Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
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iM FoKUS<br />
ans Tageslicht, dass Deutschland ein<br />
Rückzugsraum für internationale Terroristen<br />
geworden war. Als Antwort auf<br />
die Frage, wie darauf reagiert werden<br />
sollte, wurde das sogenannte Gemeinsame<br />
Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ)<br />
eingerichtet. Dort tauschen sich alle Sicherheitsbehörden<br />
des Bundes – vom<br />
Bundesnachrichtendienst über den Verfassungsschutz<br />
bis hin zum Bundeskriminalamt<br />
und zum Militärischen Abschirmdienst<br />
(MAD) – mit den entsprechenden<br />
Behörden <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> über die<br />
jeweils aktuelle Bedrohung durch den<br />
Islamismus aus. Der Rückblick zeigt:<br />
Das GTAZ hat sich bewährt. Es hat sich<br />
in <strong>der</strong> Praxis inzwischen zu einem wesentlichen<br />
Element einer effizienten Abwehrstrategie<br />
gegen den internationalen<br />
Terrorismus entwickelt. Daher habe ich<br />
2011 nach <strong>der</strong> Aufdeckung <strong>der</strong> „NSU“-<br />
Terrorbande entschieden, auch ein gemeinsames<br />
Abwehrzentrum gegen den<br />
Rechtsextremismus zu errichten, das im<br />
Aufbau dem bewährten GTAZ entspricht.<br />
In diesem Rahmen treffen sich<br />
unter an<strong>der</strong>em Verfassungsschützer, Polizeibeamte,<br />
MAD-Angehörige und<br />
Bundespolizisten wöchentlich, um sich<br />
in unterschiedlichen Arbeitskreisen zu<br />
beson<strong>der</strong>en Vorkommnissen und gegenseitig<br />
relevanten Erkenntnissen auszutauschen.<br />
Dieses Modell halte ich für<br />
zukunftsweisend: Nicht Fusionen und<br />
Mammutbehörden sollten unser Ziel<br />
sein, son<strong>der</strong>n die Verbesserung <strong>der</strong> Vernetzung<br />
<strong>der</strong> vorhandenen – gut organisierten<br />
und spezialisierten – Einheiten.<br />
Das hat mich bewogen, diese Struktur<br />
auch auf die Phänomenbereiche<br />
Linksextremismus und Linksterrorismus,<br />
Auslän<strong>der</strong>extremismus und Auslän<strong>der</strong>terrorismus<br />
sowie Spionage / Proliferation<br />
zu übertragen und an den<br />
Standorten von Bundesamt für Verfas-<br />
sungsschutz und BKA in Köln und Meckenheim<br />
das Gemeinsame Extremismus-<br />
und Terrorismusabwehrzentrum<br />
ins Leben zu rufen.<br />
So wichtig eine optimale Vernetzung<br />
<strong>der</strong> Behörden ist, so zahnlos sind unsere<br />
Behörden, wenn wir nicht auch auf einem<br />
zweiten Feld mit <strong>der</strong> Zeit gehen.<br />
Die Nutzung mo<strong>der</strong>nster Informationstechnik<br />
spielt bei <strong>der</strong> Bekämpfung des<br />
Terrorismus eine immer wichtigere Rolle.<br />
Die terroristischen Netzwerke kommunizieren<br />
mit mo<strong>der</strong>nster Informationstechnologie<br />
und nutzen diese für<br />
ihre Propaganda. Daher wird es immer<br />
schwieriger, die handelnden Akteure<br />
und ihre Unterstützer, aber auch ihre<br />
Strategie und ihre Ziele, auszumachen.<br />
Wir müssen beson<strong>der</strong>e Anstrengungen<br />
darauf verwenden, dass unsere Sicherheitsbehörden<br />
in <strong>der</strong> Praxis fähig bleiben,<br />
die Telekommunikation Verdächtiger<br />
zu überwachen.<br />
Seit 2007 speichern alle Sicherheitsbehörden<br />
wie beispielsweise <strong>der</strong> Bundesnachrichtendienst<br />
mit seinen international<br />
gewonnenen Erkenntnissen in<br />
<strong>der</strong> Anti-Terror-Datei Namen von Terroristen<br />
o<strong>der</strong> potenziellen Terroristen. Mit<br />
Hilfe dieser Datei können die teilnehmenden<br />
Behörden Informationen über<br />
Namen und Identität einzelner Betroffener<br />
abrufen und so die jeweiligen Erkenntnisse<br />
schnell und effektiv austauschen.<br />
Die Schaffung <strong>der</strong> Anti-Terror-<br />
Datei war ein wichtiger Schritt für die<br />
vERNEtZUNg statt Fusion <strong>der</strong><br />
institutionen muss das Ziel sein.<br />
Sicherheit unseres Landes. Das Bundesverfassungsgericht<br />
prüft <strong>der</strong>zeit die Verfassungsmäßigkeit<br />
<strong>der</strong> Anti-Terror-Datei.<br />
Ich bin fest davon überzeugt, dass<br />
sie ein unverzichtbares Mittel ist, um<br />
den internationalen Terrorismus effektiv<br />
zu bekämpfen. In diesem Zusammenhang<br />
begrüße ich, dass wir zukünftig<br />
mit dem so genannten Datenabgleichverfahren<br />
ein weiteres Instrument<br />
erhalten, um die Sicherheit in unserem<br />
Land zu verbessern. Das Datenabgleichverfahren<br />
soll den beson<strong>der</strong>en sicherheitspolitischen<br />
Interessen im Visumverfahren<br />
Rechnung tragen, in dem Daten<br />
von Drittstaatsangehörigen, die einer<br />
Visumpflicht unterliegen, mit bestimmten<br />
Daten aus <strong>der</strong> Anti-Terror-<br />
Datei abgeglichen werden.<br />
Ein an<strong>der</strong>es wichtiges technisches<br />
Element unserer Sicherheitsarchitektur<br />
ist die Rechtsextremismus-Datei, die<br />
wir nach Aufdeckung <strong>der</strong> „NSU“-Morde<br />
ins Leben gerufen haben. In dieser Datei<br />
sind sämtliche Personen, die aufgrund<br />
rechtsextremistisch motivierter Straftaten<br />
auffällig wurden, gelistet. Die Datei<br />
ist mit einer intelligenten Suchfunktion<br />
ausgestattet, die eine schnelle und effektive<br />
Nutzung <strong>der</strong> gespeicherten Daten<br />
ermöglicht. Die zuständigen Beamten<br />
können einen o<strong>der</strong> mehrere Begriffe eingeben<br />
und erhalten ein Ergebnis, das die<br />
entsprechenden Begriffe vernetzt. Wie<br />
die Anti-Terror-Datei ist auch diese Datei<br />
nicht unumstritten. Aber auch hier<br />
bin ich davon überzeugt, dass sie das<br />
richtige Mittel ist, um unsere Sicherheitsbehörden<br />
mit den erfor<strong>der</strong>lichen<br />
Daten und Erkenntnissen zu versorgen<br />
– immer mit dem Ziel, die innere Sicherheit<br />
Deutschlands zu gewährleisten.<br />
Unser Wissen vernetzen wir auch in<br />
Bezug auf die in Deutschland vorhandenen<br />
Schusswaffen. Es gibt mehr als 550<br />
Mo<strong>der</strong>nste INfORMAtIONStECHNIK<br />
wird bei <strong>der</strong> Bekämpfung des<br />
Terrorismus und <strong>der</strong> organisierten<br />
Kriminalität immer wichtiger.<br />
Waffenbehörden in Deutschland, die<br />
Waffen in <strong>der</strong> Vergangenheit unter jeweils<br />
ganz unterschiedlichen Bezeichnungen<br />
registriert haben. Einmal wurde<br />
mir eine Waffenbesitzkarte gezeigt, auf<br />
<strong>der</strong> zur Beschreibung <strong>der</strong> Waffe nur ein<br />
einziges Wort eingetragen war: „Schießgewehr“.<br />
Man kann sich vorstellen, dass<br />
diese Waffe im Ernstfall höchstens nach<br />
Wochen o<strong>der</strong> Monaten zugeordnet werden<br />
kann. Unsere Antwort auf diese Situation<br />
ist das Nationale Waffenregister,<br />
das Informationen über Waffen<br />
bündelt. Damit sind wir 2013 zum ersten<br />
Mal in <strong>der</strong> Lage, rund um die Uhr<br />
per Knopfdruck festzustellen, ob eine<br />
Waffe eines bestimmten Fabrikats und<br />
Modells in Deutschland registriert ist –<br />
und falls ja, wo und unter welchem Namen.<br />
Das Problem <strong>der</strong> illegalen Waffen<br />
ist damit – dessen bin ich mir bewusst<br />
– nicht gelöst; dennoch halte ich es aber<br />
für einen enormen Fortschritt, die Informationen<br />
zu bündeln und als nächsten<br />
Schritt auch die Geschichte einer Waffe<br />
– also Herstellung, erster Verkauf, Weiterverkauf<br />
– in einem Nationalen Waffenregister<br />
nachvollziehen zu können.<br />
Wir nutzen also auf vielfältige Weise<br />
mo<strong>der</strong>ne Informations- und Kommunikationstechnologien,<br />
um die Abwehrkraft<br />
unseres Staates gegenüber dem<br />
Terrorismus und <strong>der</strong> organisierten Kriminalität<br />
zu stärken.<br />
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