Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
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Im Fokus<br />
Beson<strong>der</strong>s in den MINT-Fächern (Mathematik,<br />
Informatik, Naturwissenschaft<br />
und Technik), im Ingenieurwesen<br />
und Gesundheitsbereich fehlen uns in<br />
Deutschland bereits viele Fachkräfte<br />
und hier kann eine kluge Zuwan<strong>der</strong>ungsstrategie<br />
dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>der</strong> deutschen Wirtschaft<br />
zu erhalten und den Wohlstand<br />
zu sichern. Ein Instrument dafür ist die<br />
„Blaue Karte EU“. Diese dient <strong>der</strong> „Zulassung<br />
und Mobilität von Drittstaatsangehörigen<br />
zum Zweck <strong>der</strong> Ausübung<br />
einer hochqualifizierten Beschäftigung<br />
von mehr als drei Monaten ... auf diese<br />
Weise sollen die Attraktivität <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
für Hochqualifizierte aus<br />
<strong>der</strong> gesamten Welt erhöht und ihre<br />
Wettbewerbsfähigkeit und ihr Wirtschaftswachstum<br />
gestärkt werden“ 3 .<br />
Dafür müssen die Bewerber mindestens<br />
das 1,5-fache des Durchschnittsgehalts<br />
des Zuwan<strong>der</strong>ungslandes verdienen.<br />
Somit wird sichergestellt, dass die Zuwan<strong>der</strong>er<br />
<strong>der</strong> Aufnahmegesellschaft<br />
nicht zur Last fallen. Bis jetzt kann man<br />
bzgl. <strong>der</strong> Blauen Karte eine positive Bilanz<br />
ziehen. Gerade in Deutschland ist<br />
sie zu einem wichtigen Beitrag für die<br />
Gewinnung und Sicherung hochqualifizierter<br />
Fachkräfte geworden.<br />
Für die EU kann Migration also<br />
auch eine Chance sein, zumindest bis zu<br />
einer gewissen Anzahl. Deshalb ist es so<br />
wichtig, legale Migrationspolitik sinn-<br />
Zuwan<strong>der</strong>ung sollte als ChanCe<br />
betrachtet und aktiv und<br />
gewinnbringend gesteuert werden.<br />
34 POLITISCHE STUDIEN // 448<br />
voll zu steuern. Um aber nicht dauerhaft<br />
mit den Problemen einer übermäßigen<br />
Migration konfrontiert zu werden, muss<br />
das Problem mit einer Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />
Ursachen bekämpft werden. Gerade<br />
Akademiker verlassen ihr Heimatland,<br />
weil sie <strong>der</strong> Meinung sind, in Europa<br />
bessere Berufsperspektiven zu besitzen.<br />
Neben dem ökonomischen Aspekt spielen<br />
aber auch Bürgerfreiheiten, Gesetzgebung<br />
und Demokratie eine wichtige<br />
Rolle. Die EU muss daher versuchen,<br />
Staaten wie Ägypten, Tunesien und Libyen<br />
bei den durch den Arabischen<br />
Frühling hervorgerufenen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
so gut wie möglich zu unterstützen<br />
und ihnen helfen, demokratische Strukturen<br />
aufzubauen. Dies ist ein langwieriger<br />
und großer Prozess, <strong>der</strong> sich aber<br />
neben <strong>der</strong> Migration auch auf an<strong>der</strong>e<br />
wichtige Faktoren positiv auswirken<br />
würde. Eine Unterstützung junger Demokratien<br />
bleibt natürlich nicht nur auf<br />
die arabischen Län<strong>der</strong> Nordafrikas beschränkt,<br />
jedoch erscheinen diese Regionen<br />
vor dem Hintergrund <strong>der</strong> jüngsten<br />
Entwicklungen und <strong>der</strong> geographischen<br />
Nähe zu Europa am wichtigsten.<br />
Das Problem <strong>der</strong> illegalen<br />
Einwan<strong>der</strong>ung<br />
Beson<strong>der</strong>s illegale Migration birgt viele<br />
Risiken und es besteht hier noch großer<br />
Handlungsbedarf. Die zu den regulär<br />
Asylsuchenden kommenden Personen,<br />
die die Grenze illegal übertreten, bilden<br />
einen sehr komplexen Faktor. Es gilt,<br />
auf eine schwierige Balance einzugehen:<br />
Die Europäische Union hat die Pflicht,<br />
schutzbedürftigen Personen Zuflucht zu<br />
gewähren, jedoch muss genauso auch<br />
Solidarität mit den Mitgliedstaaten gezeigt<br />
werden, die von Migranten überschwemmt<br />
werden. Die Staaten, die Migrationsströmen<br />
direkt ausgesetzt sind,<br />
haben oft we<strong>der</strong> die Mittel noch die Systeme,<br />
um mit <strong>der</strong> Belastung nationalstaatlich<br />
umgehen zu können. Ein gutes<br />
Beispiel ist Griechenland. Dort weist die<br />
Grenzsicherung starke Mängel auf, das<br />
Krisenland wird oft als Einfallstor für<br />
illegale Immigration in die Europäische<br />
Union bezeichnet. Eine Aufbietung aller<br />
Kräfte <strong>der</strong> Mitgliedstaaten auf europäischer<br />
Ebene ist für eine gute Lösung des<br />
Problems daher unerlässlich.<br />
Es ist fast unmöglich, genauere Zahlen<br />
illegaler Einwan<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> EU<br />
zu nennen. Schätzungen sind ungenau<br />
und ohne klare Herkunftsquelle. Zumeist<br />
sprechen offizielle Dokumente<br />
von Zahlen zwischen zwei und acht Millionen<br />
pro Jahr. Das von <strong>der</strong> Europäischen<br />
Kommission in Auftrag gegebene<br />
„Clandestino Projekt“ hat in den Jahren<br />
2007 bis 2009 in zwölf Mitgliedstaaten<br />
und drei Transitstaaten für Migranten<br />
auf dem Weg in die EU Daten erhoben<br />
und kam zu dem Ergebnis, dass sich die<br />
Zahl illegaler Immigranten in <strong>der</strong> EU<br />
zwischen viereinhalb und acht Millionen<br />
bewegt, wobei die Zahl jährlich um<br />
einen geschätzten Wert zwischen<br />
350.000 und 500.000 ansteigt 4 . Nach<br />
Angaben <strong>der</strong> europäischen Grenzschutzagentur<br />
FRONTEx 5 haben in den vergangenen<br />
Jahren insbeson<strong>der</strong>e die illegalen<br />
Grenzübertritte über die östlichmediterrane<br />
Route, das heißt auf dem<br />
Seeweg über Griechenland, in beunruhigen<strong>der</strong><br />
Weise zugenommen. 6 Dies ist<br />
auch eine Folge <strong>der</strong> außergewöhnlichen<br />
politischen Begleitumstände in einigen<br />
Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostes<br />
im Zuge des Arabischen Frühlings.<br />
Nur wenn illegale Zuwan<strong>der</strong>ung<br />
eine Ran<strong>der</strong>scheinung bleibt, kann die<br />
europäische Einwan<strong>der</strong>ungspolitik<br />
überhaupt glaubwürdig sein. Naturgemäß<br />
lässt sich illegale Immigration<br />
nicht steuern. Die Vorteile, die mit einer<br />
guten Migrationspolitik einhergehen<br />
können, entfallen in diesem Punkt also<br />
allesamt. Darüber hinaus müssen illegale<br />
Immigranten mangels Aufenthalts-<br />
und Arbeitserlaubnis in <strong>der</strong> Schattenwirtschaft<br />
arbeiten. Damit stellt die illegale<br />
Immigration ein Einfallstor für<br />
Organisierte Kriminalität (Menschenhandel,<br />
Zwangsarbeit, sexuelle Ausbeu-<br />
Die Einwan<strong>der</strong>ungspolitik <strong>der</strong> Eu<br />
muss einen Weg ZWisChen <strong>der</strong><br />
solidarität mit den Asylsuchenden<br />
und den Aufnahmelän<strong>der</strong>n finden.<br />
tung) und sogar Terrorismus dar. Entsprechend<br />
ist es auch eine sicherheitspolitische<br />
Frage, ein funktionieren des<br />
Asylsystem zu haben, das illegaler<br />
Immigration effektiv vorbeugt. Hier<br />
braucht es also verstärke Kooperation,<br />
um die nationalen Behörden nicht allein<br />
zu lassen.<br />
Was kann man tun?<br />
Eine <strong>der</strong> wichtigsten Aufgaben Europas<br />
ist es, im 21. Jahrhun<strong>der</strong>t Frieden, Freiheit<br />
und Menschenrechte auch in <strong>der</strong><br />
unmittelbaren Nachbarschaft zu etablieren.<br />
Beim Thema Migration geht das<br />
am effektivsten über eine europäische<br />
Migrationspolitik, die eng mit Entwicklungspolitik<br />
verzahnt ist. Zum an<strong>der</strong>en<br />
benötigt die Europäische Union ein<br />
System mit Zuwan<strong>der</strong>ungskriterien. Um<br />
die weitreichenden negativen Folgen<br />
von illegaler Immigration zu verhin-<br />
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