Schmerztherapie 2 / 2010 - Schmerz Therapie Deutsche ...
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denzbasierte Medizin darf nicht bedeuten,<br />
dass wir unser Gehirn ausschalten, warnte<br />
Überall (s. S. 14). Wie vorgefertigt die Meinung<br />
der Autoren sei, zeige sich daran, dass sie psychologischen<br />
Verfahren mit einer fünfprozentigen<br />
Wirkstärke eine gesicherte Wirksamkeit<br />
bestätigen, Opioiden trotz einer zehnprozentigen<br />
Wirkstärke diese aber absprechen. Unverständlich<br />
ist es, dass erste Institutionen wie<br />
kassenärztliche Vereinigungen diese Leitlinien<br />
so interpretieren, dass eine <strong>Therapie</strong> nach drei<br />
Monaten abgesetzt werden müsse. Dies ist laut<br />
Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Göppingen<br />
eine absurde Fehlentwicklung. Innerhalb<br />
der nächsten drei bis fünf Jahre müssen<br />
valide Daten regeneriert werden, forderte<br />
Überall. Derzeit ist LONTS „Schrott“ und erfordere<br />
eine kritische Stellungnahme.<br />
Lebensqualität ist kein Luxus<br />
Eine adäquate frühzeitige <strong>Therapie</strong> mit einem<br />
Opioidanalgetikum wie der Fixkombination<br />
Oxycodon/Naloxon bei chronischen Rückenschmerzen<br />
verbessert die Lebensqualität und<br />
verhindert die <strong>Schmerz</strong>chronifizierung. Die innovative<br />
<strong>Therapie</strong> mit dem retardierten Oxycodon/Naloxon<br />
verursacht zudem weniger direkte<br />
und indirekte Kosten als eine <strong>Therapie</strong> mit anderen<br />
starken Opioiden (WHO Stufe III), berichtete<br />
Prof. Dr. Dr. Rychlik, Institut für Empirische<br />
Gesundheitsökonomie Burscheid.<br />
Dies zeigte eine prospektive multizentrische<br />
Versorgungstudie mit 1095 Patienten, von der<br />
eine Zwischenauswertung nach sechs Monaten<br />
<strong>Therapie</strong> eine erste Trendbeschreibung<br />
erlaubt: 669 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen<br />
erhielten ein halbes Jahr die<br />
Fixkombination oder ein alternatives stark<br />
wirksames Opioidanalgetikum. Neben den<br />
medizinischen Eckpunkten wurde die gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität mithilfe<br />
von krankheitsspezifischen (BPI-SF, Summenscore<br />
aus vier Einzelparametern [<strong>Schmerz</strong>],<br />
Summenscore aus sieben Einzelparametern<br />
[schmerzbedingte Beeinträchtigung; Lebensqualität])<br />
und krankheitsübergreifenden (SF-<br />
36) Instrumenten erhoben und den entstandenen<br />
<strong>Therapie</strong>kosten gegenübergestellt.<br />
Zu Beginn der <strong>Therapie</strong> litten die Patienten<br />
an einer mittleren <strong>Schmerz</strong>intensität von 23,4<br />
Punkten (auf einer Skala von 0 = kein bis 40<br />
= stärkster <strong>Schmerz</strong>, BPI-SF), 24,3 Punkte in<br />
der Targingruppe und 21,8 Punkte in der Gruppe<br />
mit anderen starken Opioiden. Ihre durchschnittliche<br />
Beeinträchtigung der täglichen<br />
Lebensführung lag im Mittel bei knapp 40 (70<br />
Punkte stärkste Beeinträchtigung, BPI-SF):<br />
41,3 (OXN) und 36,8 (andere starke Opioide),<br />
sodass die Ausgangsbefunde der Targin-Gruppe<br />
sogar etwas ungünstiger waren.<br />
SCHMERZTHERAPIE 2/<strong>2010</strong> (26. Jg.)<br />
Die drei Gewinner des Posterpreises von<br />
links nach rechts: Sven Gottschling, Homburg,<br />
Claudia Sommer, Lübeck, und Hans<br />
Bernd Sittig, Geesthacht.<br />
Unter der Fixkombination mit Oxycodon/<br />
Naloxon nahm die <strong>Schmerz</strong>intensität um<br />
37,4% und die damit verbundene Beeinträchtigung<br />
im Alltag um 25,7% ab, unter den alternativen<br />
stark wirksamen Opioiden nahm<br />
die Intensität dagegen nur um 15,6% und die<br />
Beeinträchtigung des Alltags um 13,6% ab.<br />
Die direkten <strong>Therapie</strong>kosten betrugen in den<br />
ersten sechs Monaten 1128 Euro im Durchschnitt,<br />
65% entfielen davon auf die Arzneimitteltherapie<br />
(60% unter Targin, 67% WHO<br />
III). Targin verursachte mit 1027 Euro deutlich<br />
geringere Kosten, verglichen mit den anderen<br />
starken Opioiden, die Kosten von 1327 Euro<br />
mit sich brachten.<br />
Die indirekten Kosten für Arbeitsunfähigkeit<br />
und Erwerbsminderung bezogen auf den Anteil<br />
der Patienten im berufsfähigen Alter waren in<br />
diesem Zeitraum dreimal so hoch. Sie betrugen<br />
3254 Euro für die Fixkombinationsgruppe und<br />
4499 für die Gruppe unter alternativen starken<br />
Opioiden. Aufgrund der Zwischenauswertung<br />
folgert Rychlik, dass eine suffiziente <strong><strong>Schmerz</strong>therapie</strong><br />
bei chronischen Rückenschmerzen die<br />
Lebensqualität signifikant verbessert und das<br />
Voranschreiten der <strong>Schmerz</strong>chronifizierung<br />
verhindern kann. Die nebenwirkungsarme <strong>Therapie</strong><br />
mit einem innovativen Fixpräparat wirkt<br />
nicht nur besser, sondern verursacht auch weniger<br />
direkte und indirekte <strong>Therapie</strong>kosten.<br />
Dronabinol in der Pädiatrie<br />
Der erste Preis für ein Poster ging an Priv.-Doz.<br />
Dr. Sven Gottschling, Homburg/Saar, der den<br />
Stellenwert der Cannabinoide an acht Kindern<br />
(2 bis 17 Jahre alt) mit schwersten Mehrfachbehinderungen<br />
mit therapieresistenter Spastik<br />
und <strong>Schmerz</strong>en untersuchte. Alle Kinder hatten<br />
eine baclofenresistente Spastik, drei Kinder<br />
erhielten zusätzlich Opioide und Nonopioide,<br />
Der <strong>Deutsche</strong> <strong>Schmerz</strong>- und Palliativtag 010<br />
© Photo Grysa<br />
zwei nur Nonopioide. Unter der <strong>Therapie</strong> mit<br />
zweimal täglich mindestens 1 mg Dronabinol<br />
bis höchsten zweimal 5 mg zeigte das Cannabinoid<br />
in einer mittleren Dosierung von 0,25<br />
mg/kg/d einen antispastischen und analgetischen<br />
Effekt und verbesserte zudem das<br />
Schlafverhalten. Die <strong>Therapie</strong> wurde von ihnen<br />
ohne Nebenwirkungen toleriert, Opioide konnten<br />
darunter eingespart werden, und auch in<br />
der Langzeittherapie kam es bei den Kindern<br />
nicht zur Dosiseskalation. Inzwischen dauert<br />
die <strong>Therapie</strong> bereits im Median zwei Jahre und<br />
drei Monate an. Fünf der acht Kinder leben<br />
noch. Die <strong>Therapie</strong> mit Dronabinol, so das Fazit<br />
des Homburger Pädiaters, wird auch von Kindern<br />
gut toleriert und sollte in prospektiven<br />
randomisierten Doppelblindstudien bei Kindern<br />
überprüft werden.<br />
Ibandronat gegen Knochenmetastasen<br />
Den zweiten Posterpreis erhielt Dr. med. Hans-<br />
Bernd Sittig, Geesthacht, der die analgetischen<br />
Effekte einer hoch dosierten Ibandronattherapie<br />
bei therapieresistenten Knochenschmerzen<br />
untersucht hatte. Behandelt wurden neun Patientinnen<br />
mit Brustkrebs und ossären Metastasen<br />
im Endstadium, die sich im Hospiz befanden.<br />
Trotz einer Vorbehandlung mit Opioiden,<br />
Nichtopioiden und Koanalgetika litten die Betroffenen<br />
an schwersten, fast unerträglichen<br />
<strong>Schmerz</strong>en und kämpften mit opioidbedingten<br />
Nebenwirkungen wie Obstipation, Nausea und<br />
Müdigkeit.<br />
Mit einer <strong>Therapie</strong> von 6 mg Ibandronat als<br />
Kurzinfusion jeweils über 15 min intravenös<br />
an drei aufeinanderfolgenden Tagen ließen<br />
sich die <strong>Schmerz</strong>en deutlich reduzieren: Der<br />
vor <strong>Therapie</strong>beginn ermittelte VAS-Wert der<br />
maximalen <strong>Schmerz</strong>intensität ging von 9,5 auf<br />
4,0 zurück, im Durchschnitt sanken die VAS-<br />
Werte von 9,3 auf 2,1 VAS-Punkte. Parallel<br />
dazu konnte die Rescue-Medikation gesenkt<br />
werden. Nebenwirkungen traten unter der hoch<br />
dosierten Ibandronattherapie nicht auf. Sittig<br />
folgert, dass die Ibandronat-Loading-Dose eine<br />
hocheffektive analgetische Wirkung bei therapierefraktären<br />
Knochenmetastasen besitzt und<br />
gut verträglich ist.<br />
<strong>Schmerz</strong> bei Auszubildenden<br />
Mit dem dritten Preis der Postersession wurde<br />
eine epidemiologische Untersuchungen von<br />
Claudia Schwager ausgezeichnet. Mit dem Lübecker-<strong>Schmerz</strong>screening-Fragebogenbefragte<br />
sie 7158 Auszubildende (15 bis 25 Jahre)<br />
an einer Berufsschule. 6175 Bögen wurden<br />
beantwortet, davon waren 94,1% auswertbar.<br />
90% litten an <strong>Schmerz</strong>en innerhalb der letzten<br />
drei Monate, 72% an Kopfschmerzen, 60% an<br />
Rückenschmerzen, 38% an Halsschmerzen,