Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag
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Für Sie gelesen<br />
" Verhandeln vor Gericht. Zuhören – Verstehen – Vertreten. Von<br />
Claudia Bouhafa/Robert Fucik/Susanna Kleindienst-Passweg/Rose-<br />
Marie Rath. Schriftenreihe Anwaltsstrategien, Verlag Österreich,<br />
Wien <strong>2011</strong>, 280 Seiten, br, a 32,–.<br />
Kommunikationsfähigkeit ist eine Grundvoraussetzung<br />
jeder anwaltlichen Tätigkeit.<br />
Daher bilden „soft skills“ einen wichtigen Teil<br />
der Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern.<br />
Die AutorInnen des vorliegenden Werkes<br />
gestalten seit einiger Zeit Seminare der<br />
Anwaltsakademie, die die Schulung von Verhandlungstechniken<br />
zum Schwerpunkt haben.<br />
Aufgrund des positiven Echos und der<br />
Nachfrage wurde der Inhalt des Seminars in Buchform gefasst<br />
und ist damit auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.<br />
Das vorliegende Werk richtet sich vorwiegend an<br />
Kollegen, die ihre Laufbahn als Rechtsanwaltsanwärter<br />
gerade erst begonnen haben. Es bietet jedoch zahlreiche<br />
Hintergrundinformationen und Ratschläge, die auch für verhandlungserfahrene<br />
Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen<br />
praktisch verwertbar sind.<br />
Die AutorInnen, allesamt in juristischen Berufen tätig und<br />
etabliert, gewähren dem Leser Einblicke in die Erfahrungen<br />
und Erkenntnisse des beruflichen Alltags von Richtern und<br />
Anwälten und vermitteln Kenntnisse und Fähigkeiten der<br />
verbalen und nonverbalen Kommunikation, die von der<br />
Erstinformation durch den Klienten bis hin zum rechtskräftigen<br />
Urteil benötigt werden, wobei sowohl die Sichtweise<br />
des Richters als auch die des Anwalts ausgewogen behandelt<br />
wird.<br />
In den ersten Kapiteln werden Grundlagen der Kommunikationstechniken<br />
aufbereitet. Das sind vor allem bestimmte<br />
Verständnis- und Fragetechniken, die den Umgang<br />
mit den am juristischen Berufsleben teilnehmenden Personen<br />
erleichtern sollen. Die präsentierten Techniken lassen<br />
sich aber auch im nicht juristischen Alltag hervorragend anwenden.<br />
So mancher hat bereits aus eigenem erfahren, dass<br />
der Inhalt einer Mitteilung trotz größter Sorgfalt bei der<br />
Wahl der Worte nicht so wie erwartet beim Gegenüber ankommt.<br />
Rückfragen und vergewissern, ob das Gehörte beim<br />
Empfänger auch richtig angekommen ist, lautet die Devise.<br />
Dies ist ein wichtiger Baustein jener grundlegenden Kommunikationstechniken,<br />
die zum Repertoire der AnwältInnen<br />
gehören sollen.<br />
Nicht unterschätzt und daher auch nicht unerwähnt bleiben<br />
darf neben der verbalen Kommunikationsfähigkeit die<br />
Interpretation der Körpersprache und der nonverbalen Signale.<br />
Dies gilt insbesondere im Prozess. Auf was gilt es zu<br />
achten, wie darf ich die eine oder andere Gestik meines Gegenübers<br />
interpretieren? Das sind die Fragen, über die das<br />
Buch Aufschluss gibt. Einen großen Teil der Aufmerksam-<br />
Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />
Rezensionen<br />
keit des Lesers wird hier wohl das Kapitel „Erkennungsmerkmale<br />
einer Lüge“ auf sich ziehen.<br />
Abgesehen vom Problem der Lüge, muss man sich aber<br />
ständig vergegenwärtigen, dass jeder durch Körpersprache<br />
und Kleidung nonverbale Signale aussendet. Wie wirke ich<br />
auf KlientInnen, wie auf den Gegner oder den Richter?<br />
Diesbezüglich regt das Buch dazu an, sich seiner eigenen<br />
Körpersprache und nonverbalen Signale bewusst zu werden<br />
und mit diesen situationsabhängig bewusst umgehen zu lernen.<br />
Bei all den nützlichen Hinweisen und Tipps gilt es allerdings<br />
zu beachten, dass das vorliegende Werk allein aus<br />
Platzgründen nur einen Streifzug aus der umfangreichen Literatur<br />
zur verbalen und nonverbalen Kommunikation bieten<br />
kann. Buchtipps und weiterführende Informationen sind<br />
der im Anhang befindlichen Literaturliste zu entnehmen.<br />
In den folgenden Kapiteln werden die soeben vermittelten<br />
Techniken praxisbezogen in verschiedenen Situationen angewandt,<br />
mit denen es der Anwalt üblicherweise zu tun<br />
hat: Der Bogen spannt sich hier vom Erstgespräch mit<br />
dem Klienten bis hin zur Verhandlung vor dem Richter.<br />
Anhand von Beispielen aus der Praxis nehmen die<br />
AutorInnen den in schwierigen Situationen oft unerfahrenen<br />
Rechtsanwaltsanwärter an die Hand, weisen auf die möglichen<br />
Fallstricke und die dazugehörigen Lösungswege hin.<br />
Gleichzeitig werden praktische Tipps erteilt, wie man es in<br />
Zukunft besser machen kann.<br />
Ferner werden die verschiedenen Gesprächssituationen<br />
aus verschiedenen Blickwinkeln geschildert. So stellt die Autorin<br />
Mag. a Claudia Bouhafa im 4. Kapitel dar, wie die Anwalts-Richter-Kommunikation<br />
aus Richtersicht idealerweise<br />
auszusehen hat. Wie die anwaltliche Mit-Autorin Dr. Rose-<br />
Marie Rath jedoch richtig hinweist, darf die Aufgabe des Parteivertreters<br />
sich nicht darin erschöpfen, den Richter durch<br />
angepasstes Verhalten zu erfreuen. Seine Aufgabe liegt in einer<br />
bestmöglichen Vertretung des Klienten. Auch wenn dies<br />
manchmal zu Unannehmlichkeiten führen kann.<br />
Einen weiteren Schwerpunkt des Buches bildet der<br />
Rechtsteil. Autor Robert Fucik, der im Übrigen auch die pointierten<br />
Illustrationen zum Buch beigesteuert hat, hat hier unter<br />
Bezugnahme auf die entsprechenden Gesetzesstellen die<br />
wichtigsten prozessualen Regeln zusammengestellt, die es<br />
vor Gericht zu beachten gilt. Form und Inhalt jeder Prozesshandlung<br />
des Anwalts, aber auch die Folgen der Unterlassung<br />
einer solchen, werden anhand der relevanten Gesetzesstellen<br />
dargestellt und vom Autor kommentiert. Aufgrund<br />
seiner jahrelangen richterlichen Tätigkeit schöpft er aus einer<br />
reichen Erfahrung.<br />
Ein Exkurs über das Budgetbegleitgesetz <strong>2011</strong> und den<br />
damit zusammenhängenden Auswirkungen auf die ZPO sowie<br />
Checklisten einzelner Kapitel kompletieren das Buch<br />
und hinterlassen einen runden Eindruck.<br />
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