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Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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dem Formblatt A, sind wesentliche Elemente der deutschen<br />

und österreichischen Mahnklagsformulare übernommen<br />

worden. Dennoch führen aber manche Formulierungen<br />

zu Missverständnissen, so sind beispielsweise<br />

mit Antragsgebühren (Code 01 in Feld 9) nur die Gerichtskosten,<br />

nicht aber Anwaltskosten gemeint.<br />

Das Formular wird derzeit in Brüssel von der EU-<br />

Kommission legistisch überarbeitet, um missverständliche<br />

Formulierungen klarzustellen.<br />

Trotz allem ist das derzeitige Formular im Wesentlichen<br />

aber selbsterklärend. Zusätzlich gibt es Ausfüllanleitungen<br />

am Formular selbst.<br />

Zur Unterstützung beim Ausfüllen des Formblatts<br />

steht für nicht anwaltlich vertretene Antragsteller der<br />

Amtstag zur Verfügung. Seit Einführung des Europäischen<br />

Mahnverfahrens haben wir aber in vielen Fällen<br />

– auch für Anwaltskanzleien – telefonisch Unterstützung<br />

bei der Antragstellung gewährt.<br />

Als das Verfahren in Österreich eingeführt wurde,<br />

gab es große Probleme mit dem Ausfüllen des Formulars.<br />

Nach meiner Einschätzung war anfangs weit mehr<br />

als die Hälfte der Anträge unvollständig oder widersprüchlich<br />

ausgefüllt. Diese Fehlerquote hat sich mittlerweile<br />

deutlich reduziert.<br />

Nach der EU-Mahnverordnung ist auch das Verbesserungsverfahren<br />

formalisiert. Dabei wird der Antragsteller<br />

mit einem weiteren Formular, dem Formblatt<br />

B, aufgefordert, die Mängel zu beheben, widrigenfalls<br />

sein Antrag zurückgewiesen wird.<br />

Dazu das folgende Beispiel aus einem Verbesserungsformular:<br />

„Code 06 : Erläuterungen : Angaben in Feld 6 sind in<br />

Widerspruch mit Feld 7, ID in Feld 7 ergänzen.“<br />

Man kann sich vorstellen, dass im Ausfüllen von Formularen<br />

ungeübte AntragstellerInnen mit diesen Anweisungen<br />

auch nicht viel anfangen können.<br />

Wenn ein Rechtsanwalt als Antragstellervertreter<br />

einschreitet bzw die Telefonnummer des Antragstellers<br />

bekannt ist, werden daher Verbesserungsaufträge nicht<br />

schriftlich erteilt, sondern – wenn möglich – telefonisch<br />

abgewickelt.<br />

IV. Verzicht auf Fortführung des<br />

Verfahrens<br />

Eine bemerkenswerte Besonderheit des Europäischen<br />

Mahnverfahrens ist, dass der Antragsteller im Antrag<br />

erklären kann, auf die Weiterführung des Verfahrens<br />

zu verzichten, wenn ein Einspruch einlangen sollte.<br />

Dazu ist Anhang 2 zu Formblatt A auszufüllen. Der Beklagte<br />

wird von dieser Erklärung selbstverständlich<br />

nicht informiert.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass Anhang 2 ab und zu – im<br />

Laufe des Formularausfüllungsschwungs – versehentlich<br />

ausgefüllt wird. Wenn auch manchmal für das Gericht<br />

Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />

der Verdacht nahe liegt, dass der Verzicht auf Weiterführung<br />

des Verfahrens tatsächlich nicht gewollt ist, kann<br />

dazu ein Verbesserungsauftrag nicht erteilt werden.<br />

Langt letztendlich ein Einspruch ein, wird mit Beschluss<br />

festgestellt, dass das Verfahren beendet ist.<br />

Der Antrag auf Erlassung eines Europäischen Zahlungsbefehls<br />

kann aber auch in diesem Fall jederzeit<br />

neu eingebracht werden. Der Einwand der res iudicata<br />

kann vom Antragsgegner nicht erhoben werden.<br />

V. Anwaltliche Tätigkeit<br />

Die Mehrzahl der Anträge wird von Rechtsanwälten<br />

eingebracht. Eine Einbringung im ERV (als „sonstige<br />

Ersteingabe“) ist möglich. Da die von der Bundesrepublik<br />

Deutschland und Österreich entwickelte EUM<br />

IT-Applikation noch nicht mit dem ERV kompatibel<br />

ist, müssen sämtliche Anträge von den Kanzleibediensteten<br />

händisch in die neue Applikation eingegeben werden.<br />

Noch im Sommer (geplanter Termin 1. 7. <strong>2011</strong>)<br />

soll die ERV-Verordnung geändert werden und das<br />

strukturierte Einbringen des Antrages – wie im inländischen<br />

Mahnverfahren – verpflichtend sein. Damit wird<br />

auch das derzeit noch bestehende Problem, dass Folgeeingaben<br />

– wie zum Beispiel die Namhaftmachung des<br />

zuständigen Gerichtes – unter der EuM-Zahl nicht<br />

möglich sind, sondern unter der Nc-Zahl als Folgeeingabe<br />

eingebracht werden müssen, behoben sein.<br />

VI. Sprache<br />

Ein großer Vorteil der EUM IT-Applikation ist, dass<br />

der Europäische Zahlungsbefehl, genauer gesagt das<br />

Formblatt dazu, per Knopfdruck in alle europäischen<br />

Sprachen übersetzt werden kann.<br />

Grundsätzlich wird der EU-Zahlungsbefehl in deutscher<br />

Sprache ausgestellt und zugestellt. Der Antragsgegner<br />

kann nach Art 8 der EU-Zustellverordnung<br />

die Übernahme verweigern, wenn der Zahlungsbefehl<br />

nicht in der Amtssprache des Empfangsmitgliedstaates<br />

oder in einer Sprache abgefasst ist, die der Antragsgegner<br />

versteht.<br />

Die IT-Applikation macht eine Zustellung in deutscher<br />

Sprache und in der Sprache des Antragsgegners<br />

– im Idealfall ohne Beiziehung eines Dolmetschers –<br />

möglich.<br />

Voraussetzung dafür ist, dass der Antragsteller in das<br />

Formblatt lediglich die Codes einsetzt, die das Formblatt<br />

vorgibt und so wenig eigene Worte wie möglich<br />

(zB Mahnspesen, Anwaltskosten) verwendet.<br />

Für den Fall, dass nur die vorgegebenen Zahlencodes<br />

(zB Code 01 in Feld 6 für Kaufvertrag, Code 01A in<br />

Feld 7 für gesetzlichen Zinssatz) verwendet werden,<br />

kann der deutsche Europäische Zahlungsbefehl per<br />

Knopfdruck in einen slowenischen, italienischen oder<br />

spanischen Zahlungsbefehl umgewandelt werden.<br />

Abhandlungen<br />

Das Europäische Mahnverfahren<br />

Autorin: Mag. Martina Arneitz, Wien<br />

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