Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
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PoLiTiScHE-STUdiEN-ZEiTGESPRäcH<br />
8 POLITISCHE STUDIEN // 448<br />
„Wir müssen die Sozialsysteme in die Lage<br />
versetzen, jedem Bürger das was nötig ist,<br />
in einer Art „Grundsicherung“ zu gewähren.<br />
Politik seit Jahrzehnten bekannt, gehandelt<br />
wurde aber nur unzureichend. Die<br />
Leistungen aus den Sozialsystemen für<br />
die ältere Generation wurden systematisch<br />
verringert, sei es durch Besteuerung<br />
<strong>der</strong> Rente, Zuzahlungen im Krankheitsfall<br />
und vor allem durch die an sich<br />
lobenswerte Einführung <strong>der</strong> Pflegeversicherung,<br />
die aber lei<strong>der</strong> nur als Teilkaskoversicherung<br />
ausgestaltet wurde.<br />
Hierdurch ist Altersarmut programmiert.<br />
Wir können diese Probleme nur<br />
lösen, wenn wir die Sozialsysteme in die<br />
Lage versetzen, jedem Bürger das was<br />
nötig ist, in einer Art „Grundsicherung“<br />
zu gewähren, ohne ihn zu zwingen, sich<br />
einer menschenunwürdigen Prozedur<br />
bei den Sozialbehörden stellen zu müssen.<br />
Um nicht missverstanden zu werden:<br />
Erhalt des Lebensstandards sowie<br />
Komfort und Luxus in allen Bereichen<br />
können und sollen nicht von <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
garantiert werden, das muss<br />
weiterhin Sache des Einzelnen bleiben.<br />
Dass Senioren mit den gewonnenen<br />
Jahren positiv umgehen, zeigt nicht nur<br />
ihre zunehmende Aktivität bei Fitness,<br />
Bildung, Reisen, etc. Auffallend ist ihr<br />
ständig wachsendes Engagement im Ehrenamt<br />
für die vielfältigen Aufgaben in<br />
unserer Gesellschaft. Von 4 Mio. Ehrenamtlern<br />
in Bayern sind 3 Mio. aus <strong>der</strong><br />
Gruppe <strong>der</strong> Senioren. Genau bei dieser<br />
Entwicklung ist auch die Senioren-Union<br />
gefor<strong>der</strong>t. Wir müssen noch mehr<br />
Mitglie<strong>der</strong> gewinnen, die bereit sind,<br />
sich um ihre Mitmenschen ehrenamtlich<br />
zu kümmern, die bereit sind, den<br />
Zusammenhalt unter den Senioren weiterzuentwickeln<br />
und die bereit sind, als<br />
bedeutendste Wählergruppe <strong>der</strong> CSU<br />
(mehr als die Hälfte) bei unseren in <strong>der</strong><br />
Verantwortung stehenden Politikern,<br />
o<strong>der</strong> denen die danach streben, darauf<br />
zu drängen, dass es höchste Zeit ist,<br />
endlich die Aufgaben, die uns <strong>der</strong> demographische<br />
Wandel bringt, grundsätzlich<br />
in Angriff zu nehmen. Alle wissen,<br />
dass es sich um eine Generationenaufgabe<br />
handelt, sie muss aber heute angegangen<br />
werden.<br />
Politische Studien: Debatten um die Zukunft<br />
<strong>der</strong> Altersversorgung, <strong>der</strong> Renten<br />
und des Gesundheitswesens durchziehen<br />
die Gesellschaft und sorgen für Verunsicherung<br />
in vielen Bereichen. Womit kann<br />
eine leistungsfähige Gesellschaft Älterer<br />
zur Entlastung <strong>der</strong> Systeme sozialer Sicherung<br />
beitragen? Womit sind Solidargemeinschaft<br />
und Generationenvertrag zu<br />
stärken? Wie könnte ein generationengerechtes<br />
Deutschland in naher Zukunft<br />
aussehen?<br />
Konrad Weckerle: Natürlich kann eine<br />
leistungsfähige Gesellschaft Älterer zur<br />
Entlastung <strong>der</strong> Systeme sozialer Sicherung<br />
beitragen. Ein erster bereits begonnener<br />
Weg ist die Rente mit 67. Ich<br />
fürchte aber, es wird nicht reichen. Ers-<br />
tens soll sich die Anpassung von 65 auf<br />
67 über 20 Jahre bis 2030 hinziehen.<br />
Das muss schneller gehen. Zum zweiten<br />
muss überlegt werden, ob 67 rententechnisch<br />
das richtige Endalter ist, o<strong>der</strong> ob<br />
nicht doch 70 angestrebt werden muss.<br />
Die Diskussion in diese Richtung ist bereits<br />
spürbar. Hierbei ist die Arbeitsmarktpolitik<br />
viel stärker gefor<strong>der</strong>t als es<br />
heute sichtbar ist, <strong>der</strong> Weg in eine de-<br />
facto-Rentenkürzung ist <strong>der</strong> falsche.<br />
Auch die ständig wie<strong>der</strong>kehrende Diskussion,<br />
ob diese längere Arbeitszeit<br />
dem Dachdecker, dem Bergmann, <strong>der</strong><br />
Krankenschwester usw. zugemutet werden<br />
könne, greift zu kurz. Diese Fragen<br />
sind in <strong>der</strong> Arbeitsmarkt- bzw. <strong>der</strong> Gesellschaftspolitik<br />
zu klären und nicht in<br />
<strong>der</strong> Sozialpolitik.<br />
Ein generationengerechtes Deutschland<br />
für die nahe Zukunft zu schaffen,<br />
ist einfach und schwierig zugleich. Einfach<br />
deswegen, weil wir nur etwas wie<strong>der</strong><br />
in Kraft setzen müssen, was seit langer<br />
Zeit unsere Gesellschaft ausgezeichnet<br />
hat, in den letzten Jahrzehnten aber<br />
zunehmend verschüttet wurde, nämlich<br />
unsere Werte. Je<strong>der</strong> kennt sie, aber keiner<br />
will sie mehr leben. Will Deutschland<br />
als Gesellschaft überleben, bedarf<br />
es <strong>der</strong> Rückkehr dieser Werte: Ehrlichkeit,<br />
Anstand, Zuverlässigkeit, Treue,<br />
solidarisches Verhalten etc. müssen wie<strong>der</strong><br />
an die Stelle eines überbordenden<br />
Egoismus treten, <strong>der</strong> lediglich mit dem<br />
nur scheinbar akzeptablen Begriff <strong>der</strong><br />
individuellen Selbstbestimmung be-<br />
schönigt wird. Wir alle aber wissen,<br />
dass es gerade in <strong>der</strong> heutigen Zeit mehr<br />
als schwierig ist, die Leute davon zu<br />
überzeugen, dass Geben seliger ist als<br />
Nehmen. Nur wenn dieses Denken in<br />
Solidarität wie<strong>der</strong> gesellschaftliches Allgemeingut<br />
wird, haben wir die Chance,<br />
in Deutschland eine generationengerechte<br />
Gesellschaft zu werden. Meine<br />
Zweifel möchte ich aber nicht verhehlen.<br />
Politische Studien: Der demographische<br />
Wandel bringt auch noch einen Rückgang<br />
<strong>der</strong> jungen, aktiven Erwerbsbevölkerung<br />
mit sich, ein Trend, <strong>der</strong> nicht aufzuhalten<br />
sein dürfte. Arbeitskräftemangel wird<br />
branchenübergreifend zu spüren sein.<br />
Man hört bereits, dass Firmen ihre pensionierten<br />
Mitarbeiter zurückholen. Kann<br />
es sein, dass dies die Altersgrenze des Arbeitslebens<br />
nach oben hin öffnet und das<br />
Verhältnis von Arbeit und Alter neu bestimmt?<br />
Erfährt durch die größeren Beschäftigungschancen<br />
Älterer die For<strong>der</strong>ung<br />
nach lebenslangem Lernen einen<br />
neuen Akzent?<br />
Konrad Weckerle: Diese Thematik habe<br />
ich zuvor bereits teilweise angesprochen.<br />
Die Altersgrenze für Beschäftigte<br />
wird zwangsweise ansteigen müssen,<br />
wenn Deutschland nicht in ein finanzielles<br />
Desaster <strong>der</strong> Unausgewogenheit<br />
von geringeren Einkünften und steigenden<br />
Transferzahlungen abstürzen will.<br />
„Will deutschland als Gesellschaft überleben,<br />
bedarf es <strong>der</strong> Rückkehr von Werten.<br />
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