Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
AnAlysen<br />
von „the Muslim threat“, stellten den Islam<br />
einmal mehr als gewalttätig dar und<br />
unterstellten ihm, teuflisch und böse zu<br />
sein.<br />
Iran als „enemy of Israel“,<br />
Ahmadinedschad als Hitler<br />
Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Verknüpfung<br />
<strong>der</strong> Sicherheit Israels mit <strong>der</strong>jenigen <strong>der</strong><br />
USA stellt <strong>der</strong> Iran – insbeson<strong>der</strong>e aus<br />
Sicht <strong>der</strong> Christlichen Rechten – auch in<br />
<strong>der</strong> Ära Obama eine ernst zu nehmende<br />
Bedrohung dar. Christlich-rechte Führungspersönlichkeiten<br />
wie <strong>der</strong> bereits<br />
erwähnte John Hagee sehen daher im<br />
Iran einen Feind Israels, <strong>der</strong> damit<br />
zwangsläufig zum Feind Amerikas wird<br />
und den es zu bekämpfen gilt. Die Erwägung<br />
eines israelischen Präventivschlages<br />
gegen den Iran mit seinen nuklearen<br />
Ambitionen und seiner antiisraelischen<br />
Rhetorik halten viele evangelikale<br />
Christen in den USA für legitim, zumal<br />
Israel an<strong>der</strong>enfalls – so die Begründung –<br />
so etwas wie einen „nationalen Selbstmord“<br />
begehen würde. Aufseiten <strong>der</strong><br />
Christlichen Rechten geht die Rhetorik<br />
mancher sogar so weit, dass eine Analogie<br />
zwischen Adolf Hitler und dem iranischen<br />
Präsidenten Ahmadinedschad<br />
hergestellt wird, dem man vorwirft, die<br />
nukleare Auslöschung Israels zu planen.<br />
Was allerdings in diesem Zusammenhang<br />
nicht ernsthaft in Betracht gezogen<br />
Für die Christlich-Konservativen gilt<br />
<strong>der</strong> IRAN als ein Feind Israels<br />
und damit automatisch als Feind<br />
Amerikas.<br />
70 POLITISCHE STUDIEN // 448<br />
wird, ist die Möglichkeit taktischen<br />
Kalküls und strategischen Denkens aufseiten<br />
Ahmadinedschads und des Teheraner<br />
Regimes: Wer auf internationaler<br />
Bühne hoch pokert, muss nicht immer<br />
tief fallen. In <strong>der</strong> Iranfrage zeichnet sich<br />
somit auch nach <strong>der</strong> Ära Bush kein<br />
grundlegen<strong>der</strong> Wandel im Denken <strong>der</strong><br />
Christlichen Rechten ab, wenngleich in<br />
einigen Denominationen mittlerweile<br />
mo<strong>der</strong>atere Töne zu vernehmen sind als<br />
noch zuvor.<br />
Das Verhältnis <strong>der</strong> Christlichen<br />
Rechten zu Obama 16<br />
Gleich zu Beginn seiner Kandidatur für<br />
das Präsidentenamt im Jahr 2007 hatte<br />
Barack Obama Probleme im Umgang<br />
mit <strong>der</strong> Christlichen Rechten. Deren<br />
Vertreter unterstellten ihm u. a. ein<br />
zweifelhaftes Verhältnis zum Christentum<br />
sowie zu den amerikanischen Werten<br />
jüdisch-christlicher Prägung. Zusätzlich<br />
schürten die christlich-rechten<br />
Organisationen bewusst Ressentiments<br />
gegen Barack Obama, indem sie auf dessen<br />
angeblich muslimische Herkunft<br />
und seinen ihn als „unchristlich“ entlarvenden<br />
zweiten Vornamen „Hussein“<br />
verwiesen. Damit einher ging das pietätlose<br />
Hinterfragen von Obamas Religiosität<br />
mit dem öffentlichen Anzweifeln<br />
seiner US-Staatsbürgerschaft, <strong>der</strong>en<br />
Besitz die Voraussetzung für das Präsidentschaftsamt<br />
ist. Um den Anfeindungen<br />
ein Stück weit zu begegnen, versuchten<br />
<strong>der</strong> demokratische Kandidat<br />
Obama und dessen Beraterteam, <strong>der</strong><br />
amerikanischen Bevölkerung seine religiöse<br />
Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit<br />
zu vermitteln. Beson<strong>der</strong>s betont<br />
wurden dabei seine Hinwendung zur<br />
afroamerikanischen protestantischen<br />
Black Church im Anschluss an sein Jurastudium<br />
in Harvard, seine soziale Ar-<br />
Die Christliche Rechte lehnt Obamas Gesundheitsreform u. a. wegen <strong>der</strong> möglichen Verwendung von<br />
Steuergel<strong>der</strong>n für Abtreibungen strikt ab.<br />
beit als „community organizer“ in den<br />
Armenvierteln Chicagos, die in seiner<br />
Mitgliedschaft bei <strong>der</strong> Trinity United<br />
Church of Christ gipfelte, und die Erwachsenentaufe.<br />
Außerdem traf sich Präsidentschaftsanwärter<br />
Obama mit den<br />
Vertretern <strong>der</strong> verschiedenen Religionsgemeinschaften,<br />
wie etwa mit Pastor<br />
Rick Warren von <strong>der</strong> Baptistengemeinde<br />
Saddleback Church in Kalifornien, um<br />
damit seine ökumenische Offenheit gegenüber<br />
allen Religionen in den USA zu<br />
demonstrieren. Die Bereitschaft Obamas,<br />
öffentlich über seinen Glauben zu<br />
sprechen und den Dialog mit den verschiedenen<br />
religiösen Gruppen zu suchen,<br />
hob ihn deutlich von an<strong>der</strong>en demokratischenPräsidentschaftskandida-<br />
ten ab und ermöglichte ihm überdies,<br />
sich neue Wählergruppen zu erschließen.<br />
Trotz öffentlicher Bekenntnisse Obamas<br />
zum christlichen Glauben und seiner<br />
Gespräche mit evangelikalen Führungspersönlichkeiten<br />
attackierte die<br />
Christliche Rechte die Politik <strong>der</strong> Obama-Administration<br />
während <strong>der</strong> ersten<br />
Amtszeit immer wie<strong>der</strong>. Die Gesundheitsreform,<br />
auch „Obamacare“ genannt,<br />
war einer <strong>der</strong> am heftigsten umstrittenen<br />
Punkte <strong>der</strong> Agenda des Präsidenten.<br />
Vertreter <strong>der</strong> christlich-rechten<br />
Organisationen propagierten, dass als<br />
Folge <strong>der</strong> Reform sogenannte Todesausschüsse<br />
(„death panels“) über das Ausmaß<br />
und die Notwendigkeit <strong>der</strong> Ge-<br />
Quelle: Chip somodevilla/Getty Images<br />
448 // POLITISCHE STUDIEN 71