Schmerztherapie 2 / 2010 - Schmerz Therapie Deutsche ...
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Palliativmedizin<br />
SAPV rechnet sich – hätten Sie<br />
das gedacht?<br />
Mithilfe der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) lassen sich<br />
Krankenhausbehandlungen und Medikamentenkosten am Ende des Lebens sparen.<br />
Somit ist nach einer aktuellen Auswertung des Wiesbadener Palliativzentrums der<br />
Widerstand der Krankenkassen in der Umsetzung der SAPV völlig irrational, da keine<br />
Mehrkosten entstehen, erklärt Dr. med. Thomas Nolte, Leiter des Zentrums für ambulante<br />
Palliativversorgung und DGS-Leiter, Wiesbaden.<br />
S eit<br />
der Einführung der spezialisierten ambulanten<br />
Palliativversorgung (SAPV) zum<br />
1. April 2007 als verpflichtendes Versorgungsangebot<br />
der Krankenkassen in das Sozialgesetzbuch<br />
toben im Hintergrund die Diskussionen zwischen<br />
den Krankenkassen und den potenziellen<br />
SAPV-Teams mit Palliative-Care-Qualifikation.<br />
Bald sind drei Jahre vergangen, ohne dass ein<br />
flächendeckendes Versorgungsangebot bereitgestellt<br />
werden konnte, da sich die Verhandlungspartner<br />
nicht einigen können. Die meisten Kran-<br />
Tab. 1: Kostenrechnung<br />
kenkassen spielen auf Zeit, um die vermeintlich<br />
teurere Versorgung durch Hinhaltetaktik zu verzögern!<br />
„Vieles deutet darauf hin, dass insbesondere<br />
von Kassenseite immer noch Bremser, Blockierer<br />
und Bedenkenträger unterwegs sind, denen an<br />
SAPV-Verträgen wenig gelegen ist“ (Zitat Christoph<br />
Fuhr, Ärzte Zeitung, 16.02.<strong>2010</strong>).<br />
Sind es die Kosten?<br />
Aus den Verhandlungen im Jahr 2005 über einen<br />
Palliativvertrag zur integrierten Versorgung<br />
Kosten je Versicherten mit einer Karzinomerkrankung in den letzten drei Lebensmonaten<br />
bei 6280 Versicherten im Jahr 2004<br />
Durchschnittskosten ambulante Versorgung (Arzt/Pflege/Transport etc.)? 1.500,00 D?<br />
Durchschnittskosten Krankenhaus 9.482,62 D<br />
Durchschnittskosten Apotheke 3.009,67 D<br />
Durchschnittskosten gesamt aus Krankenhauskosten und Medikamenten 12.492,29 D<br />
Hochgerechnete Durchschnittskosten in drei Monaten 14.000,00 J<br />
Tab. 2: Fallpauschalen der Ersatzkassen in Hessen<br />
Pauschale Versorgungsdauer Fallpauschale<br />
PV1 bis 10 Tage 1.500 D<br />
PV2 11.–56. Tag – täglich 120 D<br />
PV3 > 57 Tage – täglich 80 D<br />
Tab. 3: Fallpauschalen der Primärkassen in Hessen<br />
Pauschale Versorgungsdauer Fallpauschale<br />
PA1<br />
PA2<br />
PA3<br />
PA4<br />
PA5<br />
PA6<br />
PA7<br />
PA8<br />
<<br />
– 10 Tage<br />
<<br />
– 20 Tage<br />
<<br />
– 30 Tage<br />
<<br />
– 40 Tage<br />
<<br />
– 50 Tage<br />
<<br />
– 60 Tage<br />
<<br />
– 75 Tage<br />
<<br />
– 90 Tage<br />
1.500 D<br />
2.350 D<br />
3.350 D<br />
4.550 D<br />
5.850 D<br />
7.000 D<br />
8.000 D<br />
9.150 D<br />
mit der Techniker Krankenkasse<br />
und dem<br />
ZAPV-Zentrum für ambulantePalliativversorgung<br />
Wiesbaden<br />
liegt eine Auswertung<br />
der Krankenkasse aus<br />
dem Jahr 2004 vor, die<br />
damals Grundlage für<br />
die Berechnungen der<br />
Fallpauschalen für die<br />
IV-Vergütung waren.<br />
Thomas Nolte,<br />
Wiesbaden<br />
Berücksichtigt wurden 6280 Versicherte der<br />
Techniker Krankenkasse, die im Jahr 2004 an<br />
einer Tumordiagnose verstorben waren (Tab. 1).<br />
Erhoben wurden die dabei entstandenen Versorgungskosten<br />
in den letzten drei Lebensmonaten<br />
im Krankenhaus (9.482 1) und die Kosten<br />
durch die verordneten Medikamente (3.009 1).<br />
Die Kosten der ambulanten Versorgung konnten<br />
durch die sektoralen Strukturen nur geschätzt<br />
werden. Sie setzen sich aus der ärztlichen und<br />
pflegerischen Versorgung sowie den Transportkosten<br />
zusammen und wurden pauschal mit<br />
1.500 1 angesetzt. Die durchschnittlichen Versorgungskosten<br />
beliefen sich somit auf 14.000 1<br />
für die letzten drei Lebensmonate.<br />
Schauen wir jetzt auf die Fallpauschalen,<br />
die nach den in Hessen gültigen SAPV-Verträgen<br />
von den Ersatzkassen (Tab. 2) und den<br />
Primärkassen (Tab. 3) bezahlt werden. Die<br />
Fallpauschalen berücksichtigen, dass der Versorgungsaufwand<br />
am Anfang der SAPV höher<br />
ist. Die zum Vergleich herangezogenen realen<br />
Versorgungskosten aus dem Jahr 2004 sind<br />
analog zu den Fallpauschalen der SAPV nach<br />
einer Graduierung in 45, 35 und 20% für die<br />
drei Monate rückwirkend vom Todeszeitpunkt<br />
aufgeteilt worden, da die Versorgungsdichte<br />
und damit die Kosten zum Lebensende zunehmen.<br />
Daraus ergibt sich die Gegenüberstellung<br />
in Tab. 4. Es fehlen hier allerdings die Krankenhaus-<br />
und Medikamentenkosten in der SAPV,<br />
die bereits in den gesamten Versorgungskosten<br />
aus dem Jahr 2004 enthalten sind.<br />
Aktuelle Auswertung<br />
Es liegen nun die ersten konkreten Versorgungsdaten<br />
aus Hessen vor, wo seit dem<br />
1. April 2009 nach zwei Jahren zähen Verhandelns<br />
ein landesweiter Vertrag mit allen Krankenkassen<br />
zur SAPV abgeschlossen wurde.<br />
Die Erfahrungen aus der integrierten Versorgung,<br />
die hessische Palliativ-Teams bereits<br />
seit 2006 sammeln konnten, und die Geschlossenheit<br />
der hessischen Palliative-Care-Teams<br />
hatten den Umsetzungsprozess beschleunigt!<br />
Das Zentrum für ambulante Palliativversorgung<br />
(ZAPV) in Wiesbaden ist seit April 2009<br />
eines der aktuell 19 Palliative-Care-Teams in<br />
24 SCHMERZTHERAPIE 2/<strong>2010</strong> (26. Jg.)