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Schmerztherapie 2 / 2010 - Schmerz Therapie Deutsche ...

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© Photo Grysa<br />

Der <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag 010<br />

Teilnehmer der gesundheitspolitischen Diskussion: von links nach rechts Alexander Ehlers,<br />

Marianne Koch, Gerhard H.H. Müller-Schwefe, Brigitte Fischer und Werner Baumgärtner.<br />

37% an Bauchschmerzen und 35% an Arm-<br />

und Beinschmerzen. Jeder Fünfte nahm bereits<br />

häufig oder immer wegen seiner <strong>Schmerz</strong>en<br />

Medikamente ein und konsultierte häufig<br />

oder immer einen Arzt. Aufgrund dieser Befunde<br />

folgert Schwager, dass <strong>Schmerz</strong>en bereits<br />

bei Auszubildenden häufig sind und schon<br />

in der Adoleszenz ein erwachsenentypisches<br />

Muster aufweisen. Fast die Hälfte der Betroffenen<br />

klagt bereits über anhaltende <strong>Schmerz</strong>en,<br />

die über zwölf Monate andauern. In einer<br />

zweiten Analyse wurde bei 4207 Auszubildenden<br />

untersucht, inwieweit die <strong>Schmerz</strong>en tätigkeitsspezifische<br />

und geschlechtsspezifische<br />

Charakteristika aufweisen. Dabei zeigte sich,<br />

dass Frauen im Büro signifikant häufiger an<br />

Kopfschmerzen, anhaltenden Kopfschmerzen<br />

und Rückenschmerzen leiden als Frauen im<br />

Tätigkeitsbereich Handwerk. Männer in beiden<br />

Tätigkeitsbereichen unterscheiden sich dagegen<br />

nicht in der <strong>Schmerz</strong>prävalenz. Aufgrund<br />

dieser Studie folgern die Lübecker Experten,<br />

dass künftig auch geschlechtsspezifische Präventionsstrategien<br />

nötig sind, um <strong>Schmerz</strong>en<br />

und ihre frühzeitige Chronifizierung effizient zu<br />

verhindern.<br />

<strong>Schmerz</strong>enswunsch und Tipps<br />

Beim <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>tag überreichte die<br />

Firma Mundipharma eine Spende von 3274<br />

Euro an die <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>liga, mit der sie<br />

zur Verbesserung der Lebensqualität von Menschen<br />

mit chronischen <strong>Schmerz</strong>en beitragen<br />

möchte. Mit je einem Euro unterstützte Mundipharma<br />

nämlich die Aktion <strong>Schmerz</strong>enswunsch.<br />

Die 3274 Einsendungen zeigten klar,<br />

dass Lebensqualität der <strong>Schmerz</strong>enswunsch<br />

Nr. 1 ist. Gleichzeitig wurde von der „Initiative<br />

<strong>Schmerz</strong> messen“ beim <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>tag<br />

die Aktion „Tipps bei <strong>Schmerz</strong>en gesucht“<br />

gestartet. Dabei werden <strong>Schmerz</strong>patienten<br />

aufgerufen, ihren Leidensgenossen Tipps zu<br />

geben, wie sie den Alltag besser bewältigen<br />

können. Auch bei dieser Aktion spendet Mundipharma<br />

für jeden eingeschickten Tipp einen<br />

Euro an die <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>liga. Bis zum<br />

31.10. <strong>2010</strong> können <strong>Schmerz</strong>patienten mitmachen<br />

und sollen auf einer Postkarte ihren Tipp<br />

an die „Initiative <strong>Schmerz</strong> messen“ c/o <strong>Deutsche</strong><br />

<strong>Schmerz</strong>liga e.V., Adenauerstr. 18, 61440<br />

Oberursel schicken (oder per E-Mail an: tipp@<br />

schmerzmessen.de)<br />

Gesundheitspolitisches Forum<br />

Zum Ausklang des 21. <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>-<br />

und Palliativtages <strong>2010</strong> diskutierten Patienten<br />

und Ärzte gemeinsam mit Juristen und Vertretern<br />

der Krankenkassen die Zukunft der<br />

<strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong>. Dr. med. Marianne Koch,<br />

Präsidentin der <strong>Deutsche</strong>n <strong>Schmerz</strong>liga, betonte<br />

als Vertreterin der <strong>Schmerz</strong>patienten<br />

nachhaltig, dass das Solidaritätsprinzip unbedingt<br />

beibehalten werden muss. Für ebenso<br />

unersetzbar hält sie die sprechende Medizin:<br />

„Gespräche müssen wieder bezahlt werden,<br />

dies spart nachhaltig Kosten“, so Koch. Aus der<br />

Sicht der Krankenkassen, ergänzte Birgit Fischer,<br />

Vorsitzende der Barmer GEK, sind multimodale,<br />

sektorenübergreifende Versorgungskonzepte<br />

eine Gewähr für eine bessere Versorgung<br />

in der Zukunft. Es gibt bereits viele Modelle<br />

wie das Rückenschmerzkonzept und sie<br />

sollten endlich flächendeckend nutzbar gemacht<br />

werden.<br />

Einen weiteren Schwerpunkt sollte eine<br />

intensivere Versorgungsforschung darstellen.<br />

Eine qualitativ hochwertige Versorgung verlange<br />

auch eine Partnerschaft mit den Krankenkassen<br />

und mehr Transparenz im Gesundheitswesen.<br />

Die erforderlichen Informationen über<br />

die <strong>Therapie</strong>möglichkeiten könnten auch über<br />

die Krankenkassen den Betroffenen zur Verfügung<br />

gestellt werden. Dr. Werner Baumgärtner,<br />

Vorsitzender der MEDI Baden-Württemberg,<br />

forderte aus der Sicht der Vertragsärzte, dass<br />

es endlich mehr Planungssicherheit geben<br />

sollte. Hierfür müssten endlich feste Punktwerte<br />

beim Sozialgericht eingeklagt werden.<br />

Für die niedergelassenen Kollegen sollten<br />

Kollektivverträge eine feste Vergütung sichern,<br />

Selektivverträge seien eine zweite Möglichkeit<br />

für die Zukunft. Die Praxen sind zurzeit übervoll<br />

und die Versorgung der vielen <strong>Schmerz</strong>kranken<br />

könne langfristig nur über Kollektivverträge<br />

gesichert werden, auch wenn Selektivverträge<br />

sicher ebenso nötig seien.<br />

Der Münchener Arzt und Medizinjurist Prof.<br />

Dr. Dr. Alexander Ehlers erläuterte, woran es<br />

bei dem solidarisch finanzierten Gesundheitssystem<br />

hapert. Bis 1987 waren die Rahmenbedingungen<br />

bei Vollbeschäftigung günstig, nun<br />

sei die Finanzierung von Gesundheitsausgaben,<br />

Pflege und Rente über Arbeitnehmer und<br />

Arbeitgeber nicht mehr genügend sichergestellt.<br />

Obwohl ständig mehr Geld in das Gesundheitswesen<br />

geflossen sei, sei dies nicht<br />

bei den Ärzten angekommen. Die <strong>Schmerz</strong>therapeuten<br />

haben ihr Vertrauen und ihre Sicherheit<br />

verloren, kritisierte Müller-Schwefe.<br />

Obwohl der Anspruch auf eine gute medizinische<br />

Versorgung ein Grundrecht sei, werde<br />

es immer schwieriger, einen Partner zu finden.<br />

Immer weniger Ärzte sind dazu bereit, und<br />

<strong>Schmerz</strong>therapeuten werden immer seltener,<br />

sodass die flächendeckende Versorgung eine<br />

Illusion ist. Nachhaltig forderte Müller-Schwefe<br />

einen Paradigmenwechsel hin zu einer effizienteren<br />

<strong>Therapie</strong>, bei dem die Patienten nicht<br />

entmündigt, sondern mehr Verantwortung zugebilligt<br />

bekommen sollten.<br />

IVR ein Lichtblick<br />

Ein positives Beispiel sind die integrierten Rückenversorgungskonzepte,<br />

die sich für Ärzte<br />

und Patienten gleichermaßen lohnen. Während<br />

im bundesweiten Durchschnitt nur 33% der<br />

Rückenpatienten wieder arbeitsfähig würden,<br />

konnten 88% der Patienten, die in diesem integrierten<br />

Konzept behandelt wurden, wieder<br />

arbeiten. Eine effektive Versorgung sollte, so<br />

Müller-Schwefe, die ineffektiven <strong>Therapie</strong>n ersetzen.<br />

Wie das Zweitmeinungsverfahren zeigt,<br />

würden bislang viel zu oft riskante invasive<br />

<strong>Therapie</strong>n eingesetzt.<br />

Wichtig ist allerdings auch, dass die Ärzte<br />

mit den Krankenkassen eine Partnerschaft eingingen,<br />

da nur die Krankenkassen die Daten<br />

über die Arbeitsunfähigkeit ihrer Versicherten<br />

hätten, so Müller-Schwefe. Die Prüfverfahren<br />

über die pharmakologischen <strong>Therapie</strong>n sind<br />

zwar lästig, und der Kenntnisstand der Überprüfer<br />

ist leider oft unzureichend. Wer jedoch<br />

gut dokumentiert, warum er seine Verordnungen<br />

so getroffen hat, wird damit auch kein<br />

Problem haben. Ehlers bestätigte, dass die<br />

Krankenkassen als Treuhänder des Geldes<br />

ihrer Versicherten hier ihre originäre Aufgabe<br />

erfüllen müssten und dieses Nachfragen der<br />

Wirtschaftlichkeit legitim sei. Eine erfolgreiche<br />

multimodale Versorgung verlange eine Partnerschaft<br />

im gesamten Gesundheitswesen.<br />

StK ■<br />

SCHMERZTHERAPIE 2/<strong>2010</strong> (26. Jg.)

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