Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
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Im Fokus<br />
2009 sind ca. Drei millionen<br />
menschen in die Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Eu<br />
immigriert, v. a. nach<br />
England, spanien, Italien und<br />
Deutschland.<br />
viele Menschen aus reiner Not nach Europa<br />
kommen.<br />
Migration birgt große Schutzrisiken<br />
und an<strong>der</strong>e Belastungen für die Aufnahmestaaten<br />
von Flüchtlingen und an<strong>der</strong>en<br />
illegalen Einwan<strong>der</strong>ern. Nach den<br />
deutlich ansteigenden Einwan<strong>der</strong>ungszahlen<br />
im Süden <strong>der</strong> EU Anfang 2011,<br />
die eine Folge des Arabischen Frühlings<br />
waren, hat die Europäische Kommission<br />
eine Reihe von Initiativen vorgeschlagen,<br />
die eine bessere Vorbereitung<br />
auf ähnliche Situationen in <strong>der</strong> Zukunft<br />
gewähren sollen.<br />
Das Gemeinsame Europäische<br />
Asylsystem<br />
Eine Hauptinitiative ist die Vollendung<br />
des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems<br />
(GEAS). Es soll zu einem besseren<br />
Austausch und besserer Zusammenarbeit<br />
<strong>der</strong> Mitgliedstaaten untereinan<strong>der</strong><br />
führen. Momentan ist die Gesetzeslage<br />
in den einzelnen Mitgliedstaaten<br />
teils noch sehr unterschiedlich.<br />
Das GEAS, welches sich <strong>der</strong>zeit noch<br />
in den Endverhandlungen befindet,<br />
soll diesen Missstand beheben. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
will das GEAS eine Harmonisierung<br />
bei Aufenthaltserlaubnis, Sozialhilfe,<br />
Gesundheitsversorgung, Bildung,<br />
Beschäftigung und den mit diesen<br />
Schutzgewährungen verbundenen<br />
32 POLITISCHE STUDIEN // 448<br />
Rechten und Leistungen herbeiführen.<br />
Zudem soll allen Personen mit Flüchtlingsstatus<br />
o<strong>der</strong> solchen, denen nach<br />
internationalem Recht kein Schutz zusteht,<br />
die aber dennoch völkerrechtlich<br />
vor Abschiebung geschützt sind, ein<br />
einheitlich europäischer Status zuerkannt<br />
werden. In erster Linie soll ein<br />
System geschaffen werden, in dem nationale<br />
Asylentscheidungen in allen<br />
an<strong>der</strong>en Mitgliedstaaten anerkannt<br />
werden. 1<br />
Als einer <strong>der</strong> ersten Schritte wurde<br />
dazu im Jahr 2011 das Europäische<br />
Asylunterstützungsbüro (EASO) in<br />
Malta eröffnet, das zur Umsetzung des<br />
GEAS beitragen, die praktische Zusammenarbeit<br />
zwischen den Mitgliedstaaten<br />
unterstützen und denjenigen Mitgliedstaaten<br />
helfen soll, <strong>der</strong>en Asylsystem<br />
beson<strong>der</strong>s unter Druck gerät. Die<br />
Richtlinien zu Mindeststandards im<br />
Asylverfahren und für die Aufnahmebedingungen,<br />
die vom Europäischen<br />
Parlament in den letzten Jahren verabschiedet<br />
wurden, sollen dabei helfen,<br />
GEAS zu fundieren. Sie behandeln unter<br />
an<strong>der</strong>em die Feststellung des Flüchtlingsstatus,<br />
das Asylverfahren und die<br />
Aufnahmebedingungen für Asylsuchende.<br />
Bis jetzt konnten sich die Mitgliedstaaten<br />
immerhin auf einen Mindeststandard<br />
des Flüchtlingsschutzes<br />
einigen, <strong>der</strong> nicht unterschritten werden<br />
darf, jedoch interpretieren die Mitgliedstaaten<br />
diese teils sehr unter-<br />
GEAs soll helfen, harMonisierte<br />
migrationspolitik zu verwirklichen.<br />
schiedlich o<strong>der</strong> halten sich überhaupt<br />
nicht daran.<br />
Verschärfte Kontrolle außen,<br />
Harmonisierung innen<br />
Zum Zweiten sollen zur Eindämmung<br />
<strong>der</strong> illegalen Einwan<strong>der</strong>ung strengere<br />
Grenzkontrollen und eine Schengen-<br />
Governance eingeführt werden. Nicht<br />
nur die Außengrenzen sind durch starke<br />
illegale Einwan<strong>der</strong>ungen gefährdet, son<strong>der</strong>n<br />
es kommen auch Bedenken ob des<br />
Funktionierens des Schengen-Systems<br />
auf. Dieses darf aber unter keinen Umständen<br />
reduziert werden, im Gegenteil<br />
–zum weiteren Abbau von Handelshemmnissen<br />
und einer Begünstigung<br />
des Binnenmarktes muss es weiter ausgebaut<br />
werden. Um die Stabilität des<br />
Systems zu gewährleisten, schlägt die<br />
Kommission unter außergewöhnlichen<br />
Umständen, also wenn ein Teil <strong>der</strong> Außengrenze<br />
unerwartet starker Belastung<br />
durch Flüchtlingsströme ausgesetzt ist,<br />
die Einführung begrenzter Kontrollen<br />
an den Binnengrenzen von bis zu 30 Tagen<br />
vor. Dieser Vorschlag erscheint als<br />
interessante Teillösung, jedoch wird<br />
v. a. seine Verhältnismäßigkeit in <strong>der</strong><br />
Zukunft ausführlich diskutiert werden<br />
müssen, denn es würde in jedem Fall<br />
eine Beschränkung des Binnenmarktes<br />
und <strong>der</strong> Personenfreizügigkeit bedeuten,<br />
wenn auch nur auf Zeit.<br />
Die Öffnung <strong>der</strong> Innengrenzen und<br />
eine Verschärfung <strong>der</strong> Kontrollen an<br />
den Außengrenzen <strong>der</strong> Mitgliedstaaten<br />
sind das Eine. Aber auch die nationale<br />
Politik muss auf einen größeren gemeinsamen<br />
Nenner gebracht werden. Lange<br />
Zeit haben die Standards und Verfahren<br />
in <strong>der</strong> Asylpolitik zwischen den EU-<br />
Mitgliedstaaten stark variiert, sodass es<br />
für viele Flüchtlinge einen großen Unterschied<br />
machte, in welchem europäi-<br />
schen Land sie ankamen. Bis heute existiert<br />
zum Beispiel innerhalb <strong>der</strong> EU keine<br />
einheitliche Definition des Begriffs<br />
„Migrant“ und „Migration“. Die Mitgliedstaaten<br />
<strong>der</strong> Europäischen Union<br />
müssen nun schrittweise mehr und<br />
mehr Aspekte <strong>der</strong> Immigrationspolitik<br />
Innengrenzkontrollen in ausnahMesituationen<br />
könnten das schengen-system<br />
schützen.<br />
und -kontrolle harmonisieren, da nationale<br />
und gemeinsam gesammelte Daten<br />
im Moment noch kaum vergleichbar<br />
sind. So lange wird es auch nicht möglich<br />
sein, genauere Zahlen illegaler Immigranten<br />
für alle Mitgliedstaaten, beziehungsweise<br />
für die Europäische Union<br />
insgesamt, abzuschätzen. 2<br />
Einwan<strong>der</strong>ung als Chance<br />
betrachten<br />
Zum Dritten muss die EU legale Immigration<br />
gezielter steuern, um außerordentlich<br />
qualifizierten Personen die Einwan<strong>der</strong>ung<br />
zu erleichtern. „Europe<br />
should welcome diversity and make migration<br />
a dynamic force for growth and<br />
progress“, so EU-Kommissarin Cecilia<br />
Malmström. Die Zahlen <strong>der</strong> legalen Migration<br />
belegen, dass Europa noch immer<br />
ein attraktiver Ort zum Leben und<br />
Arbeiten ist. Gerade für alternde Gesellschaften<br />
kann eine sinnvoll gesteuerte<br />
Zuwan<strong>der</strong>ung eine Chance sein.<br />
Schließlich sind Zuwan<strong>der</strong>er oftmals<br />
gut ausgebildet und im Durchschnitt<br />
jünger als die Aufnahmegesellschaft.<br />
Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> demographischen<br />
Entwicklung und des Fachkräftemangels<br />
sollte Zuwan<strong>der</strong>ung also aktiv<br />
und gewinnbringend gesteuert werden.<br />
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