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Anwaltsblatt 2011/0708 - Österreichischer Rechtsanwaltskammertag

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Und die Mediation?<br />

Die außergerichtliche Konfliktregelung<br />

ebenso wie die Vertretung des Klienten<br />

vor Gericht und Behörden gehören seit jeher<br />

zu den Kernaufgaben des Rechtsanwaltes.<br />

Der Beitrag des Rechtsanwaltes zunächst zur<br />

Vermeidung von Konflikten durch entsprechende<br />

Beratung und Vertragsgestaltung wird<br />

durch seinen Beitrag zur außergerichtlichen<br />

Lösung von Konflikten und schließlich durch<br />

Vertretung vor Gericht ergänzt. Die Verhandlung<br />

eines „Vergleiches“ war und ist eine jener<br />

Aufgaben, die einfach, kostengünstig und<br />

schnell den Klienten zum Ziel bringen soll.<br />

Umso weniger verständlich ist es daher, dass<br />

der Gesetzgeber bisher den seit Jahrzehnten<br />

von der Rechtsanwaltschaft geforderten „Bürgervergleich“,<br />

der es ermöglichen würde, diese<br />

Konfliktlösung auch ohne weiteres mit Vollstreckungswirkung<br />

zu versehen, verweigert.<br />

Seit den späten 80er Jahren ist auch in Österreich<br />

die Mediation als außergerichtliche Konfliktregelung<br />

bekannt. Dabei geht man davon<br />

aus, dass die Beteiligten selbst ihr Konfliktthema<br />

mit Unterstützung eines Mediators lösen<br />

können. Aufgabe des Mediators ist es, nicht<br />

den Inhalt der Lösung zu finden, sondern den<br />

Weg dorthin aufzuzeigen, was bestimmter Mediationstechniken<br />

bedarf. Von den Parteien<br />

wird gefordert, dass sie bereit sind, sich auf diesen<br />

Weg einzulassen.<br />

Die Partei selbst kann sich und sollte sich in<br />

vielen Fällen einer solchen Mediation auch beraten<br />

lassen. Konfliktcoaching bei Rechtskonflikten<br />

durch Rechtsanwälte ist dazu hilfreich<br />

und notwendig.<br />

Der Rechtsanwalt kann sohin im Rahmen einer<br />

Mediation einerseits als Mediator auftreten<br />

– und viele Rechtsanwälte sind tatsächlich in<br />

der Liste der gerichtsnahen Mediatoren eingetragen<br />

– und wird andererseits als Berater der<br />

Partei tätig.<br />

Sowohl die Tätigkeit des Rechtsanwaltes als<br />

Mediator (siehe dazu auch §§ 63 ff der Richtlinien<br />

für die Berufsausübung) als auch die Beratung<br />

anlässlich einer Mediation erfordern<br />

Österreichisches <strong>Anwaltsblatt</strong> <strong>2011</strong>/07-08<br />

Kenntnisse über das Wesen und die Techniken<br />

der Mediation. Ausbildungsveranstaltungen<br />

bilden Rechtsanwaltsanwärter daher auch in<br />

Mediation und anderen Methoden der außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung aus. Sowohl die<br />

Mediation als auch die Mediationsbegleitung<br />

durch Rechtsanwälte gehören zum Berufsbild<br />

des Rechtsanwaltes.<br />

Es ist daher Aufgabe jedes Rechtsanwaltes,<br />

im Rahmen des Versuches einer außergerichtlichen<br />

Streitbeilegung vor Klagseinbringung,<br />

seinen Mandanten mit der Möglichkeit einer<br />

Mediation vertraut zu machen, und er wird,<br />

wenn es zu einer solchen Mediation tatsächlich<br />

kommt, seinen Mandanten in dieser Mediation<br />

zu begleiten und zu beraten haben, denn anders<br />

besteht die Gefahr, dass Erklärungen oder<br />

Zugeständnisse des Mandanten in einem Mediationsprozess,<br />

der zuletzt scheitert, die Position<br />

des Mandanten im Prozess verschlechtern<br />

oder gefährden.<br />

Die Gerichte werden daher davon auszugehen<br />

haben, dass vertretene Streitteile bei der<br />

vorbereitenden Verhandlung bereits über die<br />

Mediation informiert wurden und eine solche<br />

Lösung nicht wünschen. Anders wäre es voraussichtlich<br />

gar nicht zur gerichtlichen Auseinandersetzung<br />

gekommen.<br />

Die Gerichte werden davon vor allem auch<br />

deshalb auszugehen haben, weil es doch sonst<br />

nicht erklärbar wäre, warum eine teure Pauschalgebühr<br />

bezahlt wird, die dann in der<br />

Folge nach einer erfolgreichen Mediation<br />

während eines Gerichtsverfahrens verloren<br />

geht, wenn man es auch anders haben konnte.<br />

Dennoch sieht § 204 ZPO vor, dass der<br />

Richter auch auf die Möglichkeit einer Mediation<br />

hinweisen kann. Ein solcher Hinweis ist<br />

also zulässig. Die Parteien werden ihn annehmen<br />

oder ablehnen. Im Falle einer Ablehnung<br />

auch nur durch eine Partei sieht die ZPO die<br />

Fortsetzung des Verfahrens vor. Weitere Erläuterungen<br />

durch das Gericht oder gar durch<br />

zu diesem Zweck eingeladene Mediatoren erübrigen<br />

sich sohin von selbst.<br />

Editorial<br />

Präsident Dr. Benn-Ibler<br />

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