Beh Feststellungen<br />

zu machen hat. Dabei muss das Vorbringen des<br />

AbgPfl wohl über die Behauptungsebene hinausgehen und<br />

– etwa durch entsprechende Belege oder Terminaufzeichnungen<br />

– auch einer beh Überprüfung zugänglich sein (vgl in<br />

diesem Sinne die allgemeinen einleitenden Ausführungen<br />

des VwGH zu Wirtschaftsgütern des Haushalts im vorliegenden<br />

Erk).<br />

Franz Philipp Sutter<br />

Rechtsprechung<br />

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